Die Knabenkantorei Basel reist bald nach Rom. Auf Einladung von Kardinal Kurt Koch werden sie dort an einer Generalaudienz für den neuen Papst singen. Ein Probenbesuch vor der grossen Reise.
Ein Sack Flöhe ist nichts dagegen. Die jungen Sänger der Knabenkantorei Basel (KKB) stehen in einem Halbkreis um den Begleitflügel und um ihren Dirigenten Markus Teutschbein. Sie tuscheln und zappeln, es kursiert eine Gratiszeitung, es rascheln Notenblätter. Wie es halt ist, wenn rund dreissig 8- bis 14-jährige Jungen zusammenkommen. Ganz und gar ungewöhnlich ist dagegen, was geschieht, wenn die Konzentration da ist. Wenn für einige Minuten alle komplett auf den Dirigenten und ihre Noten fokussiert sind.
Mit einer unglaublichen Kraft füllen die Sänger den historischen Münstersaal mit schönen Klängen und ihrem «Kyrie eleison». Die Wucht ihrer Stimmen ist beeindruckend, und das obwohl an diesem Mittwochabend nur zwei von vier Stimmen anwesend sind, Sopran und Alt. Die Männerstimmen Tenor und Bass proben erst im Anschluss.
Traditioneller Fokus auf Kirchengesang
Die KKB singt ausschliesslich Sakralmusik, ihre Bühnen sind Kirchen, ihre Konzerte oft Messen. Trotz dieser künstlerischen Ausrichtung sei der Chor konfessionsneutral, wie Chormanager Stephan Schöttli erklärt. «Ich weiss nicht einmal von allen, welcher Konfession sie sind.»
Der Fokus auf Kirchengesang bei der KKB ist traditionell gewachsen, hervorgegangen ist der Chor aus den «Singknaben» der evangelisch-reformierten Kirche Basel-Stadt. An die kirchlichen Wurzeln erinnern noch das Repertoire sowie die Probelokale im ehemaligen Sitz des Basler Bischofs gleich neben dem Münster.
Und die bevorstehende Konzertreise. Ihr Ziel: der Vatikan. Auf Einladung von Kardinal Kurt Koch werden die jungen Sänger für eine Woche in Rom weilen, um dort Messen zu singen und Konzerte zu geben. Auch eine Generalaudienz bei Papst Franziskus steht auf dem Programm, jedoch nicht als einfache Besucher. Die KKB wird für den heiligen Vater singen dürfen.
Schöttli erzählt, dass man auch Geschenke dabei habe für Franziskus. «Leckerli natürlich und ein FCB-Trikot mit allen Unterschriften drauf», natürlich fehlen auch die Autogramme der beiden Argentinier Sauro und Bobadilla nicht.
Eine solche Reise erfordert viel Planung, entsprechend weit im Voraus wird alles organisiert. Zum Zeitpunkt der Einladung durch Kardinal Koch hiess der Papst beispielsweise noch Benedikt XVI. Doch die KKB sei sich kurzfristige Änderungen im Reiseprogramm gewohnt, erzählt Schöttli. «Als wir vor einigen Jahren in Lübeck waren, ist dort EHEC ausgebrochen», dann habe sich der ganze Chor ärztlichen Untersuchungen unterziehen müssen.
Singen mit dem ganzen Körper
Vor dem Singen gilt es, warm zu werden. Dirigent Teutschbein legt sich mächtig ins Zeug, um die Knaben anzutreiben. Mehr Coach als Chorleiter, springt er durch den Saal, verbiegt sich, macht Atemübungen, zieht Grimassen, summt und säuselt, bläst und prustet, dass es ein grosses Spektakel ist. Auch die Jungen kommen langsam in Fahrt, ihre Arme kreisen wie wild und ihre Stimmorgane legen an Kraft zu.
Takt für Takt, ja Wort für Wort, arbeiten sich die Sänger durch ihre Stücke. Teutschbein ist detailversessen, ihm entgeht keine Dissonanz, kein Verrutscher in der Tonlage. Von Zeit zu Zeit schickt er einzelne Jungen hinaus, sie sollen beim Stimmbildner an ihrer Stimme arbeiten. Am Flügel sitzend ruft er Fachbegriffe in die Runde, die wohl nur den wenigsten Achtjährigen etwas sagen würden. «Mezzoforte!» «Forte!» «Crescendo!»
«Beim Papst war ich noch nie.»
Nur noch wenige Proben und dann geht es los, und dennoch herrscht eine bemerkenswerte Gelassenheit. Am 19. April reisen die KKB mit knapp 70 Personen nach Rom. Wohnen werden die Sänger und ihre Begleiter in einem alten Kloster.
Rafael Bermeitinger ist zwölf Jahre alt und schon seit über drei Jahren bei der KKB. Er singt mit grosser Hingabe und hoch konzentriert. Seine Arme bewegt er im Rhythmus mit, Rafael singt mit vollem Körpereinsatz. Zum Chor kam er, weil ihm Singen schon immer Spass gemacht habe, sagt er. «Ausserdem spiele ich noch Klavier.»
Talent und Engagement
Damit ist er keine Ausnahme, gemäss Chormanager Schöttli spielen die meisten neben dem Singen auch noch ein Instrument. «Man muss schon eine grosse Affinität zur Musik haben, um bei der KKB mitsingen zu können.» Das Niveau im Konzertchor sei ziemlich hoch, entsprechend talentiert und engagiert müssen die Jungen sein, sagt Schöttli.
Leonardo Parodi-Delfino beispielsweise übt gemäss eigener Aussage täglich eine Stunde. Musik und Gesang spielen eine grosse Rolle in seinem Leben. Der Elfjährige spielt Klavier und Flöte, im Sommer kommt noch Fagott dazu. Er kam über seinen grossen Bruder vor knapp drei Jahren zur KKB. «Ich freue mich riesig auf die Konzertreise», sagt Leonardo. Er sei zwar schon mehrmals in Rom gewesen, auch den Vatikan habe er mit seinen Eltern besucht, «aber beim Papst war ich noch nie».