Bürgerliche Politiker im Velo-Ringkampf

Laut war der Aufschrei, besonders bei der FDP und SVP, als die Basler Regierung wenige Tage nach der Veloring-Schlappe den Masterplan Velo verabschiedete. Ihr Empörung dürfte gespielt sein. Ernst ist es ihnen aber damit, das Steuer in der Verkehrspolitik herumzureissen.

FDP und SVP wollen, dass jetzt endlich auch mal einer an die Autobahnen denkt.

Laut war der Aufschrei, besonders bei der FDP und SVP, als die Basler Regierung wenige Tage nach der Veloring-Schlappe den Masterplan Velo verabschiedete. Ihr Empörung dürfte gespielt sein. Ernst ist es ihnen aber damit, das Steuer in der Verkehrspolitik herumzureissen.

Die Basler Regierung hat den Basler Verkehrspolitikern nach der wuchtig abgeschmetterten Veloring-Vorlage keine Verschnaufspause gegönnt. Nur gerade zwei Wochen nach dem Abstimmungssonntag setzte sie mit einem Masterplan Velo ein weiteres Zeichen für eine Vorwärtsstrategie in der Velopolitik.

Die empörten Reaktionen der Autolobby und von bürgerlichen Grossräten liessen erwartungsgemäss nicht lange auf sich warten. Angefeuert wurden die Autolobbyisten vorab aus der SVP und FDP – letztere hatte die Veloring-Vorlage im Grossen Rat noch mehrheitlich unterstützt – von diversen Basler Medien.

Aufschrei in den Medien

Den Anfang machte dabei für einmal nicht etwa die «Basler Zeitung», die noch mit schier überschäumender Freude auf das klare Nein zum Veloring reagiert hatte, sondern die «bz Basel».

Als «politisches Velo-Rowdytum» bezeichnete dort der Kommentator die Tatsache, dass die Basler Regierung nur gerade zwei Wochen nach dem Volksentscheid ein Grundsatzpapier vorlege, «in dem dieses Votum nicht nur mit Füssen getreten, sondern auch mit keinem Wort erwähnt wird». Ähnlich äusserten sich in der Zeitung diverse bürgerliche Basler Politiker.

Die «Basler Zeitung» liess ihren Rundumschlag einen Tag später folgen. Als «Arroganz der Macht» bezeichnete der Kommentator das Vorgehen und fordert eine Diskussion über eine «pragmatische Verkehrspolitik» und dies «unter Ausschluss von Hans-Peter Wessels». So weit gehen nicht einmal die bürgerlichen Grossräte und Autolobbyisten, die in der Zeitung ebenfalls ausführlich zu Wort kommen.

Gespielte Empörung

SVP-Grossrats-Frischling Pascal Messerli trägt die Empörung mit einer Interpellation nun auch noch ins Kantonsparlament. Wie der BaZ-Kommentator regt auch er an, dass der Gesamtregierungsrat dem eigentlich zuständigen Departementsvorsteher das Verkehrsdossier entziehen möge. Um dann zur eigentlichen Quintessenz zu kommen:

«Wann wird, angesichts der Dringlichkeit und der Ungleichbehandlung der Verkehrsträger, ein ‹Masterplan Auto› erstellt, welcher auch auf die Bedürfnisse von Autofahrenden eingeht und berücksichtigt?»

Hiermit ist formuliert, worum es den bürgerlichen Politikern wirklich geht, nämlich darum, das Steuer von der Velo- zur Autopolitik umzureissen. Die Empörung über den Masterplan Velo dürfte mehr oder weniger gespielt sein, denn auch die Autolobbyisten wissen, dass der Masterplan Velo lediglich ein Planungspapier ist – übrigens eines, das auf einen Vorstoss im Grossen Rat zurückgeht.

Es ist ein Planungspapier, das im Teilrichtplan Velo aus dem Jahr 2014 längst angedachte Projekte bündelt und in Prioritätsstufen unterteilt. Mehr nicht. Für die neu aufgelegte Zollibrücke müsste ebenso zuerst ein konkretes Projekt ausgearbeitet und dem Grossen Rat vorgelegt werden wie für die neuen Veloparkings beim Badischen Bahnhof und beim Bahnhof SBB.

Die Sevogelbrücke über den Rhein, die von den empörten Politikern mehrfach als Beispiel für die «Missachtung des Volkswillens» genannt wird, ist im Masterplan übrigens lediglich als Idee aufgeführt. «Der innere Ring kann durch die Sevogelbrücke ergänzt werden.» Mehr steht im Masterplan Velo nicht darüber.

Motorisierte Prioritäten

Wenn die Abstimmungssieger sich unmittelbar nach der Veloring-Schlappe noch «Augenmass und Kompromissbereitschaft» (LDP-Medienmitteilung) ausgesprochen haben, scheinen sie sich nur für ein Moratorium der Veloförderung auszusprechen. In einem Bericht auf «Telebasel» hat FDP-Vizepräsident Daniel Seiler bereits eine ganze Reihe an Verkehrsprojekten aufgezählt, die nun höchste Priorität erhalten sollten: «Wir reden über die nötige Umfahrung Rheinfelden, wir reden vom Gundeli-Tunnel oder von einer Ring-Autobahn.»

Der ominöse Gundeli-Tunnel, ein weit über 50 Jahre altes und rund 600 Millionen Franken teures Projekt aus einer Zeit, als in Basel der Autoverkehr tatsächlich noch erste Priorität hatte, steht auch bei Autolobbyisten aus dem Baselbiet weit oben auf der Wunschliste. Baselland hatte den Gundeli-Tunnel in seiner «Entwicklungsplanung Leimental-Birseck-Allschwil» (Elba) als Teilstück einer neuen Südtangente wieder aus der Versenkung geholt. Die Vorlage erlitt 2015 aber an den Abstimmungsurnen eine deutliche Abfuhr.

Volksentscheid korrigieren

Übrigens tun sich auch bürgerliche Politiker schwer damit, Volksentscheide in Sachen Verkehrspolitik zu akzeptieren. So hat der Gewerbeverband kürzlich erst eine Gesetzesinitiative eingereicht mit der Forderung, jene Bestimmung aus dem Umweltschutzgesetz zu streichen, wonach der Kanton das Aufkommen des privaten Motorfahrzeugverkehrs bis zum Jahr 2020 um mindestens zehn Prozent reduzieren muss.

Diese Bestimmung gelangte einst ebenfalls per Volksabstimmung ins Gesetz. Das war 2010, als die Basler Stimmbürgerinnen und Stimmbürger Ja sagten zum Gegenvorschlag zur sogenannten Städteinitiative.

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