Bringt der Frieden den Sieg gegen den IS? Die Hoffnung ist gross

Im marokkanischen Badeort Shkirat wurde am Donnerstag das Abkommen zur Bildung einer Regierung der Nationalen Einheit in Libyen unterschrieben. Es gab auch zahlreiche Verweigerer. Die UN hat zu diesem Schritt gedrängt, damit das Chaos im Land beendet und der Vormarsch der IS-Terroristen gestoppt werden kann.

Libya's Tripoli-based General National Congress (GNC) representative Salih el-Mahzum and Libya's Tobruk-based government's representative Muhammed Shuayb, Special Representative of the UN Secretary-General and Head of the United Nations Support Mission in Libya (UNSMIL) Martin Kobler and Morocco's Minister of Foreign Affairs Salaheddine Mezouar (C) hold a news conference after signing the "Libyan Political Agreement" in Suheirat, Morocco December 17, 2015. REUTERS/Stringer EDITORIAL USE ONLY. NO RESALES. NO ARCHIVE.

(Bild: STRINGER)

Im marokkanischen Badeort Shkirat wurde am Donnerstag das Abkommen zur Bildung einer Regierung der Nationalen Einheit in Libyen unterschrieben. Es gab auch zahlreiche Verweigerer. Die UN hat zu diesem Schritt gedrängt, damit das Chaos im Land beendet und der Vormarsch der IS-Terroristen gestoppt werden kann.

Nach mehr als einem Jahr Verhandlungen und monatelangem Gezerre ist das von der UN vermittelte Abkommen des politischen Dialogs unterzeichnet. Der UN-Gesandte Martin Kobler sprach von einem historischen Tag. Was die Unterschriften wert sind, muss sich noch weisen.

Die Präsidenten der beiden rivalisierenden Parlamente in Tobruk und Tripolis, die sich am Dienstag zum ersten Mal in Malta getroffen hatten, hatten sich gegen die Zeremonie und für weitere Konsultationen ausgesprochen. Nuri Abu Sahmin, der Präsident der international nicht anerkannten Kammer in Tripolis, erklärte die Unterzeichnung für null und nichtig und ausserhalb jeder Legalität. Hinter dem Abkommen steht aber eine Mehrheit der Abgeordneten aus Tobruk, eine Minderheit jener aus Tripolis und Vertreter aller Segmente der Gesellschaft.

Und auch die Bevölkerung wünscht sich nichts mehr als ein Ende der Gewalt und Rechtslosigkeit. Die UN und die internationale Gemeinschaft hatten auf diesen formalen Akt gedrängt, damit die Phase der Implementierung beginnen kann. Das soll nun mit einer Mehrheit geschehen, da Einstimmigkeit nicht zu erzielen war und sich bereits eine neue innerlibysche Dialoginitiative entwickelt hatte. «Jeder Tag, den wir warten, ist ein Erfolg für den IS», hatte Kobler am Mittwoch bei seinem Treffen mit Armeechef General Khalifa Haftar in dessen Hauptquartier erklärt.

«Jeder Tag, den wir warten, ist ein Erfolg für den IS.»


UN-Gesandte Martin Kobler

Der erste Schritt des Abkommens war am Donnerstag die Bildung eines Präsidialrates bestehend aus dem neuen Regierungschef Fayez al-Saraj und mehreren Stellvertretern, dabei wurden alle Regionen berücksichtigt. Innerhalb eines Monates soll dann das Kabinett dieser Regierung der Nationalen Einheit zusammengestellt werden. In weiteren Phasen, die sich über etwa zwei Jahre erstrecken werden, ist die Fertigstellung einer neuen Verfassung und die Wahl einer neuen Volkskammer geplant, um das institutionelle Chaos mit rivalisierenden Machtblöcken und bewaffneten Gruppen zu beenden, die seit über einem Jahr um Macht, Einfluss und Ressourcen kämpfen.

