Ab 55 das Alter planen: Der Kanton Basel-Stadt will, dass alle Menschen sich fortan schon vor Renteneintritt mit der Gestaltung ihres Lebensabends beschäftigen. Das Gesundheitsdepartement hat dazu einen Bericht in die Vernehmlassung gegeben.
Im Jahr 2030 werden in der Schweiz etwa 700’000 Senioren mehr leben als heute. Dann wird der Anteil der über 65-Jährigen zum ersten Mal in der Geschichte des Landes höher sein als derjenige der unter 19-Jährigen. In Basel-Stadt allerdings ist das bereits heute der Fall.
Der Kanton will seine Alterspolitik deshalb breiter aufstellen. Dazu setzt das Gesundheitsdepartement diese deutlich früher an: Künftig soll bei der Alterspolitik die gesamt Bevölkerungsgruppe ab 55 berücksichtigt werden. «Wir möchten Menschen frühzeitig in die Gestaltung der Seniorenpolitik einbeziehen», sagte Regierungsrat Carlo Conti am Freitag im Basler Rathaus. «Nicht erst, wenn sie Hilfe brauchen».
Die Regierung glaubt, der Generationenwandel sei noch nicht genug im Bewusstsein der Bevölkerung angekommen. Ab sofort soll es deshalb alle vier Jahre eine repräsentative Befragung von über 55-Jährigen in Basel geben, die deren Lebenssituation, ihre Pläne und Bedürfnisse evaluiert. Eine erste Bevölkerungsbefragung im Jahr 2011 habe gezeigt, dass viele Ältere davon ausgehen, sich nach der Pensionierung stärker in ihrem Stadtteil zu bewegen, erklärte Conti.
Die Demografie reicht ebenso in die Familien- wie in die Arbeitsplatzpolitik hinein
Die Pläne des Gesundheitsdepartments sehen deshalb vor, enger mit den Quartieren zusammenzuarbeiten. Zunächst sollen dafür die Strukturen geschaffen werden. Eine jährliche Konferenz wird Verwaltung, Landgemeinden und Stadtteilsekretariate nach der Idee des Departements an einen Tisch bringen, erläuterte Philipp Waibel, der den Bereich Gesundheitsdienste leitet. Zu diesem Zweck ist ein Verein gegründet worden, der die Arbeit koordiniert: «55+ Basler Seniorenkonferenz».
Staat setzt auf Eigenverantwortung
Die Verwaltung sei sich im klaren darüber, dass Alterspolitik nicht mehr länger als eigenständiges Standbein betrieben werden könne, betonte Conti. Die demografische Entwicklung wirke in den Bereich Familienpolitik ebenso hinein wie in die Arbeitsmarktpolitik, in nahezu alle politischen Felder. «Es geht nicht nur um Gesundheitsversorgung und Pflege, es geht um Wohnen, Integration und Mobilität, um Vernetzung auch mit neuen Technologien.» Gleichwohl will der Staat zwar koordinieren, aber nur dort selber aktiv werden, wo einzelne oder kleine Gruppen überfordert sind: Hilfe zur Selbsthilfe habe Vorrang, lautet das Motto. Conti bezeichnet das als Massnahme für eine grösstmögliche Selbstbestimmung.
Wie die Politik für die Generation 55+ in ihrer Vielschichtigkeit in den kommenden Jahren konkret aussehen könnte, dazu kann das Gesundheitsdepartment noch keine Auskunft geben. Auch nicht, ob und in welchem Unfang zusätzliche finanzielle Mittel dafür zur Verfügung gestellt werden. Die Leitlinien dienten erstmal nur der besseren Einschätzung der Bedürfnisse, erklärt der Regierungsrat auf Nachfrage.