Gespannt warten Millionen Ägypter jeden Freitag auf das neue Programm des Satirikers Bassem Youssef. Die Prozessflut gegen ihn hat seine Popularität im Inland noch gesteigert und seinen Namen auch im Ausland bekannt gemacht.
Mit von Stolz geschwellter Brust zeigte Bassem Youssef in seiner letzten Show Beiträge über ihn, die in den Vortagen von Fernsehsendern rund um den Globus ausgestrahlt worden waren. Von einem japanischen war er besonders angetan.
Grund des medialen Interesses: Der ägyptische Satiriker hatte vor dem Generalstaatsanwalt zu erscheinen. Nach einer fünfstündigen Befragung war er gegen eine Kaution von etwa 2200 Dollar freigelassen worden. Die Vorwürfe gegen ihn lauteten auf Gefährdung der öffentlichen Sicherheit, Beschimpfung des Präsidenten und Beleidigung des Islam.
Es vergeht kaum ein Tag, ohne dass nicht eine neue Klage gegen ihn eingereicht wird. Die letzte will ihn für Verbreitung von Atheismus und Beleidigung Pakistans belangen. Der überdimensionierte schwarz-gelbe Hut, mit dem er den Hut parodiert, den Präsident Mohammed Morsi kürzlich bei der Verleihung eines Ehrendoktortitels in Pakistan getragen hatte, ist inzwischen so etwas wie ein Markenzeichen des ägyptischen Polit-Satirikers geworden.
Amerikanisches Vorbild
Ziel seines beissenden Spotts sind vor allem der Präsident und Islamisten aller Schattierungen. Morsis oft ungeschliffene Reden und sein holpriges Englisch sind ein unerschöpfliches Reservoir für «Al-Bernameg», arabisch für «das Programm», das nach dem Muster von Jon Stewarts «The Daily Show» gestrickt ist.
Der Amerikaner hat Youssef inzwischen in seiner Sendung auch schon geehrt und dem ägyptischen Präsidenten in Erinnerung gerufen, dass er ohne Youssef, die vielen Blogger und kritischen Journalisten sowie die Tausenden von Demonstranten auf dem Tahrir-Platz nicht Präsident und damit nicht in einer Position wäre, diese jetzt zu unterdrücken.
Morsi betonte mehrmals, die Klagen würden nicht aus seinem Büro stammen. In verschiedenen Reden hatte er unterstrichen, er sei offen für Kritik und respektiere die Pressefreiheit. Tatsache ist allerdings, dass die Prozessflut von Anwälten im Namen diverser islamistischer Gruppen initiiert wird.
Youssef selbst bezeichnete die Versuche, die Redefreiheit einzuschränken, als eine Phase im post-revolutionären Ägypten. Es sei jetzt an den regierenden Islamisten zu beweisen, dass sie echte Demokraten seien. Er bestritt, je den Islam beleidigt zu haben und warf jenen vor, die vorgeben, die einzigen wahren Vertreter dieser Religion zu sein, den Islam zu beleidigen.
Zuschauerzahlen steigen und steigen
Der 39-jährige Herzchirurg mit seinen stechenden Augen hatte sein erstes satirisches Programm nur wenige Tage nach der Revolution und dem Sturz Mubaraks im Frühjahr 2011 ins Netz gestellt. Sein Erfolg war so durchschlagend, dass einer der grossen privaten Fernsehanstalten seine Show übernahm.
Bis jetzt hat Youssef über 100 Programme produziert und heute hat sein Youtube-Kanal die höchste Abonnentenzahl in Ägypten; die positiven Bewertungen übertreffen die negativen um ein Vielfaches. Und die Zuschauerzahlen steigen unaufhörlich.
Die Vorladung beim Staatsanwalt hat seine Popularität noch erhöht und die ägyptische Regierung ins grelle, internationale Scheinwerferlicht gerückt. Mit Hilfe des Justizapparates die Ausdrucksfreiheit zu beschränken, das erinnere an die Taktik des Regimes von Hosni Mubarak, kritisierte das ägyptische Komitee zum Schutz der Journalisten.
Katarische Geschäftsleute verärgert
Bassem Youssef ist ein Phänomen geworden. Er drückt die Ideen und Gedanken vieler Ägypter aus. Beobachter zählen ihn inzwischen zu den einflussreichsten Persönlichkeiten des Landes. Seine Satire macht vor keinem Thema Halt. In der letzten Sendung galten Spott und Hohn dem kleinen Golf-Emirat Katar, das Ägypten seit der Revolution mit vielen Milliarden Dollar geholfen hat.
«Das grösste Heimatland», ein nationalistisches Lied aus den 60er-Jahren, versah Yousseff mit einem neuen Text. Er prangert darin Katars verschwenderischen Umgang mit Geld an, das dazu da sei, sich Einfluss in Ägypten zu verschaffen. Er riet Katar auch, die Pyramiden zu verkaufen und neue zu bauen.
Auch mit dieser Provokation hatte er den Nerv vieler Ägypter getroffen. Geärgert über diese Undankbarkeit haben sich dafür die katarischen Geschäftsleute in Ägypten. Diese Verzerrung und Dramatisierung der Rolle Katars könnte künftige Investitionen gefährden, warnten sie. Der Emir des Golf-Emirates schien weniger beeindruckt. Nur wenige Tage nach Youssefs Satire stockte er die Finanzhilfe an Kairo um weitere drei Milliarden Dollar auf.