Chinas Staatsführung hat vor wenigen Tagen die ersten Roboter-Polizisten vorgestellt. Die Cyber-Cops sollen zur Aufstandsbekämpfung und Terrorprävention eingesetzt werden. Die elektronischen Gesetzeshüter werfen allerdings ethische Fragen auf.
Roboter werden in den nächsten Jahren unser Zusammenleben verändern. In den Fertigungshallen grosser Autohersteller zurren Roboter bereits Schrauben fest und montieren Karosserieteile. In Amazons Logistikzentren sortieren sie Pakete. Und in japanischen Hotels begrüssen Roboter-Concierges Hotelgäste. In Fernost scheint es kulturell bedingt eine höhere Akzeptanz für Roboter zu geben.
Nun hat China auf einer High-Tech-Messe in Chongqing einen Roboter präsentiert, der zur Verbrechensbekämpfung eingesetzt werden soll: Polizeiroboter AnBot, 1,49 Meter hoch und mit 78 Kilogramm äusserst robust. Dieser soll nach einem Bericht der Staatszeitung «People’s Daily» eine «wichtige Rolle bei den Anti-Terrorismusmassnahmen und Aufstandsbekämpfung im Land spielen».
Eine Art Mann fürs Grobe
Der Roboter ist mit Sensoren ausgestattet, die dem menschlichen Gehirn, den menschlichen Augen und Ohren nachempfunden sind. Es mutet wie in dem Science-Fiction-Film RoboCop an. Der Cyber-Cop soll mit einer Geschwindigkeit von 1 km pro Stunde autonom in Gefahrenzonen patrouillieren und eine Höchstgeschwindigkeit von bis zu 18 km pro Stunde erreichen. AnBot soll acht Stunden am Stück arbeiten können. Viel leistungsfähiger sind auch die chinesischen Polizeibeamten nicht.
Bei einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung können die Beamten den elektrisch aufladbaren Roboter per Fernbedienung in die Gefahrenzone manövrieren. Ob der Cyber-Polizist über eine Schusswaffe verfügt, ist nicht bekannt. Er soll zunächst als Freund und Helfer fungieren. Menschen in Not können mit einem SOS-Button einen Notruf absetzen und so die Polizei alarmieren.
Der Roboter ist sozusagen der Mann fürs Grobe. Er verspürt keinen Schmerz, arbeitet unermüdlich – und vor allem: Er ist billiger. Abgesehen von den Herstellungskosten benötigt der Roboter lediglich Strom. Die US-Firma Knightscope hat vor zwei Jahren bereits einen ähnlichen Roboter (K5) entwickelt, der Polizisten bei der Arbeit unterstützen soll. Der K5 verfügt über eine 360-Grad-Kamera, eine Wärmebild-Kamera sowie ein Mikrofon, um öffentliche Plätze im Auge zu behalten und freie Flächen nach verdächtigen Aktivitäten abzusuchen. Man kann mit den elektronischen Gesetzeshütern viel Geld sparen. Knightscope will die Wachhüter zum Stundensatz von 6,25 Dollar vermieten.
Wen schützt AnBot? Und wer schützt ihn?
Die Produktion solcher Roboter könnte die Polizeiarbeit nachhaltig verändern. Ein Trupp robuster Roboter könnte zur Prävention in Brennpunkte geschickt werden, etwa in Slums oder Favelas, und dort Präsenz zeigen und Beweismaterial sammeln. Wird es brenzlig, können die Polizeikräfte aus Fleisch und Blut nachrücken und die Situation bereinigen.
Die Frage ist nur, ob die Roboter-Einheiten auch von der Bevölkerung so akzeptiert werden. Im Sommer 2015 zerstörten Vandalen den Roboter Hitchbot – eine infantile Konstruktion aus einem Eimer, Schwimmnudeln, Kinder-Gummistiefeln und einem Tablet-Computer, der im Rahmen eines wissenschaftlichen Versuchs per Anhalter quer durch die USA reisen sollte.
Bei einem Cyber-Polizisten dürfte der Empfang nicht gerade freundlicher ausfallen. Er würde schnell zur Zielscheibe von Randalierern und könnte Proteste weiter anheizen. Womöglich stellt der Hilfssheriff auch eine Konkurrenz für die chinesische Polizei dar. Gewalttätige Übergriffe auf Roboter wurden bereits in US-Krankenhäusern beobachtet.
Das Aufkommen von Robotern stellt die Gesellschaft vor ganz neue ethische und rechtliche Herausforderungen – speziell im Polizeirecht. Darf ein Roboterpolizist von der Schusswaffe Gebrauch machen? Wäre er mit Hoheitsgewalt beliehen? Dürfte er einen Menschen oder – etwas weiter gedacht – einen Roboter in einer Fabrik verhaften, wenn dieser gegen das Gesetz verstösst? Und was, wenn der Cyber-Polizist sich selbst nicht an Recht und Ordnung hält und Bürger schikaniert?
Da kommt noch mehr
In einem autoritären Staat wie China mögen solche Fragen weniger von Interesse sein. Doch vorstellbar wäre, dass solche Roboter auch in anderen Ländern zum Einsatz kommen. Die mexikanische Polizei setzt an der Grenze zu den USA Drohnen zur Überwachung ein. Roboter sind nicht gerade zimperlich im Umgang mit Menschen.
China testet derzeit auch eine Software, die mit der massenhaften Auswertung von Social-Media-Aktivitäten politische Proteste vorhersagen will. Das Regime will eine Art Echtzeit-Monitoring etablieren. Wo gärt es, wo rumort es? Proteste sollen so im Keim erstickt werden. Womöglich müssten die Roboterpolizisten dann gar nicht erst ausgesandt werden. Vielleicht wird man sie aber dennoch bald an öffentlichen Plätzen Chinas sehen – zur Abschreckung.