Zugezogene Ausländer werden seit ein paar Monaten vom Kanton Basel-Stadt persönlich zu einem Gespräch eingeladen. Das Angebot stosse auf hohe Akzeptanz, heisst es beim Justiz- und Sicherheitsdepartement.
Selten wurde in Basel-Stadt ein Volksentscheid derart rasch umgesetzt: Am 30. November 2014 hat das Stimmvolk einen Gegenvorschlag zur SVP-Integrationsinitiative mit 64 Prozent angenommen – und seit einem halben Jahr gehören Begrüssungsgespräche für Ausländer bereits zur Tagesordnung. Dies sagte der neue Integrationsbeauftragte Andreas Räss im Interview mit der TagesWoche.
Die Integrationsinitiative der SVP forderte eigentlich flächendeckende Integrationsvereinbarungen mit ausländischen Zugezogenen, scheiterte jedoch an der Urne mit einem Nein-Anteil von 72,95 Prozent. Stattdessen entschied sich Basel-Stadt für den Gegenvorschlag, der Gratis-Deutschkurse und Begrüssungsgespräche für Zugezogene vorsieht.
Neuerdings werden also alle Ausländer, die sich in Basel niederlassen, in einem Begrüssungsgespräch «auf die Bedeutung der deutschen Sprache, auf lokale Gepflogenheiten und Integrationsangebote» hingewiesen. Nach zwölf Monaten kann ein Integrationsgespräch folgen, in problematischen Fällen eine Integrationsvereinbarung mit Zielen.
Längere Wartezeiten
Durchgeführt werden die Begrüssungsgespräche vom Einwohneramt. Wie das Justiz- und Sicherheitsdepartement (JSD) auf Anfrage schreibt, fanden seit Anfang Mai 3200 Gespräche mit Zuziehenden ausländischer Nationalität statt. Ein Gespräch kann nur wenige Minuten dauern – oder je nach Informationsbedarf des Zuziehenden auch 20 Minuten. Gesprochen wird über das, was für die neuen Einwohner Basels von Interesse sein könnte: das Basler Schulsystem, Tagesbetreuungsstrukturen, öffentlicher Verkehr oder das Abfallsystem.
«Prinzipiell geht es darum, dass sich die zuziehende Person rasch in den hiesigen Strukturen zurecht finden und entsprechend auch rasch integrieren kann», sagt JSD-Sprecher Andreas Knuchel.
Möglichkeiten, auf das Gespräch zu verzichten, gibt es nicht, da es im Rahmen des üblichen Anmeldeprozederes stattfindet. Das heisst, im selben Durchgang werden die Daten des Zuziehenden von der Einwohnerkontrolle erfasst, bei Drittstaatsangehörigen werden beispielsweise auch gleich die Biometriedaten für den Ausländerausweis erhoben. Das JSD meint dazu:
«In diesem Kontext ist es deshalb als Kunde per se sehr schwierig bis unmöglich, ein Gespräch überhaupt zu verweigern. Die ersten paar Monate haben zudem auch gezeigt, dass die individuell zugeschnittenen Gespräche bei der Kundschaft allgemein auf eine sehr hohe Akzeptanz stossen. Die Zuziehenden haben dementsprechend vielmehr Anspruch auf ein Gespräch, als dass sie gezwungen wären, sich ein solches anhören zu müssen. Ein Begrüssungsgespräch findet somit per se statt – Dauer, Inhalt und Intensität liegen dabei primär im Ermessen des gesprächsführenden Schalterangestellten.
Eine allfällig mangelnde Integrationsbereitschaft kann – nachdem der neuzuziehenden Person die Erwartungen im Rahmen des Begrüssungsgesprächs kommuniziert wurden (z.B. Besuch eines Deutschkurses etc.) – zu einem späteren Zeitpunkt durch das Migrationsamt im Rahmen eines Folgegesprächs weitaus deutlicher festgestellt werden.»
Um den zusätzlichen Aufwand bei den Gesprächen abzufedern, wurde dem Beraterteam der Einwohnerkontrolle eine zusätzliche Teilzeitstelle bewilligt. Dies reicht aber offenbar nicht – und es kann zu längeren Wartezeiten kommen:
«Anzumerken bleibt, dass sich der zeitliche Aufwand bis dato als höher herausgestellt hat, als ursprünglich angenommen werden musste – Neuzuziehende haben demnach nicht nur mehr, sondern auch komplexere Fragen als angenommen, die zur Beantwortung ihre Zeit in Anspruch nehmen. Ob resp. inwieweit sich dies auf die allgemeinen Wartezeiten im Kundenbereich des Einwohneramts auswirken wird, kann hingegen noch nicht eindeutig gesagt werden.»
Wie gut die Gratis-Deutschkurse besucht werden – die ebenfalls Bestandteils des Gegenvorschlag zur SVP-Integrationsinitiative sind und nach den Sommerferien erstmals durchgeführt wurden –, muss noch evaluiert werden.