Christian Egeler (FDP) kehrt der Politik den Rücken zu – nicht ganz freiwillig. Eigentlich wäre er noch gerne Regierungsrat geworden. Dafür habe er aber zu wenig «gedrückt», sagt der 45-Jährige. Mit Egeler verliert der Grosse Rat einen seiner beliebtesten Politiker.
Das wars: Christian Egeler als FDP-Grossrat ist ab sofort Geschichte. Nach 12 Jahren im Grossen Rat hatte Egeler am Mittwoch seine letzte Sitzung – offenbar ganz ohne Abschiedsschmerz: «Etwas komisch finde ich es schon. Aber traurig bin ich nicht», sagt der 45-jährige Verkehrsingenieur.
Egeler hat im Dezember seinen vorzeitigen Rücktritt aus dem Grossen Rat bekannt gegeben. Dies, weil er Verkehrsleiter beim Bundesamt für Raumentwicklung wird. Der vierfache Vater hätte bei den Gesamterneuerungswahlen im Herbst wegen der Amtszeitbeschränkung auf vier Legislaturen ohnehin nicht mehr antreten dürfen. Also entschied er sich dafür, früher aufzuhören und dem nachrückenden Christian C. Moesch Platz zu machen.
Das sei auch gut so, sagt Egeler, der in seiner Partei immer wieder mit grünen Anliegen aus der Reihe tanzte. «Wenn man weiss, dass man ohnehin nicht nochmals antreten darf, dann ist man auch nicht wirklich motiviert, sich in neue Themen hineinzuarbeiten.» Er habe auch eine gewisse Amtsmüdigkeit festgestellt. «Irgendwann wiederholt sich alles. So habe ich genug von den ewigen Parkplatzdiskussionen dieser Stadt», sagt Egeler und lacht schelmisch – sein Markenzeichen. Das Schwarz-Weiss-Denken, wie er es bei Verkehrsthemen in letzter Zeit wieder vermehrt beobachten konnte, sei ihm zuwider. Es brauche Kompromissbereitschaft von beiden Seiten.
Grossratspräsidium als Highlight
Mit Egeler verliert der Grosse Rat einen seiner beliebtesten Politiker. Egeler gilt als witzig, locker und feierfreudig – er ist einer, der sich selber nicht zu wichtig nimmt, und mit dem man Pferde stehlen könnte. Wie beliebt Egeler im Parlament war, zeigte sich bei seiner Wahl zum Grossratspräsidenten im Januar 2014. Auf 91 von 92 gültigen Wahlzetteln stand sein Name – der einzige leere Zettel dürfte von Egeler selbst gekommen sein.
Egeler betrachtet das Grossratspräsidium als Highlight seiner politischen Karriere. «Das war ein sehr tolles Jahr», sagt er und denkt an den von ihm organisierten Banntag zurück. Mit diesem Anlass wollte er zeigen, an wie vielen Orten Stadt und Land formal getrennt sind, ohne dass man es im Alltag merkt – und warum die beiden Kantone fusionieren sollten. Geholfen hat es nicht: Die Prüfung einer Kantonsfusion wurde im September 2014 zwar von Basel-Stadt befürwortet, von Baselland aber abgelehnt.
«Irgendwann wiederholt sich alles. So habe ich genug von den ewigen Parkplatzdiskussionen dieser Stadt.»
«Ich trauere dem Nein zur Fusion heute noch nach. Die Abstimmung kam zu früh.» Egeler glaubt, dass der Zeitpunkt jetzt, nach dem 80-Millionen-Deal, besser gewesen wäre. Im Baselbiet sei das Bewusstsein mittlerweile mehr vorhanden, dass beide Kantone nur gemeinsam funktionieren könnten.