Das Machtverteilungsabkommen könnte auch toter Buchstabe bleiben

Neben dieser politischen gibt es eine Sicherheitsschiene. Als erstes wird ein Sicherheitskomitee für die Hauptstadt Tripolis gebildet, denn die neue Regierung der Nationalen Einheit soll wieder in Tripolis ihren Sitz haben. Das ist notwendig, um die nationalen Ressourcen – das heisst insbesondere die staatliche Ölgesellschaft und die Zentralbank – kontrollieren zu können. Allerdings streiten sich verschiedene Milizen um die Vorherrschaft in der Metropole.

Zuletzt kam es in Tripolis am Mittwochabend zu bewaffneten Kämpfen zwischen rivalisierenden Gruppen. Das Fajr-Bündnis (Morgenröte), das heisst jene bewaffneten Kräfte, die ursprünglich hinter der von Islamisten dominierten Tripolis-Regierung standen, ist auseinandergebrochen. Während die einflussreichen Milizen aus der Stadt Misrata die politische Verständigung unterstützen, sind andere Verbände dagegen und halten den Hardlinern von Abu Sahmin die Treue. Sollte es nicht schnell gelingen, einen Waffenstillstand und eine Einigung über die Sicherheitsarchitektur in Tripolis und später im ganzen Land zu erzielen, wird dieses politische Machtverteilungsabkommen toter Buchstabe bleiben.

Der IS hat sich in der Geburtsstadt von Gaddhafi eingenistet

Am vergangenen Wochenende haben an einer Konferenz in Rom 17 Staaten und verschiedene internationale Organisationen die politische Einigung in Libyen eingefordert und Unterstützung zum Beispiel für die notleidende Bevölkerung in Aussicht gestellt. UN-Vermittler Kobler hatte mehrmals betont, dass der Hauptzweck der Verständigung sei, den Kampf gegen die IS-Terrormiliz zu organisieren. Der IS hat das Sicherheits- und Machtvakuum im letzten Jahr ausgenutzt und sich in der Stadt Sirte, dem Geburtsort von Ex-Diktator Gaddhafi, eingenistet und dort etwa 2000 seiner insgesamt 3000 Militanten in Libyen zusammengezogen.

In diesem Bemühen den IS zu bekämpfen, stimmt Kobler mit Armeechef General Haftar überein, der den politischen Dialog und die Regierung der Nationalen Einheit nur unterstützt, wo sie sich mit seinen Zielen deckt. Haftar forderte, dass die Armee im ganzen Land für die Sicherheit sorgen – derzeit steht sie nur im Westen – und die Milizen sich integrieren oder entwaffnet werden müssten. Vor allem verlangt er dringend eine Aufhebung des UN-Waffenembargos, damit er seine Einheiten besser ausrüsten kann.

Kobler erklärte dem General, dass dazu eine Regierung der Nationalen Einheit im Amt sein müsse. Diese werde sofort von der UN anerkannt und könne dann dem Sicherheitsrat einen Antrag zur Aufhebung des Waffenembargos stellen. Kobler unterstützte die Bildung einer starken Armee und erklärte, die Libyer müssten ihre Probleme selbst lösen und selbst gegen den IS kämpfen; die internationale Gemeinschaft unterstütze nur, wenn sie angefragt werde. Frankreich hatte allerdings Ende November bereits Aufklärungsflüge in eigener Regie über Libyen gemacht.



Black smoke billows in the sky above areas where clashes are taking place between pro-government forces, who are backed by the locals, and the Shura Council of Libyan Revolutionaries, an alliance of former anti-Gaddafi rebels who have joined forces with the Islamist group Ansar al-Sharia, in Benghazi, Libya December 15, 2015. REUTERS/Esam Omran Al-Fetori

Das Machtverteilungsabkommen ist hoffentlich das Ende des Konflikts in Libyen. (Bild: ESAM OMRAN AL-FETORI)

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