Bundesrat will Schutzklausel: In der Region Basel kommt das gut an

Seit fast zwei Jahren arbeitet der Bundesrat an der Umsetzung der Masseneinwanderungsinitiative. Nun präsentiert er erstmals ein fast konkretes Konzept.

Umsetzung Masseneinwanderungsinitiative: Bundesrätin Simonetta Sommaruga und Bundesrat Didier Burkhalter sind der Lösung einen Schritt näher.

(Bild: PETER SCHNEIDER)

Seit fast zwei Jahren arbeitet der Bundesrat an der Umsetzung der Masseneinwanderungsinitiative. Nun präsentiert er erstmals ein fast konkretes Konzept.

Der Begriff geistert seit etwa einem Jahr durch das Parlament und die Konferenzzimmer der Schweizer Wirtschaftsverbände: Schutzklausel. Nun sieht auch der Bundesrat darin die Lösung zur Umsetzung der Masseneinwanderungsinitiative (MEI).

Wie diese Schutzklausel funktionieren soll, ist derweil grösstenteils noch unklar. Fest steht: Es soll eine kritische Einwanderungsschwelle definiert werden. Sobald diese erreicht ist, werden ab dem folgenden Kalenderjahr vorübergehend Kontingente für Zuwanderer aus der EU eingesetzt.

Die Schwelle wird von einer extra dafür eingesetzten Zuwanderungskommission festgelegt und soll sich am gesamtwirtschaftlichen Interesse orientieren, so wie es der Verfassungsartikel zur MEI vorsieht.

SVP will «massive Reduktion der Zuwanderung»

Wie stark die Zuwanderung dadurch begrenzt wird, das konnte Bundespräsidentin Simonetta Sommaruga an der Medienkonferenz am Freitagnachmittag nicht beantworten. Diese Frage hätten die Initianten auch explizit ausgeklammert, so Sommaruga.

Die SVP monierte indes, die Schutzklausel müsse zu «einer massiven Reduktion der Zuwanderung» führen, ansonsten sei sie toter Buchstabe.

Derzeit befindet sich der Bundesrat noch im Gespräch mit Brüssel. Er hofft, dass die EU die Schutzklausellösung akzeptiert. Ansonsten müsse der Bundesrat zu einem Plan B greifen. Nämlich eine einseitige Schutzklausel einführen, welche die Kündigung der bilateralen Verträge durch die EU zur Folge haben könnte.

Kündigung der Bilateralen ab 2018 möglich

Diesen Plan B will der Bundesrat parallel zu den Gesprächen mit der EU erarbeiten. Im März 2016 soll dann die Botschaft erlassen werden. Das Parlament wird also voraussichtlich noch im kommenden Jahr über das revidierte Ausländergesetz entscheiden.

Angenommen, das neue Ausländergesetz würde 2017 in Kraft treten, so könnten frühestens 2018 Kontingente eingeführt werden, die zu einer Kündigung der Bilateralen I führen könnten – sofern die EU die Schutzklausel nicht akzeptiert.

Zwei Studien, die dem Bundesrat am Freitag präsentiert wurden, zeigen den Wert der Verträge. Bis 2035 würde das Bruttoinlandprodukt zusammengerechnet 460 bis 630 Milliarden Franken tiefer ausfallen, wenn die bilateralen Verträge I gekündigt würden. Das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) sieht deshalb «bedeutende negative Auswirkungen» bei einem Wegfall ab 2018.

Brutschin sieht Schutzklausel «grundsätzlich positiv»

Der Kanton Basel-Stadt wies im Vorfeld auf die Bedeutung der bilateralen Verträge und insbesondere die Bedeutung der Grenzgängerinnen und Grenzgänger hin. Regierungsrat Christoph Brutschin (SP) steht der Schutzklausel denn auch «grundsätzlich positiv» gegenüber.

Wichtig sei, dass man bei den «Grenzgängern nicht unter den bisherigen Bestand» gehe. Das sei mit der Schutzklausel so gut wie sichergestellt.

Auch der Direktor der Handelskammer beider Basel, Franz Saladin, bewertet die Schutzklausel als gute Lösung. Wichtig sei jedoch, dass die Höhe der Schwelle mit Einbezug der Wirtschaft definiert werde. «Denn diese Frage ist letztendlich entscheidend.»

Wichtigste Frage bleibt ungeklärt

Saladin hofft auch, dass die Grenzgänger von den möglichen Kontingenten ausgeschlossen werden. «Eine sinnvolle Regelung wäre, wenn die Kantone eigenständig darüber entscheiden könnten, ob Grenzgänger zu den Kontingenten gezählt werden oder nicht.»

David Weber, Sprecher des Basler Gewerbeverbands, teilt diese Forderung. Er sieht zudem die Gefahr, dass KMU gegenüber Grosskonzernen benachteiligt werden, wenn Kontingente vergeben würden: «Das darf nicht passieren.»

Mit dem Entscheid des Bundesrats ist die konkrete Umsetzung der Masseneinwanderungsinitiative in greifbare Nähe gerückt. Viele Fragen bleiben indes noch offen. Um die wichtigste Frage, nämlich wie hoch die Zuwanderung nach dem Inkrafttreten sein soll, drücken sich indes weiterhin alle Vertreter.

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