Bürki oder Weidenfeller – der «entspannte» Torhüter-Kampf bei Dortmund

Borussia Dortmunt startet in die Saison. Die grosse Frage vor dem Europa-League-Qualifikationsspiel ist noch immer: Wer wird die Nummer 1 im Tor? Platzhirsch Roman Weidenfeller oder der Mann für die Zukunft: Roman Bürki. Die Nase vorne hat der Schweizer.

Borussia Dortmund's new coach Thomas Tuchel reacts during their friendly soccer match against Kawasaki Frontale as part of Borussia Dortmund's Asia Tour in Kawasaki, south of Tokyo, Japan, July 7, 2015. REUTERS/Yuya Shino

(Bild: YUYA SHINO)

Borussia Dortmunt startet in die Saison. Die grosse Frage vor dem Europa-League-Qualifikationsspiel ist: Wer wird die Nummer 1 im Tor? Platzhirsch Roman Weidenfeller oder der Mann für die Zukunft: Roman Bürki. Die Nase vorne hat der Schweizer.

Eine stolze Serie opulent inszenierter Abschiede liegt hinter Borussia Dortmund, Jürgen Klopp und seine Assistenten wurden ausgiebig mit Dank überschüttet, Sebastian Kehl ebenfalls, später gab es dann noch geräuschlosere Abgänge wie die von Mitchell Langerak oder Ciro Immobile. Und als das letzte Spiel der vergangenen Bundesligasaison beendet war, haben sich gewissenhafte Fans vorsorglich auch von Roman Weidenfeller verabschiedet.

Viele Experten rechneten fest mit einem Wechsel, doch nun geht die Sommerpause zu Ende, und Weidenfeller ist immer noch da. Wobei am heutigen Abend mit der Europa-League-Qualifikationspartie gegen den Wolfsberger AC (20:30 Uhr auf Sport1), in der der BVB einen 1:0-Vorsprung aus dem Hinspiel verteidigen muss, erneut ein potenziell letztes Spiel des 34-Jährigen für die Borussia ansteht.

Weidenfellers Zukunft liegt nämlich nach wie vor im Dunkeln. Bleibt er Dortmunds Nummer Eins? Wird er zum Ersatzmann? Darf er in bestimmten Wettbewerben spielen? Oder findet er doch noch einen neuen Klub?

«Ich bin da sehr entspannt und äusserst zufrieden mit den Leistungen aller Torhüter», sagt der neue Trainer Thomas Tuchel zu dem sensiblen Thema. Klar ist nur, dass Weidenfeller gegen Wolfsberg spielen darf, bevor spätestens in der kommenden Woche entschieden wird, wer Dortmunds Stammtorhüter für die neue Saison sein soll. Und vieles spricht dafür, dass Tuchel Roman Bürki, der im Sommer für 3,5 Millionen Euro vom SC Freiburg ins Revier wechselte, zur offiziellen Nummer Eins erklären wird.

Bürki verkörpert den perfekten Tuchel-Torhüter.

Zwar böte sich die Möglichkeit, Weidenfeller in seinem 14. Jahr beim BVB einen einigermassen würdigen Ausstieg zu bescheren und den verdienten Keeper zumindest in den Pokalwettbewerben aufzustellen. Das Modell der Arbeitsteilung, das bekanntlich beim FC Barcelona mit Claudio Bravo und Marc-André ter Stegen gut funktionierte, wäre im Falle des BVB aber viel weniger schlüssig.

In Dortmund wäre ein solches Vorgehen ein Abschiedsgeschenk an einen alternden Helden, hier ist völlig klar, wer das schwarz-gelbe Torwartspiel der Zukunft prägen soll: Bürki, der überdies den perfekten Tuchel-Torhüter verkörpert.

