An der Mauer der Schweizer Botschaft in Kairo haben Graffiti-Künstler aus der Schweiz und aus Ägypten ihre «Fingerabrücke» hinterlassen. Mit dabei war der Basler Bustart, der mit einem fröhlichen Farbenspiel und prägnanten Porträts Akzente setzte.
30 Meter lang und mitten im Zentrum von Kairo, in unmittelbarer Nähe der Journalisten- und der Anwaltsvereinigung, ist die Schutzmauer der Schweizer Botschaft eine einladende Fläche für Sprayer.
Seit der Revolution im Januar 2011 sind Graffitis in Kairo ein neues, starkes Ausdrucksmittel geworden (dazu mehr auch beispielsweise bei der «Zeit»: Die Wandzeitung der Revolution). Exponenten aller politischen Strömungen toben sich seither mit Pinsel und Spraydosen aus, gerne auch auf der Wand der Schweizer Botschaft.
Regelmässig gab es auch inkriminierende Botschaften wie «Sisi Mörder» an die Adresse des neuen Präsidenten, was die Schweizer dazu zwang, in kurzen Abständen die ungebetenen Werke übermalen zu lassen. Deshalb die Idee mit einem eigenen Kunstprojekt die freie Fläche in Beschlag zu nehmen und damit auch etwas Farbe ins eher graue Stadtzentrum zu bringen, wie Botschafter Markus Leitner die Aktion umschrieb, die zusammen mit Pro Helvetia in den letzten Tagen verwirklicht wurde.
Politische Botschaften unerwünscht
«Fingerabdrücke und Identität» lautete das Motto und auch ein Schweizer Bezug sollte sichtbar sein. Ausdrücklich unerwünscht waren politische Botschaften an diesem offiziellen Gebäude.
Für das Projekt teilten sich der Basler Bustart, die Tessiner Nevercrew (Pablo Togni und Christian Rebecchi) sowie der Ägypter Mohammed Khaled die Wand und ihre Werke könnten unterschiedlicher nicht sein. Aber alle sind ein Blickfang entlang einer vielbefahrenen Strasse mit oft langen Staus.
Bustart arbeitet während mehreren Tagen an seinem Graffiti. (Bild: Astrid Frefel)
Khaled malte viel mit feinen Pinselstrichen. Er zeichnete das menschliche Hirn wie eine Vase, ein Symbol dafür, dass Individuen sich mit Gedanken und nicht mit dem Äusserlichkeiten ausdrücken. Ausgangspunkt der Nevercrew ist wie in vielen ihrer Werke eine komplexe Maschine von der hier eine Spur zu Fingerabdrücken führt, die quasi durch Berührung mit Inhalt erfüllt werden und dann eine Regenwolke formen.
Bustart arbeitet oft mir Porträts. Bei den Recherchen zu diesem Projekt hatte er sich Porträts von bekannten Gesichtern der ägyptischen Revolution besorgt.
Diese Skizzen wurden aber von der Projektkuratorin Fatma Hendawy abgelehnt. Der 32-jährige Basler möchte mit seiner Streetart nicht nur den öffentlichen Raum verschönern, er hat in der Regel auch eine Botschaft, oft ist es Konsumkritik. In Kairo soll sein Werk jetzt vor allem positive Gefühle auslösen.
Porträts dominieren Bustarts Graffitis. (Bild: Astrid Frefel)
Seine Porträts zeigen Kinder, die das Schlechte in der Welt noch nicht erfahren haben. Dazu viel Farbe und in Ägypten zur Dekoration oft verwendete geometrische Muster, die im Laufe einer Woche mit Schablone und Spraydose auf die Wand appliziert wurden. Dort prangt seine Signatur nun auch auf Arabisch.
Mit Hilfe einer Schablone wird ein ägyptisches Muster hergestellt. (Bild: Astrid Frefel)
Vergängliche Kunst
Graffiti ist vergängliche Kunst; Wind, Wetter und andern Sprayern ausgesetzt. Was aus den Werken an der Mauer der Schweizer Botschaft wird, muss sich in den nächsten Tagen und Wochen zeigen; ob Passanten und allenfalls auch einheimische Graffiti-Maler nicht nur staunen, sondern auch ihren eigenen – erwünscht wäre ein positiver – Beitrag leisten.
In den wenigen Tagen in der ägyptischen Metropole hatte der Basler Künstler, dessen Arbeiten auch schon in Paris, Rotterdam oder Toronto zu sehen waren, wenigstens kurz Gelegenheit, sich in der Umgebung des Tahrir-Platzes, dem Epizentrum der ägyptischen Revolution umzusehen. In dieser Gegend blüht die einheimische Streetart-Szene.
Zum Beispiel in der Mohammed Mahmoud Strasse, die heute auch Strasse der 1000 Augen genannt wird, weil dort bei Strassenkämpfen in den Revolutionsmonaten viele Jugendliche ihr Augenlicht verloren hatten. Dort habe er als erster ausländischer Artist ein Graffiti gemalt, erzählt Bustart im Gespräch nicht ohne Stolz (dokumentiert hat er seine Ausflüge teilweise auf seiner Facebookseite).
Von Basel in die Welt
Maschinen sind das Markenzeichen der Tessiner Nevercrew. (Bild: Astrid Frefel)
Nach vier Jahren in Amsterdam, wo er von seiner Kunst mehr überlebt als gelebt hat, ist Bustart seit wenigen Wochen wieder zurück in Basel. Hier möchte er eine Organisation für Urban Art auf die Beine stellen. Die nächsten Projekte im Ausland sind auch bereits auf dem Radar.
In Amsterdam ist er an eine Museumsnacht eingeladen und im fernen Indien plant eine Universität ein Projekt mit Streetart-Künstlern auf ihrem Gelände. Bustart fährt allerdings nur hin, wenn er auch die Gelegenheit erhält, im öffentlichen Raum etwas zu gestalten; eine Bedingung über die er nicht mit sich reden lässt.