Mit 295 zu 160 Stimmen sagten die SVP-Delegierten in Balsthal Nein zur Abzocker-Initiative von Thomas Minder.
Der Vorstand der SVP hatte schon am Freitagabend mit 40 zu 14 Stimmen klar gegen Minders Abzocker-Initiative votiert. Und um drei Uhr nachmittags am Samstag folgten ihr die SVP-Delegierten mit 295 zu 160 Stimmen überraschend klar. Umsonst hatte Abzocker-Initiant Thomas Minder zuvor zu «Hörndli und Ghackets» während dem Mittagessen vor prallvollem Saal in Balsthal die SVP-Vertreter von seinem Volksbegehren überzeugen wollen.
«Wenn der indirekte Gegenvorschlag so gut wäre, warum braucht es dann 8 Millionen, um die Initiative zu bekämpfen?» So fragte er. Er betonte: «Das Original ist immer besser.» Und das sei seine Initiative. Am Gesetzestext des Gegenvorschlags sei fünf Jahre «herumgedoktert worden». Dabei seien seine «Mussformulierungen in Kannformulierungen umgebogen worden». Die Economiesuisse habe nämlich gar nichts gewollt und immer an die Selbstregulierung der Abzocker geglaubt. Im Gegenvorschlag spüre man die Economiesuisse nun deutlich. Dieser Gegenvorschlag sei darum «löchrig wie ein Emmentalerkäse».
Vasella als Minders Kronzeuge
Herr Vasella werde nach seinem Abgang jetzt Beirat bei Novartis und er habe bei seinen Antritt einen Zehnjahresvertrag bekommen, führte Minder einen der bekanntesten Millionen-Abzocker im Land als Beispiel ins Feld. «Das kann man nur mit der Initiative abstellen.» Minder nannte auch die UBS und die CS als abschreckende Beispiele. Die Initiative werde nur die Börsenkotierten erfassen. Der Gegenvorschlag jedoch wolle auch kleine KMUs regulieren: «Lassen wir die in Ruhe», sagte Minder.
Es sei auch wichtig, dass die Artikel gegen die Abzocker in die Verfassung kämen, fügte er bei. Ein Gesetz könne das Parlament schnell wieder abändern. Ganz wichtig seien die Strafbestimmungen in der Initiative. Diese fehlten im Gegenvorschlag: «Ein Dieb kann das Diebesgut auch nicht einfach zurückgeben – er wird ja auch bestraft», sagte Minder. Und er warnte: Bei der SVP stehe das V für «Volkswillen». Er zitierte die neusten SRG-Umfragen: 67 Prozent der SVP-Wähler seien für seine Initiative.
Blocher bedauert «kraftlose Initianten»
Mit mehr Schwung legte sich danach Christoph Blocher gegen die Initiative und für den Gegenvorschlag von Bundesrat und Parlament ins Zeug: «Den Initianten fehlt leider die Kraft, diese Volksinitiative zurückzuziehen», kritisierte er Minder. Er sei ja auch klar gegen die Abzockerei, versicherte der Alt-Bundesrat. Denn: «Heute haben die Aktionäre über die Saläre der leitenden Leute in den Unternehmen nichts zu sagen, die Verwaltungsräte bestimmen ihre Bezüge selber.» Das führe «zu exorbitanten Entschädigungen und Boni – sogar bei Misserfolg». Und dieser Missstand sei «dringend zu beseitigen».
«Den Initianten fehlt leider die Kraft, diese Volksinitiative zurückzuziehen»
Das tue nun «endlich der Gegenvorschlag zur Minder-Initiative». Der werde nach einem Nein zur Initiative sehr schnell in Kraft treten. Aber, betonte Blocher: «Nur die Ablehnung der Abzockerinitiative garantiert das.» Schwierig sei jedoch, dass die Leute am 3. März gegen den Familienartikel stimmen müssten, und wenn sie dann gegen die Abzocker seien, müssten sie auch Nein zur entsprechenden Initiative sagen. Das sei nicht einfach. Und auch Blocher argumentierte mit Vasella. Aber der Gegenvorschlag wirke gegen Vasella-mässige Auswüchse eben viel besser. Abgangsentschädigungen müssten nämlich mit Zweidrittelsmehrheit durch die Aktionärsversammlung genehmigt werden. Blocher zählte dann noch «viel Unsinniges» auf, das die Initiative brächte. Drum müsse man sie ablehnen.
Frauen und Parteileute folgen Blocher
In der Saal-Debatte vermeldeten zunächst die SVP-Frauen: Sie seien gegen Abzocker – aber eben auch gegen die Abzockerinitiative. Andere Votanten sagten dann: Gerade weil die Economiesuisse gegen die Initiative sei, stimmten sie dafür. Der Economiesuisse gehe es nämlich genau um die Hintertürchen im Gegenvorschlag, durch die dann die Abzocker ihr übles Treiben weiterführen könnten.
Auch der Zürcher SVP-Nationalrat Christoph Mörgeli kritisierte Minder. Wie er auf die Rednerliste gekommen war, die nur 34 Namen enthielt, ist unklar. Auch der Thurgauer SVP-Ständerat Roland Eberle trat als Saal-Votant gegen die Initiative und für den Gegenvorschlag auf. Und nach ihm noch eine ganze Reihe von «Leutnants» der Parteileitung, die Blocher gegen Minder sekundierten – bis hin zu SVP-Fraktionschef Adrian Amstutz. Der Berner Nationalrat Hansruedi Wandfluh nannte den Gegenvorschlag ein «Generika» mit der selben Wirkung wie die Initiative, die er ablehne.
Von den Parteioberen engagierten sich nur der Walliser SVP-Nationalrat Oscar Freysinger für die Initiative. Und der Aargauer Nationalrat Maximilian Reimann. «Die Initiative ist griffiger und hat weniger Hintertürchen», stellte er fest. Darum habe er auch im Rat dafür gestimmt.
Unbekanntere Saal-Votanten argumentierten ebenfalls eher für die Initiative, mitunter weil diese auch die Pensionskassen stärke und mehr Transparenz für die Versicherten bringe. Sie nahmen auch immer wieder Economiesuisse ins Visier und deren 8 Millionen für die Kampagne gegen Minder. Und sie geisselten den «Wischi-Waschi-Vorschlag» mit seinen Hintertürchen. Umsonst: Blocher hatte den Saal längst im Sack.
Wuchtig gegen Familienartikel
Schon vor dem Mittagessen hatten die Delegierten den «kommunistisch angehauchten» (wie gesagt wurde) Bundesbeschluss über die Familienpolitik mit 482 gegen 1 wuchtig abgeschmettert. Schon in seiner Rede hatte SVP-Präsident Toni Brunner diese Vorlage scharf kritisiert – und die CVP angegriffen. Brunner sagte: «Die CVP wird überhaupt zunehmend zu einem Problem.» Und zur «Mehrheitsbeschafferin für die Linke».