Im Grossen Rat wird Egelers Rücktritt mit Bedauern zur Kenntnis genommen. So sagt Dominique König-Lüdin (SP), die ab Februar neue Grossratspräsidentin ist: «Er war ein ausgleichender und ruhiger Grossrat – einer, der über die Parteigrenzen hinweg gut ankam.» Egeler sei bei Verkehrsthemen ein Brückenbauer zwischen den verhärteten Fronten gewesen. «Es gelang ihm hin und wieder, die beiden Positionen aufzuweichen. Sein Rücktritt ist aber auch aus menschlicher Sicht ein Verlust.»
Zu wenig «gedrückt»
Nur gute Worte für Egeler übrig hat auch Heiner Vischer (LDP). Sie sassen zusammen in der Umwelt-, Verkehrs- und Energiekommission. «Sein Weggang ist ein Verlust, weil wir den einzigen Fachmann für Verkehrsfragen verlieren.» Zudem sei Egeler ein kreativer Kopf, der immer wieder unkonventionelle Ideen ins Spiel gebracht habe. Er habe sehr gut vermitteln können und sich immer wieder Zeit genommen, auch die Standpunkte der anderen politischen Seite anzuhören – und allenfalls in seinen Positionen zu berücksichtigen. «Und er ist er gesellig und lustig», sagt Vischer.
Im Gespräch lässt Egeler durchblicken, dass ihm ein Regierungsamt gefallen hätte. Auf die Frage, ob er es nicht schade fände, dass er in der FDP in naher Zukunft keine Karrierechancen mehr habe, da die Partei mit Baschi Dürr bereits über einen Regierungsrat verfüge, antwortet Egeler: «Ein höheres Amt hätte mich schon gereizt, aber mit vier kleinen Kindern stand die Politik neben dem Beruf an dritter Stelle.»
«Es gelang ihm hin und wieder, die beiden Positionen aufzuweichen. Sein Rücktritt ist aber auch aus menschlicher Sicht ein Verlust.»
Er habe die Politik immer als wichtig empfunden, aber nicht so wichtig, dass er alles riskiert hätte. Er habe in all den Jahren auch feststellen müssen, dass sich Politik nicht planen lasse – und es auch gefährlich sei, auf politische Ämter zu zielen. «Es kann so schnell etwas passieren. Nach dem Tod von Peter Malama 2012 gab es bei uns ja parteiintern mehrere Rochaden.»
Er sei zum Beispiel nur Grossratspräsident geworden, weil Daniel Stolz, der damals für Malama in den Nationalrat nachrückte und inzwischen wieder abgewählt worden ist, auf dieses Amt verzichtete. Da Egeler Politik nicht plant, lässt er auch die Frage eines Comebacks offen: «Vorläufig konzentriere ich mich auf den Beruf, alles Weitere sehen wir dann.» Er freue sich auf seinen neuen Job – und sogar auf das tägliche Pendeln nach Bern. «So habe ich im Zug endlich mehr Zeit für mich – ich habe seit sechs Jahren kein Buch mehr gelesen.»
Egeler verabschiedete sich, wie es sich für ihn gehört, nicht aus der Politik, ohne nochmals für grosses Gelächter gesorgt zu haben. So wollte er am Schlussessen des Parlaments am Mittwochabend im Festsaal der Messe Basel unbedingt an einem «guten» Tisch sitzen («Es ist ganz, ganz wichtig, an welchem Tisch man sitzt!») und drängte sich dafür ganz nervös nach vorne. Als nur noch zwei Plätze am ausgewählten Tisch übrig waren, schrie er seinen Mitkonkurrenten Michael Wüthrich (Grüne) und Aeneas Wanner (GLP) ein lautes «Nein» entgegen – und verscheuchte sie mit den Händen.
Egeler war dabei so emotional, dass er Aeneas Wanner Bier über das Hemd leerte. «Ich glaube, das war jetzt zu viel des Guten. Aber das ist jetzt ein toller Tisch!», sagte Egeler lachend – und feierte mit den Grossrätinnen und Grossräten ein letztes Mal bis in die frühen Morgenstunden hinein. Um 3.30 Uhr war er im Bett.