Der Iran hat bei den zweitägigen Gesprächen mit Vertretern der fünf Veto-Mächte und Deutschlands in Genf einen Drei-Stufen-Plan vorgelegt. US- und EU-Diplomaten würdigten den Plan als vielversprechende Grundlage.
Zehn Jahre dauern die Verhandlungen um das umstrittene iranische Atomprogramm. Nun gibt es Aussicht auf ein Vorankommen: In Genf hat der Iran einen Drei-Stufen-Plan vorgelegt, der Bewegung in die festgefahrenen Verhandlungen bringen soll. Jedenfalls würdigten ihn US- und EU-Diplomaten als vielversprechende Grundlage.
Die EU-Aussenbeauftragte Catherine Ashton nannte am Mittwoch nach dem zweitägigen Treffen den iranischen Vorschlag einen «wichtiger Beitrag». Ashton leitete die Delegation der fünf Uno-Vetomächte plus Deutschlands (sogenannte 5+1-Gruppe). Über den Inhalt wurde Stillschweigen vereinbart.
Zuversicht auf beiden Seiten
Das Treffen sei sehr intensiv und bedeutend gewesen, sagte Ashton. Aus westlichen Teilnehmerkreisen hiess es, erstmals seit den seit zehn Jahren andauernden Verhandlungen über das umstrittene iranische Atomprogramm seien inhaltliche Diskussionen möglich gewesen.
Der iranische Aussenminister Mohammad Dschawad Sarif zeigte sich ebenfalls zuversichtlich: «Wir hoffen, dass das der Beginn einer neuen Phase in unseren Beziehungen ist.» Weitere Gespräche sind am 7. und 8. November in Genf geplant. Vorher soll laut Ashton ein Treffen von Atomexperten, Wissenschaftlern und Fachleuten zum Thema Sanktionen stattfinden.
«Wir hoffen, dass das der Beginn einer neuen Phase in unseren Beziehungen ist.»
Mohammad Dschawad Sarif, iranischer Aussenminister
Die westlichen Staaten befürchten, dass der Iran unter dem Deckmantel ziviler Atomprogramme auch Bomben bauen will, was der Iran immer zurückgewiesen hat. Genährt worden war das Misstrauen durch die mangelnde Transparenz des Irans.
Weiter sorgen sich die westlichen Staaten über eine fortgesetzte Urananreicherung auf bis zu 20 Prozent, weil dies relativ rasch in bombenfähiges Material umgewandelt werden könnte, sowie über die Schwerwasseranlage in Arak, die noch im Bau ist. In Schwerwasserreaktoren fällt Plutonium an, das für die Waffenproduktion verwendet werden kann.
Zugeständnisse angeboten
Teheran besteht als Mitglied des Atomwaffensperrvertrags zwar weiterhin darauf, Uran anzureichern, wie Aussenminister Sarif betonte. Das Land hat aber Zugeständnisse angeboten. Aus Diplomatenkreisen verlautete, der Iran habe angeboten, die Urananreicherung und die Zahl der Zentrifugen zu reduzieren.
Der Iran erwägt offenbar auch, den Uno-Inspektoren grössere Befugnis zuzugestehen und auf lange Sicht unangekündigte internationale Prüfungen seiner Atomanlagen zulassen. Der von der iranischen Regierung in Genf vorgelegte Plan sehe dies nicht in der ersten Stufe, jedoch in der letzten vor, sagte Chefunterhändler und Vizeaussenminister Abbas Aragschi laut der Nachrichtenagentur Irna.
Die 5+1-Gruppe fordert vom Iran auch, ein Zusatzprotokoll zum Atomwaffensperrvertrag umzusetzen, das Uno-Inspektoren erlaubt, unangekündigt Atomanlagen zu untersuchen. Damit soll sichergestellt werden, dass es keine geheimen atomaren Produktionsstätten gibt.
Sanktionen könnten «proporional» aufgehoben werden
Der Uno-Sicherheitsrat hat den Iran in sechs bindenden Resolutionen aufgefordert, die Urananreicherung einzustellen, weil das Land sein Atomprogramm nicht angemessen kontrollieren liess. Teheran liess sich aber auch nicht durch Sanktionen davon abbringen.
Nun möchte der Iran aber offenbar durch Zugeständnisse erreichen, dass die EU und die USA ihre Wirtschaftssanktionen möglichst bald aufheben. Vertreter westlicher Staaten sagten dazu in Genf, die Sanktionen könnten «proportional» aufgehoben werden, in dem Masse, in dem Teheran konkrete und überprüfbare Schritte mache.
Gespräche wichtig für die Schweiz
Am Rande der Verhandlungen gab es in Genf auch bilaterale Treffen. So waren am Dienstagabend der iranische Vizeaussenminister Abbas Aragschi und die amerikanische Staatssekretärin Wendy Sherman zusammengekommen. Detail ihres Gesprächs wurden nicht bekannt.
Die Schweiz, die nicht nur Gastgeberstaat war, sondern auch die US-Interessen im Iran vertritt, hat bei der Vorbereitung der Gespräche geholfen. Dazu war Staatssekretär Yves Rossier im Vorfeld in den Iran gereist.
Dass die Schweiz die neue Verhandlungsrunde in Genf beherberge, unterstreiche die Bedeutung der Stadt und der Schweiz auf internationalem Parkett, hatte Aussenminister Didier Burkhalter in einem Interview mit der «NZZ am Sonntag» gesagt (online nicht verfügbar). Die Schweiz sei auch bereit, eine vermittelnde Rolle zu übernehmen. Burkhalter war am Mittwoch mit dem iranischen Aussenminister Sarif in Genf zu einem bilateralen Gespräch zusammen gekommen. Am Donnerstag wird Burkhalter Ashton in Neuenburg empfangen.