Wegen Statikproblemen und einem Rechtsstreit bleibt die Kunsteisbahn Sissach für längere Zeit geschlossen. Ein Komitee um EHC-Biel-Trainer Kevin Schläpfer sucht nach Lösungen, die Chancen stehen allerdings nicht gut.
Die Kunsteisbahn Sissach ist seit vergangenem Oktober geschlossen. Geht es nach der Gemeinde, bleibt dies wegen des Rechtsstreites mit der Baufirma (siehe Box) bis auf Weiteres so. Während die beiden Parteien sich darüber streiten, wer dafür verantwortlich ist, dass sich das Holzdach mit Kondenswasser vollgesaugt hat und die Anlage deshalb einsturzgefährdet ist, stehen die regionalen Eishockeyclubs vor dem Aus. Nun hat sich ein siebenköpfiges Komitee der fast unmöglichen Aufgabe verschrieben, eine Eislaufmöglichkeit zu schaffen – auf der Anlage selbst.
Die Kunsteisbahn Sissach erhielt 2005 im Rahmen einer Sanierung ein Holzdach. Die Eisanlage ist zu zwei Seiten geöffnet, die Temperatur-Unterschiede zwischen Eis und Klima führen zu Kondenswasserbildung, das von der Holzkonstruktion aufgesaugt wird. Bereits kurz nach der Eröffnung wurde dieses Problem festgestellt.
Wie die «Basellandschaftliche Zeitung» berichete (nicht online), sah man anfänglich vor allem die Leimstellen als Problem, weshalb die ETH empfahl, den Leim auf seine Wasserlöslichkeit zu prüfen. Was die Empa gemäss bz auch tat und kein Problem sah. Bei den zweijährlichen Baukontrollen durch die Erbauer (PM Mangold AG) wurde im Frühling 2012 das Problem mit der Statik kommuniziert, die Gemeinde wollte daraufhin (gemäss Gemeindepräsident) das Dach stützen. Der erste Schnee sei ihnen aber zuvor gekommen. Festgestellt wurde aber auch, dass Träger auf der Eisfläche nötig wären, was das ganze unmöglich machte. Die Gemeinde stellt sich seither auf den Standpunkt, dass «wir nicht gekriegt haben, was wir bestellt haben», sagt Präsident Peter Buser.
Die Erbauerfirma stellt sich auf den Standpunkt, dass sie auf die Gefahr bei Kondenswasserbildung hingewiesen habe und zitierte ein Gemeinderatprotokoll, in dem die Warnung als «unseriös» abgetan wird und die Lage «als nicht so dramatisch» dargestellt werde. Weil sich die beiden Parteien nicht aussergerichtlich einigen konnten, entscheidet nun ein Gericht. Weil das Gericht das Dach selbst zur Beweisaufnahme untersuchen lassen muss, sind gemäss Gemeinde keine baulichen Massnahmen daran möglich. Der Betrieb der Eisanlage wurde deshalb bis auf weiteres eingestellt. Das Nachsehen haben die Hockeyvereine und die Bevölkerung.
Initiator ist Michael Amsler – ehemaliger Präsident des EHC Zunzgen-Sissach und aktueller Trainer der zweiten Mannschaft. Versammelt hat sich um ihn mit EHC-Biel-Trainer Kevin Schläpfer, Mediator Ruedi Graf und den regionalen Unternehmern Johann Rudolf Gunzenhauser (der für den Gemeinderat kandidiert), Michele Linsalata und Kurt Rytz und seinem Sohn Dino eine schlagkräftige Gruppe. Das Komitee will nächste Woche dem Gemeinderat «ein oder zwei mögliche Lösungen» für das Dachproblem vorstellen.
«Es ist Zeit, dass mal alles auf den Tisch kommt»
Der Betrieb einer mobilen Eisanlage wie in der vergangenen Saison ist entgegen anfänglichen Überlegungen kein Thema mehr, sagt Amsler. «Wir wollen eine nachhaltige Lösung angesichts der Ungewissheit, wie lange die Kunsti blockiert ist.» Geld soll deshalb nur in eine Lösung investiert werden, die auch übernächste Saison genutzt werden könnte. Im Raum stehen «zwei oder drei Ideen», sagt Amsler. Die Stossrichtung ist dieselbe: Das Dach soll gesichert werden, damit ein Betrieb möglich ist. Denkbar sei ein Aufhängen des Daches oder auch ein Stützen. Wie das konkret umgesetzt werden soll, damit beschäftigt sich das Komitee nun. Mit Kurt Rytz hat das Komitee einen Mann an Bord, der sich mit Bauten in der Grösse der Kunsti auskennt.
