Zum Fastenmonat in Kairo gehören die traditionellen farbigen Laternen. Um die gefährdete Handwerkstradition zu erhalten, wurden jetzt chinesische Importe verboten und ein Kunstprojekt mit einem Basler Laternenmaler soll neue Impulse verleihen.
In Ägypten hat der Fastenmonat Ramadan traditionell ein ganz eigenes Flair. Funkelnde Laternen in den verschiedensten Farben und Formen sind ein Ausdruck der Freude im heiligen Monat der Muslime, der in diesem Jahr am 18. Juni begonnen hat.
Während einen Monat lang von Sonnenaufgang bis zum Sonnenuntergang nichts gegessen und getrunken werden darf, dekorieren die Familien ihr Heim und schmücken ihren Balkon. Kinder sind stolz auf ihr eigenes kleines Laternchen. Geschäfte und Hotels sorgen mit riesigen Exemplaren für Stimmung. Ursprünglich mit Kerzen beleuchtet, sind heute elektrische Glühbirnen die Quelle für das farbenfrohe Leuchten.
In Ägypten ist kaum ein Haus ohne farbenfrohe Beleuchtung während des Ramadan zu sehen. (Bild: Astrid Frefel)
Der Sage nach ist die Tradition der Fawanis (Einzahl Fanus) über tausend Jahre alt. Als das schiitische Herrschergeschlecht der Fatimiden im Jahr 972 seine Hauptstadt nach Kairo verlegte, wurde Kalif al-Muizz bei seinem Einzug von den Einwohnern mit Laternen empfangen. Die Prozession erfolgte im Ramadan und die Laternen sind bis heute geblieben.
Die Originale sind von A bis Z handgemacht. Metall und Glas werden zugeschnitten und zusammengefügt und danach bemalt und dekoriert, oft mit Kalligrafie oder mit folkloristischen Mustern. Die komplizierteren Laternen bestehen aus mehreren Dutzend Einzelteilen. Gefertigt werden die Fawanis meist in kleinen Ateliers, die seit Generationen von denselben Familien geführt werden.
Importverbot zeigt Wirkung
In den letzten Jahren war der Markt allerdings zusehends mit billigen Nachahmerprodukten aus China überschwemmt worden. Sie waren meist aus billigem Plastik. Es gab sie sogar in der Form von Fussballspielern und mit unmöglichen Melodien zum Abspielen. Die einheimischen Kunsthandwerker hatten immer mehr Mühe, sich zu behaupten. Dutzende Kleinbetriebe hatten ihre Fertigung eingestellt.
Es bestand auch die Gefahr, dass die importierten Laternen die Identität des Ramadan-Rituals nach und nach verfälschen würden. Im vergangenen Herbst hat deshalb der ägyptische Handelsminister interveniert und den Import von Ramadan-Laternen und andern traditionellen Kunsthandwerk-Produkten verboten.
Umsatz mit Fawanis zieht wieder an
Das Verbot hat seine Wirkung nicht verfehlt, auch wenn die chinesischen Laternen immer noch in den Auslagen der Händler hängen. Importware, die schon bestellt und unterwegs war oder in den Lagern aufbewahrt wurde, darf noch verkauft werden. Die Kunden würden in diesem Jahr deutlich mehr ägyptische Fawanis kaufen, auch wenn diese teurer seien, im Schnitt fast das Doppelte kosten würden, meint der Verkäufer auf einem belebten Markt im Zentrum von Kairo, der auch noch einen Rest chinesischer Laternen im Angebot hat.
Das Verbot hat auch dazu geführt, dass die heimische Vielfalt wieder zugenommen hat. In diesem Jahr sind auffallend viele Laternen aus Holz zu sehen, die in der Delta-Stadt Damietta gefertigt werden, der Hochburg der ägyptischen Möbelindustrie. Eine eigentliche Renaissance erleben zudem Laternen, die mit dem Dekorationsstoff der Zeltmacher, dem Khayamiya, überzogen sind. Diese leuchtend farbigen Stoffe mit geometrischen oder islamischen Ornamenten, die auch bei Ausländern sehr beliebt sind, werden im Ramadan auch benützt, um die speziellen Zelte, in denen am Abend gefeiert wird, aber auch Kaffees und Restaurants zu dekorieren.
Nein, das ist nicht der Münsterplatz, sondern Kairo: Die Schweizer Botschaft hat mit dem Basler Künstler Tarek Moussali ein Projekt gestartet. (Bild: Astrid Frefel)
Und dann stehen noch die Basler Laternen herum
Vor dem bunt geschmückten Eingang des Al-Azhar-Parks im islamischen Zentrum von Kairo stehen in diesem Jahr zehn 1,5 Meter hohe Laternen, deren Basler Wurzeln unschwer zu erkennen sind. Mit dem Ziel, diese alte Tradition neu zu beleben, hat die Schweizer Botschaft in Kairo mit dem Basler Grafiker und Laternenmaler Tarek Moussali ein Kunstprojekt umgesetzt. Die teilnehmenden jungen Künstler hatten einen ganz unterschiedlichen Hintergrund und lernten, wie eine Laterne von Grund auf hergestellt wird.
Dass Laternen auch eine Möglichkeit sein können, sich künstlerisch auszudrücken, das sei für die ägyptischen Artisten neu gewesen, aber Berührungsängste hätten sie keine gehabt, berichtet Moussali im Gespräch. Da Laternen in Ägypten mit dem Ramadan assoziiert sind, wiesen sie traditionell keine Darstellungen von Menschen und Tieren auf, nur grafische Muster oder Kalligrafie.
Die jungen Künstler haben jetzt aber auch ganz weltliche Alltagsszenen auf diesem für sie ungewohnten Medium umgesetzt. Und Moussali ist überzeugt, dass das Experiment gelungen ist, die Eigeninitiative der jungen Ägypter weitergehen wird und neue Impulse für eine alte Tradition gegeben werden konnten.
Die Ramadan-Laternen kommen normalerweise ohne Abbildungen von Lebewesen aus, aber die jungen Künstler in Kairo haben auch ganz weltliche Alltagsszenen inszeniert. (Bild: Astrid Frefel)