Erst überraschte SVP-Grossrat Joël Thüring mit seiner Ankündigung, gemeinsam mit dem Baselbieter CVP-Mann Peter Müller eine Volksabstimmung zur Einführung des verschärften Hooligan-Konkordats in den beiden Basel zu lancieren. Dann setzte Thürings Parteikollege Heinrich Ueberwasser noch einen drauf.
Böse Zungen behaupten ja, damit kenne er sich aus, Heinrich Ueberwasser. Nun rät der Riehener SVP-Grossrat seinem Parteikollegen Joël Thüring in einem offenen Brief, doch einfach mal «etwas zu chillen».
Chillen, gemäss Duden ein Terminus der Jugendsprache mit der Bedeutung 1. sich nach einer Anstrengung erholen 2. sich abregen, soll Thüring, wenn es um schärfere gesetzliche Mittel gegen Fangewalt geht, also das Hooligan-Konkordat. Wie die «bz Basel» berichtet, will Thüring gemeinsam mit dem Baselbieter CVP-Landrat Peter Müller Unterschriften sammeln gehen für eine Volksinitiative zur Einführung des Konkordats in den beiden Basel.
Sowohl im Baselbiet wie auch im Stadtkanton war die Vorlage im Parlament gescheitert. Im Grossen Rat sprach sich eine Mehrheit von 69 gegen 13 Stimmen dagegen aus, im Landrat war die Ablehnung noch deutlicher (72 Nein zu 10 Ja). «Die ganze Schweiz macht mit – nur wir in der Region Basel stehen abseits und schauen in den Mond. Das kanns nicht sein», begründet Müller in der bz sein Vorpreschen.
Dem Basler Modell eine Chance geben
Thüring unterstützte im Grossen Rat entgegen der Hälfte der eigenen Fraktion erfolglos das Konkordat; er ist, um es mit den Worten Ueberwassers zu sagen, «trotz eines flammenden Plädoyers für eine Verschärfung des Hooligan-Konkordats klar gescheitert». Deshalb verordnet Ueberwasser eine ordentliche Dosis Chillen. Thüring solle doch erstmal dem Basler Modell eine Chance geben und bis Sommer 2016 abwarten, bevor er Bilanz ziehe.
«Wir haben nun in der Schweiz zwei verschiedene Modelle im Umgang mit Fussball- und Eishockey-Emotion. Eines appelliert etwas liberaler auch an die Selbstverantwortung und Sozialkompetenz der Menschen, die sich in ein Stadion begeben. Das ist das Basler Modell. Das andere Modell setzt auf scharfe Restriktion», schreibt Ueberwasser.
Thüring kann mit Ueberwassers Einwänden nicht viel anfangen. Der Mann will sich offenbar nicht abregen. Abzuwarten würde keinen Sinn ergeben, da es sowieso mehrere Jahre dauere, bis eine Volksinitiative zur Abstimmung gelangt. Und das Befragen des Volkes zum umstrittenen Fragen gehöre zu den ureigentlichen Mitteln der SVP.
Übel nimmt Thüring seinem Parteigefährten den offenen Brief nicht: «Mir ist das absolut wurst. So stalinistisch sind wir in der SVP nicht, zwei Meinungen verträgt es allemal – es geht ja nicht um den Beitritt in die EU.» Auch als Gegner des Konkordats könne man nicht gegen eine Volksabstimmung sein, glaubt Thüring. Es müsse im Interesse aller sein, wenn die Stimmbürger ihre Einschätzung abgeben könnten.
Schwierige Mittelsuche
Offen ist, wie das Duo Thüring–Müller Mittel und Leute auftreibt, um die nötigen Unterschriften zusammenzubekommen. In Basel-Stadt benötigt es 3000, im Landkanton 1500 gültige Unterschriften. Mehr als ein paar wenige Exponenten aus den bürgerlichen Parteien werden sich als Unterstützer nicht finden lassen, schon gar keine Partei, die geschlossen hinter dem Begehren steht. Das weiss auch Thüring, doch er ist zuversichtlich, die benötigten Ressourcen auftreiben zu können: «Wir werden Verbündete finden. Nächste Wochen wissen wir mehr.»
Die Chancen auf einen Erfolg an der Urne dürften intakt sein: In den Kantonen Zug und Zürich stimmten Mehrheiten von über 80 Prozent gegen Referenden, die sich gegen das Konkordat richteten.