In erster Linie will sich das Komitee aber auch ein Bild der gesamten Situation machen, sagt Kevin Schläpfer: «ein neutrales», wie der EHC-Biel-Trainer betont. «Das Problem ist, dass man einfach zu wenig klare Informationen hat», sagt Schläpfer: «Es ist Zeit, dass mal alles auf den Tisch kommt.» Tatsächlich hat der Gemeinderat bisher nur häppchenweise informiert, wenn überhaupt. Anders die Gegenseite: Die PM Mangold AG hat nach dem impliziten Pfuschvorwurf der Gemeinde vergangenen November eine Medienkonferenz einberufen und ihre Sicht der Dinge dargestellt.
Gemeinde soll Warnungen ignoriert haben
Die Informationen der Baufirma werfen kein gutes Licht auf die Verantwortlichen der Gemeinde. Gemäss der PM Mangold AG hatte man die Gemeinde mehrmals darauf hingewiesen, dass sich das in der halbgeöffneten Halle bildende Kondenswasser eine Gefahr für die Statik darstelle. Die Firma stellte auch den Entscheid der Gemeinde in Frage, eine offene Kunsteisbahn mit einem Holzdach zu bauen, weil die Firma nicht in die Konzeption eingebunden gewesen sei. Die Gemeinde hätte mit einer Lufttrocknungsanlage gegen die zu hohe Luftfeuchtigkeit vorgehen müssen, sagte Geschäftsleiter Peter Mangold an der Pressekonferenz. Sein Baumanager warf gemäss der «Basellandschaftlichen Zeitung» der Gemeinde vor, am Personal gespart zu haben: «Es war bei der Planung kein Klimaingenieur dabei», wird er zitiert, «dieser ist bei einer Eishalle aber elementar.»
Die Gemeinde hat bisher nicht darauf reagiert. Sie beschränkt sich darauf zu sagen, dass die PM Mangold AG nicht an einem Schiedsverfahren interessiert sei. Und hält sich wegen des laufenden Gerichtsverfahrens mit Aussagen zurück. Streitpunkt ist allerdings auch die Dauer der Haftung der Baufirma: Gemäss PM Mangold AG ist die Garantie nach fünf Jahren abgelaufen. Die Gemeinde habe zwar die Frage nach einer längeren Garantie gestellt, diese aber dann nicht abgeschlossen – womit sie 50’000 Franken sparte.
Zeit drängt
Ein Punkt der aufhorchen lässt, angesichts des Nachtragskredits, den die Gemeinde 2007 bei der Sanierung der Kunsteisbahn absegnen lassen musste. Die Geschäftsprüfungskommission der Gemeinde sprach damals bereits davon, dass die «Kunsteisbahnsanierung Plus» mit 4,1 Millionen Franken «nicht realistisch budgetiert» wurde – Sachzwänge und Zeitdruck hätten eine Rolle gespielt, schrieb die GPK. Ob und was der Stand der Garantie ist, muss nun das Gericht entscheiden. Eines ist allerdings geblieben: der Zeitdruck.
Unter Zeitdruck stehen dieses Mal die Eishockeyvereine, sagt Kevin Schläpfer. Soll ein Eisbetrieb überhaupt Chancen haben, muss es nun schnell gehen. Das Komitee will nächste Woche den Kontakt zur Gemeinde suchen und ihre Pläne vorstellen. Das Ziel ist gemäss Amsler eine gewisse Planungssicherheit für die Vereine. «Spätestens im Sommer sollen die Vereine wissen, woran sie sind.»
Dass die Ideen beim Gemeinderat gut ankommen, darf bezweifelt werden. Gemeindepräsident Peter Buser sagt mit Blick auf den Gerichtsprozess, «dass wir verloren haben, wenn wir das Dach anfassen». Bauliche Änderungen – egal welcher Art – wollen die Verantwortlichen der Gemeinde deshalb «auf keinen Fall bevor das gerichtliche Beweisaufnahmeverfahren abgeschlossen ist» – selbst wenn dies das Ende der Hockeyvereine bedeutet.
Bevölkerung steht hinter Komitee
Ohne Eis kein Hockey: In der Region sind die Eisflächen knapp, sagt Amsler. Alleine die über 100 Junioren des EHC Zunzgen-Sissach müssten deshalb auf andere Vereine verteilt werden. Dass diese Spieler alle zurück kommen, wenn es dann einen Betrieb gibt, ist eine illusorische Hoffnung, wie Amsler bisher unmissverständlich zu verstehen gibt. Aber an das will weder Amsler noch das restliche Komitee denken: Sie sind zuversichtlich, dass es eine Lösung geben wird.
«Man muss Visionen haben», sagt Amsler: «Ein Ziel setzen und bis zuletzt daran zu glauben, gehört zur Natur von Hockey-Spielern.» Die Bevölkerung hat das Komitee jedenfalls hinter sich: Auf Facebook hat sich eine «Rettet die Kunsti Sissach»-Gruppe formiert. Über 2300 Mitglieder haben dort bereits persönliche Anekdoten und Erinnerungen gepostet, vor allem aber hoffen alle auf eine Lösung. Wer die Kommentare dort liest, versteht: Es geht in Sissach um mehr als eine Eisbahn, es geht um ein Stück Gemeindeidentität.