Der frühere Basler Finanzdirektor Ueli Vischer hat allein in einem Jahr 33’000 Franken Nebeneinkünfte nicht an den Kanton abgeliefert. Das fördert eine gross angelegte Untersuchung der Finanzkontrolle zutage. Es gibt Hinweise, dass Vischer auch davor zu wenig verrechnet hat.
Für Ulrich Vischer steht einiges auf dem Spiel, das geht aus den Akten hervor. Der ehemalige Basler Finanzdirektor steht im Fokus des Berichts der Finanzkontrolle (Fiko) zu den Nebeneinkünften ehemaliger Regierungsräte. Mehrfach intervenierte Vischer in Stellungnahmen gegen eine aus seiner Sicht unfaire Behandlung durch die Fiko.
Diese hält in ihrem am Donnerstag veröffentlichten, von einem juristischen Gutachten gestützten Untersuchungsbericht fest, dass Vischer im Jahr 2004 33’375 Franken Nebeneinkünfte dem Staat vorenthalten hat. Es ist der einzige substanzielle Fehlbetrag bei den untersuchten Regierungsräten, den die Kontrolleure festgestellt haben. Bei den anderen sechs ehemaligen Regierungsmitgliedern wurden keine oder geringe Nebeneinkünfte ausgemacht, die falsch abgerechnet worden waren.
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Wer Schuld trägt, ob Vischer oder die Buchhaltung der Personalabteilung der Verwaltung, der Zentrale Personaldienst (ZPD), lässt sich nicht festmachen, weil wichtige Unterlagen fehlen. Ihre Nebeneinkünfte für Verwaltungsratsmandate, die sie von Amts wegen halten, mussten Regierungsräte in einer jährlichen Selbstdeklaration festhalten. Was den Freibetrag von 20’000 Franken übersteigt, wird mit einem kleinen Abzug vom Lohn abgesetzt.
Fehlende Unterlagen
Bei Vischer fehlt die Selbstdeklaration für das Jahr 2004, sowohl bei ihm privat wie auch beim ZPD, der eigentlich eine Aufbewahrungspflicht hat. Der ZPD untersteht dem Finanzdepartement, dem LDP-Mann Vischer von 1992 bis 2004 vorstand. So ist unklar, ob er seine Einkünfte falsch deklariert hat oder die Buchhaltung einen Fehler gemacht hat.
Die Finanzkontrolle hat deshalb bei den Unternehmen, die Vischer für seine Aufsichtstätigkeit eine Entschädigung entrichtet hatten, Nachweise angefordert, wie viel er kassiert hatte. 2004 erhielt er von der MCH Group (Messe Schweiz) und dem Salzförderer Schweizer Rheinsalinen 73’132 Franken. Seinem Lohn wurden aber nur 38’000 Franken abgezogen.
Vehementer Widerstand
Dagegen, dass im Bericht der Eindruck entstehen könnte, er habe bei der Deklaration getrickst, wehrt sich Vischer in seiner Stellungnahme vehement: «Eine moralische Verurteilung durch die Finanzkontrolle (auch nur in Form von Vermutungen) ohne klare Beweislage wäre inakzeptabel. Es geht um ein Urteil über meine persönliche Integrität.»
Es könne aufgrund der Akten nicht mehr überprüft werden, «dass allenfalls geringfügige Fehler aufgrund der Verwechslung von Brutto- und Nettobeträgen passiert sind», schreibt Vischer weiter. Mehrere Regierungsräte hatten statt den geforderten höheren Bruttobetrag den tieferen Nettowert ihrer Nebeneinkünfte deklariert, der dann dem Lohn abgezogen wurde.
Verdächtige Vorjahre
Die Summe von Vischers Fehlbetrag ist allerdings deutlich zu hoch, als dass man sie darauf zurückführen könnte. Keinen Zugriff hatte die Finanzkontrolle auf Einkünfte in früheren Jahren, weil die Abrechnungen nur bis ins Jahr 2004 überprüft werden können. Darüber hinaus besteht für die Unternehmen keine Pflicht, die Buchhaltung offenzulegen.
Eine weitgehendere Betrachtung hätte für den heutigen Präsidenten des Basler Universitätsrats und der MCH Group unangenehm werden können: Die Finanzkontrolle hat, um Vischers Nebeneinkünfte von 2004 trotz mangelnder Dokumentation einschätzen zu können, auch die Lohnbuchhaltung der Jahre 2002 und 2003 betrachtet. Damals wurden Vischer einmal 37’000, einmal 38’000 Franken vom Lohn abgezogen – obwohl Vischer da bereits die lukrativen Mandate im Verwaltungsrat der Messe und der Rheinsalinen innehatte.
Staatsanwaltschaft prüft Bericht
Untersuchen konnte die Fiko diese Jahre aber nicht, das könnte nur die Staatsanwaltschaft. Dort prüfe man jetzt den Bericht, heisst es auf Anfrage. Danach werde entschieden, ob ein Verdacht auf eine strafbare Handlung vorliege.
Bereits nach der Affäre Carlo Conti hatte die Staatsanwaltschaft eine Untersuchung eingeleitet. Der frühere Gesundheitsdirektor hatte gesamthaft 110’000 Franken Nebeneinkünfte zu wenig abgeliefert. Er trat zurück, nachdem er die jahrelangen Versäumnisse selber publik gemacht hatte.
Die Staatsanwaltschaft hat das Verfahren gegen Conti inzwischen eingestellt, unter anderem, weil der CVP-Politiker den Fehlbetrag zügig zurückbezahlt hatte. Auch Vischer hat – wie sämtliche ehemaligen Regierungsräte – seine Ausstände beglichen.
Nebeneinkünfte ehemaliger Basler Regierungsräte
- Ralph Lewin (SP): Von 2004 bis 2008 wurden dem damaligen Vorsteher des Wirtschafts- und Sozialdepartements 19’675 Franken zu wenig vom Lohn abgezogen. Als Grund werden fehlerhafte Abrechnungen (Netto- anstatt Bruttobeträge) genannt.
- Barbara Schneider (SP): Von 2004 bis 2007 erhielt die damalige Baudirektorin 4075 Franken zu viel ausbezahlt (Netto-Brutto-Problem).
- Jörg Schild (FDP): Beim ehemaligen Sicherheitsdirektor wurde für 2004 ein Fehlbetrag von 4031 Franken ausgemacht (Netto-Brutto-Problem).
- Ulrich Vischer (LDP): Der damalige Finanzdirektor hat im Jahr 2004 33’375 Franken zu viel erhalten. Grund «nicht eruierbar».
- Hans Martin Tschudi (DSP): Für 2004 und 2005 blieben die Nebeneinkünfte des damaligen Justizdirektors innerhalb des Freibetrags.
- Hanspeter Gass (FDP): Beim ehemaligen Sicherheitsdirektor wurden keine Unregelmässigkeiten in den Jahren 2006 bis 2013 festgestellt.