Busers Abrechnung mit kritischen Medien

Wirtschaftskammer-Direktor Christoph Buser geht mit juristischen und wirtschaftlichen Mitteln gegen Medienhäuser vor. In der «bzbasel» liess er eine Anzeigekampagne streichen, beim SRF-Regionaljournal liegen Konzessionsbeschwerden vor. Die «bzbasel» erwartet weitere Strafaktionen des bei den Wahlen gescheiterten FDP-Politikers.

Strippenzieher in der Baselbieter Politik: Christoph Buser, Direktor der Wirtschaftskammer.

(Bild: Basile Bornand)

Wirtschaftskammer-Direktor Christoph Buser geht mit juristischen und wirtschaftlichen Mitteln gegen Medienhäuser vor. In der «bzbasel» liess er eine Anzeigekampagne streichen, beim SRF-Regionaljournal liegen Konzessionsbeschwerden vor. Die «bzbasel» erwartet weitere Strafaktionen des bei den Wahlen gescheiterten FDP-Politikers.

Am letzten Septembertag lachte Christoph Buser den Lesern der «bzbasel» ein letztes Mal ins Gesicht. Danach ward der sonnengetauchte Frohsinn des FDP-Ständeratskandidaten im Blatt nicht mehr gesehen. Buser hatte zu diesem Zeitpunkt auch nicht mehr viel zu lachen. Wochenlang hatten die regionalen Medien über fragliche Deals und mutmasslich frisierte Abrechnungen im Umfeld der Baselbieter Wirtschaftskammer berichtet, deren Direktor Buser ist.

Statt die Vorgänge aufzuklären, erhöhte Buser den Druck auf seine Kritiker. Die «bzbasel», obwohl nie an vorderster Front der Enthüllungen, erreichte am 5. Oktober ein Schreiben des Instituts für Wirtschaftsförderung AG (IWF), einer Tochtergesellschaft der Wirtschaftskammer, die von Buser beauftragt worden war, seinen Wahlkampf zu organisieren

Geld, das in der Kasse fehlt

Darin meldet die IWF, keine weiteren Inserate zur Ständeratskampagne Busers in der «bzbasel» und dem Pendant auf dem Land der «Basellandschaftlichen Zeitung» zu schalten. Wörtlich heisst es: «Wir sind im Rahmen der Planung der verbleibenden Kampagnenressourcen zum Entschluss gelangt, auf diese Schaltungen zu verzichten. Dies, weil es keinen Sinn macht, in einer Zeitung zu inserieren, die in den letzten Wochen wiederholt ruf- und geschäftsschädigende, nicht korrekt abgestützte Berichte gegen unser Haus veröffentlicht hat.»

Der Boykott kostet den Verlag mehrere Tausend Franken. «Es ist nicht so, dass wir deswegen untergehen, aber es ist am Ende des Monats natürlich Geld, das in der Kasse fehlt», kommentiert Chefredaktor Matthias Zehnder den Anzeigenstopp.

«Persönlich wundert mich die Empfindlichkeit sehr.»

Matthias Zehnder, Chefredaktor «bzbasel» 

Zehnder zeigt sich befremdet von Busers Vorgehen: «Persönlich wundert mich die Empfindlichkeit sehr. Die Wirtschaftskammer hat jegliche kritische Berichterstattung weit von sich gewiesen, mit dem Argument, das sei alles Wahlkampf. Ich frage mich aber, wann man denn genauer hinschauen soll, wenn nicht dann, wenn sich jemand um ein öffentliches Amt bewirbt.»

Nervös ist man im Verlag, weil nicht nur Busers Wahlkampagne in den Händen der IWF lag, sondern die Firma zumindest noch einen weiteren wichtigen Kunden betreut: das Kantonsspital Baselland. Zweimal lag bislang die Spitalbeilage «Visite» der «bzbasel» bei, nun wurde seitens der «bzbasel», die ein Teil des Medienkonzerns AZ Medien ist, eine Offerte eingereicht für eine dritte Ausgabe.

