Cannabis-Konzept: Genf machts vor, Basel soll folgen

Der Genfer Soziologie-Professor Sandro Cattacin ist der Vater des Genfer Konzepts für Cannabis-Clubs: Bis Ende Jahr wollen die Westschweizer ein spruchreifes Konzept vorlegen. Basel, Bern und Zürich sollen folgen.

Der Grosse Rat spricht 100'000 Franken für eine Studie zum Cannabis-Konsum.

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Der Genfer Soziologie-Professor Sandro Cattacin ist der Vater des Genfer Konzepts für Cannabis-Clubs: Bis Ende Jahr wollen die Westschweizer ein spruchreifes Konzept vorlegen. Basel, Bern und Zürich sollen folgen.

Sie wären ein Novum in der Schweizer Kifferlandschaft: städtische Clubs, in denen offiziell Cannabis konsumiert werden darf. Eine kontrollierte Abgabe, staatlich abgesegnet, wo das Kiffen nicht nur geduldet, sondern erlaubt wäre. Eine legale Oase für die Liebhaber des Cannabis-induzierten Rausches. 

Das geht nicht ohne Einschränkungen. Der Staat soll Auflagen machen, was und wie konsumiert wird. Eine Bewirtschaftung des Marktes dürfte nicht stattfinden. Das sagen sogar die, die das Konzept dieser Clubs in der Schweiz vorantreiben: die Genfer. 

Seit 2013 arbeiten die Genfer an einer Strategie, die den Cannabis-Konsum in Vereinen oder Genossenschaften möglich machen soll. Die treibende Kraft dahinter ist Sandro Cattacin, Soziologie-Professor an der Uni Genf, forschend in den Bereichen Städtepolitik, Sozial- und Gesundheitspolitik, ökonomische Soziologie und Migrationspolitik. Cattacin leitet die Arbeitsgruppe des welschen Stadtkantons, er vertritt das Club-Konzept auch in der Öffentlichkeit und in den Medien.

Soziologieprofessor Sandro Cattacin leitet die Genfer Arbeitsgruppe für die Einführung von städtischen Hanf-Clubs. Die Gruppe macht vorwärts: Demnächst will sie ein Konzept beim Bundesamt für Gesundheit einreichen.

Soziologieprofessor Sandro Cattacin leitet die Genfer Arbeitsgruppe für die Einführung von städtischen Hanf-Clubs. Die Gruppe macht vorwärts: Demnächst will sie ein Konzept beim Bundesamt für Gesundheit einreichen. (Bild: LUKAS LEHMANN)

Bis Ende Jahr ein spruchreifes Konzept für Cannabis-Clubs

Und Cattacins Genfer Gruppe drückt aufs Tempo. «Wir beabsichtigen, auf Ende Jahr ein Konzept beim Bundesamt für Gesundheit vorzulegen», sagt Cattacin auf Anfrage. Inhaltlich könne er keine Angaben machen, das sei frühestens ab diesem Sommer möglich. Und es stelle sich nach wie vor die Frage: Wird Genf mit dem Konzept alleine nach Bern gehen – oder unterstützen andere Städte das Vorhaben?

Denn Genf steht nicht allein da. Seit Mitte des vergangenen Jahres existiert eine Arbeitsgruppe der Städte Genf, Basel, Bern und Zürich, in der Cattacin ebenfalls mitarbeitet. Von den vier Städten, die alle selbst mit einem Cannabis-Konzept liebäugeln, hat Genf bislang den ausgereiftesten Plan.

Unterstützung für ein gemeinsames Konzept der Städte kommt auch aus Basel. Philipp Waibel, Chef der Basler Gesundheitsdienste, vertritt den Standpunkt: Wenn die Arbeitsgruppe der Städte Aussicht auf Erfolg haben will, muss sie ein gemeinsames Konzept entwickeln.

Kontrollierte Drogenabgabe als grosse Ausnahme

Denn käme das Projekt beim BAG durch, würde es sich um eine grosse Ausnahme im Rahmen des Betäubungsmittelgesetzes handeln. Dieses behandelt den Cannabis-Konsum strikt als illegal. Die Genehmigung des Club-Konzepts wäre ein Durchbruch für die kontrollierte Drogenabgabe im sogenannten Freizeitbereich.

«Ein solches Pilotprojekt ist wie ein Experiment: Funktioniert es nicht, muss es abgebrochen werden», sagt Cattacin. Das Konzept sei in einigen Bereichen vergleichbar mit der kontrollierten Heroinabgabe, auch da erstritten sich die Kantone in den 1990er-Jahren eine Ausnahmebewilligung. «Der Druck ist aber ein anderer, hier geht es um den Konsum im rekreativen Bereich, aber auch darum, den Staat zu relegitimieren – ihm also eine andere Handhabe zu geben als Repression mit einem enormen Aufwand bei den Sicherheitskräften.»

Für die Genfer Gruppe um Cattacin ist auch klar: Es muss sich um ein Modell der Vereine oder Kooperativen handeln. Die Arbeitsgruppe, die sich auch aus progressiven und konservativen Politikern zusammensetzt, stelle sich auf den Standpunkt: Das sei kein Geschäft, das man vollends dem Staat oder dem Markt übergebe. Vielmehr soll der Staat eine Kontrollfunktion übernehmen.

Auch abhängig vom Wahlergebnis im Herbst

Die politische Landschaft ist derzeit zurückhaltend, eine weitere Revision des Betäubungsmittelgesetzes ist unwahrscheinlich. Deshalb auch der Versuch, Schlupflöcher der Gesetzgebung zu nutzen und beim BAG eine Sonderbewilligung zu erlangen.

Die Erfolgschancen hängen auch vom Ausgang der nationalen Wahlen im Herbst ab. «Erleben wir einen Rechtsrutsch, erfordert das Konzept deutlich mehr Überzeugungsarbeit», sagt Cattacin, das Projekt würde ausgebremst. Nach wie vor stellen sich wertkonservative Parteien – insbesondere grosse Teile der SVP – gegen jegliche Legalisierungsversuche im Bereich Cannabis.

Schaffen es die Städte allerdings, das Projekt durchzubringen, wäre zumindest der Weg frei für eine erste Entkriminalisierung und hin zu einer Sachdebatte über einen zeitgemässen Umgang mit dem Cannabiskonsum. 

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