Die Linken gewinnen, die LDP ebenfalls. Die übrigen Bürgerlichen stagnieren oder verlieren – und zeigen sich darüber «sehr enttäuscht».
Im Saal San Francisco der Messe Basel liegen die Emotionen meilenweit auseinander: «Ich freue mich wie ein kleines Kind», ruft SP-Grossrat Tim Cuénod nach der Bekanntgabe der ersten Zwischenresultate. Am Tisch der Grünliberalen direkt daneben herrscht betretenes Schweigen. «Ich bin sehr enttäuscht», sagt Katja Christ, die um ihren Sitz im Grossen Rat bangt.
Das Zwischenresultat der brieflich Wählenden zeigt: Die Gewinner im Grossen Rat könnten LDP (plus 5), SP (plus 1) und Grüne (plus 1) werden. Die Verlierer heissen nach den ersten Zwischenresultaten: FDP (minus 2), Grünliberale (minus 2), CVP (minus 1). Die SVP stagniert. Im Regierungsrat könnten die Linken ihre vier Sitze halten. Es sieht danach aus, dass Elisabeth Ackermann (Grüne) die Nachfolge von Guy Morin antreten könnte.
Ackermanns Kontrahent, der bisherige Regierungsrat Baschi Dürr (FDP), liegt momentan 1500 Stimmen hinter ihr. Das sorgt für Frust bei der FDP. Der Präsident, Luca Urgese, sagt: «Ich bin sehr enttäuscht über das Resultat – es ist nicht das Resultat, wofür wir gekämpft haben.»
Als Grund für das schlechte Abschneiden seines Regierungsrats Baschi Dürr meint er: «Als Vorsteher des Justiz- und Sicherheitsdepartements ist man immer stark der Kritik ausgesetzt. Aber offensichtlich hat ihm die Dienstwagen-Affäre-Kampagne der BaZ geschadet.»
Die SVP konnte mit ihrem Kandidaten Lorenz Nägelin ebenso wenig punkten. Er liegt trotz intensiver Medienpräsenz in der BaZ hinter der BastA!-Kandidatin Heidi Mück, die im Wahlkampf nur wenig Air-Time in den Medien erhielt.
SVP gibt Umfrage die Schuld
Schuld am Abschneiden der SVP sei die Umfrage der TagesWoche und der «bz Basel», sagt Parteichef und Nationalrat Sebastian Frehner: «Wenn eine Umfrage der SVP Gewinne voraussagt, dann mobilisiert das auf der anderen Seite.» Ein Rücktritt, wie es Christoph Blocher im Wahlkampf forderte, sei im Moment kein Thema für ihn. «Ich fühle mich nicht unter Druck gesetzt.»
Joël Thüring, der SVP-Wahlkampfleiter, sagt: «Ich bin zuversichtlich, dass die bürgerliche Mobilisierung im zweiten Wahlgang besser gelingen wird.» Ob Nägelin dann nochmal antritt, will Thüring noch nicht sagen.
Mobilisierung – das ist das Wort, mit dem viele Linke ihren Teilerfolg erklären. Denn die SP rief in der Woche vor den Wahlen potenzielle Wählerinnen und Wähler an, um sie noch zur Urne zu bewegen. SP-Nationalrat Beat Jans sagt: «Bei einer tiefen Wahlbeteiligung kann das einen entscheidenden Einfluss haben.»
Die bisherige SP-Finanzdirektorin Eva Herzog, die wohl mit einem Glanzresultat gewählt wird, ist sich sicher, dass auch SP-Sorgenkind Hans-Peter Wessels noch im zweiten Wahlgang gewählt wird. Wessels selbst will diesen zweiten Wahlgang zuversichtlich angehen, wie er im TagesWoche-Video erklärt.
Der grosse Sieger ist nach den bisherigen Resultaten die LDP. Die Parteipräsidentin Patricia von Falkenstein zeigt sich «sehr überrascht» über das gute Abschneiden, obwohl die Umfragen im Vorfeld auf ein Glanzresultat hindeuteten. Ihr Kandidat für die Regierung, Conradin Cramer, schnitt zwar nicht so gut ab, wie es die Umfrage der TagesWoche und «bz Basel» voraussagte, könnte die Wahl aber noch im ersten Wahlgang schaffen.
Überrascht ist auch Harald Friedl, Co-Präsident der Grünen Partei, über das gute Abschneiden seiner Partei. Er rechnete eher mit Stagnation oder Verlusten. «Ich bin in erster Linie glücklich, dass der prognostizierte Rechtsrutsch offensichtlich ausbleibt. Die Basler SVP scheint ihr Potenzial bei den letzten Wahlen ausgeschöpft zu haben.»
Bei den Grünliberalen herrscht hingegen Ratlosigkeit darüber, dass die Partei wohl zwei Sitze im Grossen Rat verlieren wird. Die Parteichefin Katja Christ sieht ihre Partei im Gegenwind – obwohl die nationalen Trends für die GLP nach oben zeigen: «Was wir hier sehen, ist wohl eine Basel-spezifische Zeiterscheinung.» Denn man werde wohl trotz einer «extrem starken Liste» Verluste einfahren.
CVP-Parteikurs funktioniert nicht
Die CVP-Präsidentin Andrea Strahm erklärt den Sitzverlust ihrer Partei so: «Wir leiden unter dem nationalen Trend. Die CVP muss sich neu orientieren. Wir müssen uns Angela Merkel als Vorbild nehmen, bei der man nicht mal mehr merkt, dass sie ein ‹C› im Parteinamen führt. Wir müssen uns durch Konsenspolitik auszeichnen. Was Gerhard Pfister (Präsident CVP-Schweiz) versucht, funktioniert nicht. Er will die verbreitete Abneigung gegenüber Moslems nutzen, aber diese Leute wählen SVP.»
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