«Wir entscheiden unabhängig von politischen Befindlichkeiten.»
Christine Frey, Sprecherin KSBL 

Aber auch die «Basler Zeitung» ist im Rennen um Druck und Verbreitung der lukrativen Beilage. Obwohl die Abwicklung der Publikation laut «bzbasel» jeweils zwischen Verlag und Spital vonstatten geht, ist die IWF als Mittlerin dazwischen geschaltet, an sie werden auch die Rechnungen gestellt.

Christine Frey, Sprecherin des Kantonsspitals (KSBL), sagt auf Anfrage, sie habe vom Boykott nichts gewusst. Frey ist Präsidentin der Baselbieter FDP. Das KSBL sei nicht involviert in den Anzeigenboykott: «Wir entscheiden selbstständig und unabhängig von politischen Befindlichkeiten, in welchen Verlagshäusern wir unsere Inserate und Zeitungsbeilagen schalten.»

Ende des Boykotts?

Daniel Schindler, Sprecher der Wirtschaftskammer, sagt, dass es sich nicht um einen Boykott gehandelt habe*. Die Massnahme habe sich auch nur auf die «bzbasel» beschränkt: «Mit einem Boykott der AZ-Mediengruppe insgesamt hat das nichts zu tun. Die in den Wochenblättern (die meisten sind Teil der AZ-Gruppe) gebuchten Inserate sind weitergelaufen.»

Ebenfalls unter Druck gesetzt wurde das SRF-Regionaljournal. Dort griffen Buser und sein Vorgänger Hans Rudolf Gysin zu juristischen Mitteln. Zur bereits bekannten einen Konzessionsbeschwerde haben sich zwei weitere gesellt. Die erste trug den Absender des Rechtskonsulenten der Wirtschaftskammer.

Bereits die dritte Konzessionsbeschwerde

Die anderen beiden entstammen der von Kanton und Bund alimentierten Schwarzarbeitskontrollstelle ZAK und der zum Wirtschaftskammer-Konzern zählenden Firma AMS. AMS erbringt zahlreiche Dienstleistungen für die ZAK und steht im Fokus der Enthüllungen. Die dritte Beschwerde wurde erst vergangenen Freitag eingereicht. Ob sie berechtigt waren, entscheidet in den nächsten Wochen SRG-Ombudsmann Achille Casanova.

Die mutmasslichen Skandale, die im Umfeld des mächtigen KMU-Verbands aufgedeckt wurden, lassen sich damit kaum aus der Welt schaffen. Vorgänge aus der Geschäftsbeziehung zwischen ZAK und AMS beschäftigen mittlerweile die Baselbieter Staatsanwaltschaft und die eidgenössische Finanzkontrolle.

Buser seinerseits hätte die Inseratekampagne womöglich besser weiterlaufen lassen: Am Sonntag verpasste er sowohl die Wahl in den Stände- wie auch in den Nationalrat.

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* siehe dazu Anmerkung in der Artikelgeschichte auf der Rückseite des Artikels. 

Artikelgeschichte

22.10.2015, 09.30 Uhr:

Präzisierung: Es hat sich um die Inserate der Ständeratskampagne Christoph Busers gehandelt. Zudem bestreitet die Wirtschaftskammer in einer E-Mail, dass es sich bei ihrer Massnahme um einen Boykott gehandelt hatte. Mediensprecher Daniel Schindler teilt als Reaktion auf den Artikel der TagesWoche mit:

«Korrekt ist: Daniel Schindler stellte klar, dass es sich nicht um einen Boykott gehandelt hat, sondern dass die IWF AG aus finanziellen Überlegungen heraus feststellte, dass es keinen Sinn macht, Ständeratsinserate von Christoph Buser in einer Zeitung zu inserieren, die in den letzten Wochen wiederholt ruf- und geschäftsschädigende, nicht korrekt abgestützte Berichte veröffentlicht hat.»

Da es sich den Angaben der Wirtschaftskammer entsprechend also nicht um einen Boykott gehandelt habe, wäre dieser auch nicht für beendet zu erklären, wie in der ursprünglichen Version des Artikels dargestellt.

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