Bei der Bodeninitiative gehts um 40 Prozent der Kantonsfläche? Falsch!

Die Diskussion um die Bodeninitiative wird von einer Zahl dominiert: Der Kanton besitze 40 Prozent des Bodens, heisst es. Diese Zahl ist irreführend, wie ein Blick auf die Daten zeigt.

Die Diskussion um die Bodeninitiative wird von einer Zahl dominiert: Der Kanton besitze 40 Prozent des Bodens, heisst es. Diese Zahl ist irreführend, wie ein Blick auf die Daten zeigt.

Seit letzten Oktober weiss ganz Basel: Dem Kanton gehören 40 Prozent des Bodens auf Kantonsgebiet. Diese Zahl geht aus einem Beitrag des SRF-Wirtschaftsmagazins «Eco» hervor, der auf einer Auswertung des Grundbuch- und Vermessungsamtes beruht.

Besondere Brisanz erhält diese Zahl vor dem Hintergrund der bevorstehenden Abstimmung über die sogenannte Neue Bodeninitiative, wonach der Kanton künftig seine Grundstücke nur noch unter strikten Auflagen verkaufen darf. 

Wenn dem Kanton tatsächlich fast die Hälfte des Bodens gehört, tun verschärfte Regeln für den Handel mit diesen Immobilien not. Nur konsequent, dass sich das Initiativkomitee, aber auch die Gegnerschaft, in ihren Argumenten und Kampagnenmaterialien vehement auf diese Zahl berufen.



«Öffentliche Hand» ist nicht gleich «Kanton». Die «Eco»-Grafik ist im Zusammenhang mit der Bodeninitiative irreführend.

«Öffentliche Hand» ist nicht gleich «Kanton». Die «Eco»-Grafik ist im Zusammenhang mit der Bodeninitiative irreführend.


Nur: Diese Zahl ist falsch. Der Kanton besitzt mitnichten 40 Prozent des Basler Bodens. Tatsächlich handelt es sich dabei um den «Flächenbesitz der öffentlich-rechtlichen Körperschaften im Kanton Basel-Stadt», wie der Leiter des Grundbuch- und Vermessungsamtes, Simon Rolli, auf Nachfrage präzisiert. Ihm war bei der Anfrage von «Eco» auch nicht klar, dass das Magazin diese Zahl in Zusammenhang mit der Bodeninitiative setzen würde.

Neben dem kantonalen Grundbesitz enthielten diese 40 Prozent auch Immobilien von Einwohnergemeinden, Bürgergemeinde, religiösen Gemeinden und ausserkantonalen öffentlichen Eigentümern, sagt Rolli.

Wie ein Blick in die Daten zeigt, befinden sich nicht 40, sondern nur rund 24 Prozent des Kantonsgebietes (Kantonsfläche abzüglich Strassenparzellen) im Besitz des Kantons. Die entsprechenden Daten können im Geoportal Basel-Stadt kostenlos bezogen werden.

Gebiet Fläche in Quadratkilometern in Prozent
Kantonsgebiet ohne Strassenparzellen 30,52 km² 100 %
davon öffentliches Grundeigentum Basel-Stadt 7,42 km² 24,3 %
davon nur Verwaltungsvermögen 3,33 km² 10,9 %
davon nur Finanzvermögen 2,63 km² 8,6 % 

Die Differenz zwischen Total öffentliches Grundeigentum und der Summe aus Finanz- und Verwaltungsvermögen ergibt sich aus der Allmend.

In Bezug auf die Bodeninitiative lohnt sich eine weitere Differenzierung. Denn die angestrebte Gesetzesänderung zielt auf den Teil des Grundbesitzes, der tatsächlich frei handelbar ist, das Finanzvermögen. Dabei handelt es sich um Immobilien, die der Kanton nicht selbst nutzt (etwa für Verwaltungsbüros oder Schulhäuser), sondern als Vermögensanlage hält. Damit fallen einige der grössten Flächen wie etwa Sportplätze oder der Friedhof Hörnli aus der Rechnung hinaus.

Das Initiativkomitee schreibt auf seinem Flugblatt:

«40% des Bodens im Kanton Basel-Stadt gehören dem Kanton. Mit der neuen Bodeninitiative wird sichergestellt, dass Basel kein Land ohne finanzielle Not verkauft, zum Beispiel an Anlagefonds oder Grossinvestoren.»

In Tat und Wahrheit geht es aber lediglich um jene 8,6 Prozent des Bodens aus dem Finanzvermögen. Allerdings können auch Grundstücke aus dem Verwaltungsvermögen gehandelt werden. Dazu ist jedoch ein Grossratsentscheid nötig, wonach die entsprechende Parzelle umgewidmet wird, sodass sie dann ebenfalls zum Finanzvermögen zählt. Daran würde auch eine allfällige Annahme der Bodeninitiative nichts ändern.

Übertreibungen und Unschärfen in der Argumentation gehören in der Politik zum Tagesgeschäft, insbesondere im Abstimmungskampf. Doch der Unterschied von rund 32 Prozent wirkt arg verzerrend, wird damit doch Relevanz und Tragweite dieser Gesetzesvorlage künstlich erhöht.

Klaus Hubmann, Mitglied des Initiativkomitees und Geschäftsleiter der Stiftung Habitat, erklärt:

«Wir wollen sauber argumentieren und haben uns in unseren Kampagnenunterlagen an den ‹Eco›-Beitrag gehalten. Mir schienen die 40 Prozent auch etwas hoch gegriffen. Ich bin jedoch davon ausgegangen, dass wir uns auf die offiziellen Zahlen vom Grundbuch- und Vermessungsamt verlassen können. Wenn das nicht so sein sollte, finde ich das ärgerlich.»

Hubmann will ausserdem festhalten, dass seine Initiative indirekt auch das Verwaltungsvermögen mitmeine, da dieses mittels Umwidmung relativ einfach zum Finanzvermögen werden könne. Als Beispiel führt er das Areal beim ehemaligen Kinderspital an, das seit dem Wegzug des Spitals zum Finanzvermögen zählt. «Durch eine Annahme der Bodeninitiative würde auch dieser Teil des Vermögens geschützt», sagt Hubmann.

Doch selbst wenn man Verwaltungs- und Finanzvermögen summiert, kommt man noch lange nicht auf die 40 Prozent. Bleibt die Frage, weshalb diese Zahl von ECO und Initiativkomitee in Zusammenhang mit der Abstimmung gebracht wird und wurde. Amtsleiter Rolli vom Grundbuch- und Vermessungsamt «kann und will die Verbindung zur Initiative auch nicht beurteilen». An seiner Berechnung zuhanden von «Eco» zweifelt er aber nicht: «Wir stehen hinter den 40 Prozent.»

Diese Zahl ist auch korrekt – nur hat sie mit der Abstimmung vom 28. Februar 2016 nichts zu tun.

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Die Karte zeigt auf, wo sich die Grundstücke im Besitz des Kantons befinden. 

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