Bundesrat lehnt Wiedereinführung des Botschaftsasyls ab

Der Bundesrat lehnte am Donnerstag die Wiedereinführung des Botschaftsasyls auf europäischer Ebene ab. Das sei ein «Affront», sagt Nationalrätin Silvia Schenker.

Bis vor Kurzem konnten Menschen auf der Flucht einen Asylantrag auf einer Schweizer Botschaft stellen.

(Bild: Nils Fisch)

Der Bundesrat lehnte am Donnerstag die Wiedereinführung des Botschaftsasyls auf europäischer Ebene ab. Das sei ein «Affront», sagt Nationalrätin Silvia Schenker.

Auf der Schweizer Vertretung im Ausland ein Formular ausfüllen und damit Asyl in der Schweiz beantragen – das ging bis vor Kurzem für Menschen auf der Flucht. Sie konnten so mit einem Visum über sichere Wege in die Schweiz einreisen, sofern sie Chancen auf einen Flüchtlingsstatus hatten.

Mit der letzten Asylrevision (2013) wurde das Botschaftsasyl jedoch abgeschafft. Die Schweiz war das letzte Land in Europa, die das Botschaftsasyl aufrechterhalten hatte. Das Argument vor der Asyl-Abstimmung hiess denn auch, die Schweiz dürfe diese Möglichkeit nicht als einziges Land anbieten, da die Asylzahlen ansonsten steigen würden.

Auch SVP-Politiker unterzeichnete Forderung

Im Mai 2015 brachte die SP-Nationalrätin Silvia Schenker das Botschaftsasyl neu aufs Tapet. In einer Motion fordert sie den Bundesrat auf, sich für die Wiedereinführung dieses Verfahrens auf europäischer Ebene einzusetzen. Die Motion unterzeichneten neben Vertretern der SP und Grünen auch bürgerliche Politiker wie der FDP-Nationalrat Kurt Fluri und SVP-Asylhardliner Hans Fehr.

Sie forderten den Bundesrat gemeinsam auf, die Bemühungen für ein Botschaftsasyl auf europäischer Ebene zu verstärken. Das heisst, der Bundesrat sollte sich bei seinen europäischen Partnern aktiv um das Botschaftsasyl bemühen und «alles dafür tun, dass schutzbedürftige Menschen keine lebensgefährlichen Wege auf sich nehmen müssen», sagt Schenker. «Gerade in der jetzigen Situation wäre die Chance gross gewesen, dass sich auf europäischer Ebene etwas bewegt.»

Der Bundesrat lehnte die Motion am Donnerstag ab. Seine Begründung: Die Wiedereinführung auf Ebene der EU sei zurzeit «unrealistisch». Es gebe bereits Massnahmen, die Schutzbedürftigen die legale Einreise erleichtern. Zum Beispiel Visaerleichertungen für Syrer.

«Die Stimmung in der Bevölkerung kippt. Dies könnte man nutzen, um mit der EU griffige Massnahmen durchzusetzen.»

SP-Nationalrätin Silvia Schenker

Für Schenker, die sich seit Jahren für die Rechte von Flüchtlingen einsetzt, ist diese Antwort ein «Affront». Gerade deshalb, weil eine breite Allianz ihr Anliegen unterstützte. «Die Stimmung in der Bevölkerung kippt, auch auf europäischer Ebene ist etwas in Gange – dies könnte man nutzen, um mit der EU griffige Massnahmen durchzusetzen», sagt sie.

Auch der Migrationsexperte Alberto Achermann sieht heute bessere Chancen für ein Botschaftsasyl auf europäischer Ebene als noch vor einigen Jahren. Dennoch hält Achermann den Vorschlag für wenig realistisch. «Das Botschaftsasyl wird seit etwa 20 Jahren auf europäischer Ebene diskutiert und hatte bislang keine Chancen auf Erfolg.»

Die Stossrichtung der EU sei momentan eine andere, so Achermann. EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker spricht derzeit über Asyl-Aufnahmezentren an den EU-Aussengrenzen, von Botschaftsasyl lässt er nichts verlauten.

Botschaftsasyl auf nationaler Ebene hat kaum Chancen

Ein weiterer Versuch, das Botschaftsasyl wiedereinzuführen, ist bereits in Arbeit. Nächsten Mittwoch behandelt der Nationalrat die Revision des Asylgesetzes, Schenker hat dort einen Antrag gestellt, das Botschaftsasyl auf nationaler Ebene wieder einzuführen.

Dieser Antrag wird kaum Chancen haben. Denn genau das lehnte die Stimmbevölkerung bereits 2013 an der Urne ab.

Nächster Artikel