Der Schweizer spielt hoch intelligent, er genoss bei den Young Boys Bern und bei GC Zürich eine brillante Ausbildung und ist extrem lernwillig. Ausserdem hat Tuchel die Qualität des Ballbesitzes zu einer der wichtigsten Baustellen seines BVB-Projektes erklärt, und auf diesem Gebiet ist Bürki Weidenfeller eindeutig überlegen.



Dortmund's goalkeeper Roman Buerki, front, and Juventus' Mario Mandzukic, back, fight for the ball during the friendly game between Borussia Dortmund and Juventus Turin in the AFG-Arena in St. Gallen, Switzerland, Saturday, 25 July 2015. (KEYSTONE/Eddy Risch)

Traut sich auch unter Druck mehr mit dem Ball zu, als einfach wegschlagen: Roman Bürki wird für seine fussballerischen Qualitäten geschätzt. (Bild: EDDY RISCH)

«Ich bin ein Torwart, der gerne mitspielt, der den Ball gerne am Fuss hat, der keine Angst hat, mal einen Fehlpass zu spielen, der auch mal ein Risiko eingeht», sagt der 24-Jährige. Und die Konkurrenz zu Weidenfeller, der ebenfalls noch ein hervorragender Bundesligatorhüter ist, kommentiert er demonstrativ gelassen. «Ich wusste ja, was auf mich zukommt, als ich den Vertrag unterschrieben habe war ja sogar Mitch Langerak noch da», sagt Bürki.

Die entspannte Lage ist Maskerade

Allerdings galt es damals noch als wahrscheinlich, dass Weidenfeller den Klub verlässt. Aber bisher waren die Angebote, die angeblich aus England und der Türkei eingereicht wurden, nicht verlockend genug für Weidenfeller, der sich offenbar vorstellen kann, seinen bis 2016 laufenden Vertrag als Ersatztorwart auszusitzen. Doch würde er vernünftig mit solch einem persönlichen Abstieg umgehen? Schon unter Klopp war Weidenfeller zwischenzeitlich auf die Bank verbannt worden, weil der ehemalige BVB-Trainer fand, «das Lächeln von Mitch» Langerak wirke positiv auf die kriselnde Mannschaft.



Dortmund's goalkeeper Roman Weidenfeller, left, and Juventus' Alvaro Morata challenge for the ball during the Champions League round of 16 second leg soccer match between Borussia Dortmund and Juventus Turin on Wednesday, March 18, 2015 in Dortmund, Germany. (AP Photo/Martin Meissner)

Augen zu und durch? Roman Weidenfeller scheint sich auch mit der Ersatzrolle abzugeben und seinen Vertrag auszusitzen, obwohl er als «Platzhirsch» gilt. (Bild: MARTIN MEISSNER)

Und ganz so entspannt, wie alle tun, ist der Wettstreit um den Platz zwischen den Pfosten natürlich keineswegs. Bürki ist ein extrem ehrgeiziger Sportler und Weidenfeller ist der «Platzhirsch», wie Tuchel sagt, ein stolzer Mann, für den eine Versetzung auf die Bank zweifellos eine demütigende Seite hätte. In der Vorbereitung bekamen beide gleich viel Spielzeit, auch weil Tuchel sehr darauf bedacht ist, seine Erneuerungsmassnahmen mit grosser Behutsamkeit einzuführen. Immerhin arbeiten die beiden Torhüter auf dem Trainingsplatz sehr professionell zusammen.

Zwar schweigt Weidenfeller zum Ringen um den Stammplatz, aber Bürki sagt: «Wir gehen sehr kollegial und sportlich miteinander um. Natürlich kommen ein paar Sprüche von ihm und von mir, es ist so wie es sein muss.» Der Herausforderer strahlt eine grosse Gelassenheit aus, die Zukunft gehört ohnehin ihm. Vor allem deshalb ist es eher unwahrscheinlich, dass Tuchel diesem Mann erstmal die Rolle als Ersatzmann zuweist.

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Der Kader des BVB in der Übersicht:

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