Das Animierverbot soll Kunden und Sexarbeiterinnen davor schützen, von Barbetreibern zum Alkoholkonsum gedrängt zu werden. In Basel hat man in den letzten 30 Jahren keinen einzigen Verstoss dagegen geahndet.
Auf einem nächtlichem Rundgang durch das Basler Rotlichtviertel, sei es im «Bermuda-Dreieck» entlang der Weber- und Ochsengasse, sei es in der Steinen, trifft man in fast allen Kontaktbars oder Cabarets dieselbe Situation an. Die dort beschäftigten Sexarbeiterinnen oder Strip-Tänzerinnen bitten um eine Flasche Champagner, um ins Gespräch zu kommen. In den Kontaktbars führt der Weg aufs Zimmer und zum gekauften Sex immer über den kostspieligen Alkohol.
Eine Flasche Champagner kostet in der Regel mehrere Hundert Franken in derartigen Etablissements, die Frauen erhalten ein paar Prozente drauf, manchmal ergibt das zehn, manchmal zwanzig Franken pro Flasche, die ihnen später von der wuchermässig teuren Zimmermiete von bis zu 150 Franken pro Tag abgezogen wird.
Ungestört Gewinne einstreichen
Der grosse Profit landet in den Taschen der Betreiber. So läuft das Geschäft seit Jahrzehnten und den Anfängen der Kontaktbars in Basel. Es passiert unbehindert durch die Behörden – obwohl das Animieren, die Aufforderung zum Alkoholkonsum, gesetzlich verboten ist.
Im Basler Gastgewerbegesetz (GGG) heisst es unter Paragraph 32: «Den Gästen und den in einem Restaurationsbetrieb beschäftigten Personen dürfen keine alkoholhaltigen Getränke aufgedrängt werden.»
Durchgesetzt wurde das Animierverbot in Basel noch kein einziges Mal. Das bestätigt Luzia Wigger, Amtsleiterin des Bau- und Gastgewerbeinspektorats (BGI), auf Anfrage: «In den letzten 30 Jahren wurde noch nie eine Verwarnung/Bestrafung/Verzeigung wegen einer Übertretung von Paragraph 32 (GGG) ausgesprochen.»
«Hohe Beweislast»
Ihre Erklärung für das behördliche Laissez-faire: «Dies hat den durchaus naheliegenden Grund, dass die Beweislast zu hoch ist.» Zur Animation angehaltene oder sogar gezwungene in einer Kontaktbar beschäftigte Frauen müssten zu Zeugenaussagen bereit sein, dass sie gegen ihren Willen zum Alkoholkonsum gezwungen worden sind, sagt Wigger. Auf Seiten der Freier braucht es eine Strafanzeige, damit die Behörden tätig werden.
Bei der Durchsetzung des Animierverbots sollte die Polizei mit den Beamten des BGI zusammenarbeiten. Stellen die Polizisten einen Verstoss gegen das Gesetz fest, müssten sie diesen dem BGI melden, das dann Sanktionen ausspricht. Das BGI hat allerdings auch unabhängig von der Polizei freien Zugang zu den Kontaktbars.
Umstrittener Paragraph
Wigger weist zudem darauf hin, dass das Animierverbot in Basel umstritten ist. Tatsächlich wurde in der Vergangenheit auch schon über die Abschaffung des Paragraphen diskutiert. Als das Gastgewerbegesetz vor rund zehn Jahren formuliert wurde, beschloss die darüber beratende Justiz- und Sicherheitskommission nur äusserst knapp, mit acht zu sieben Stimmen, am Animierverbot festzuhalten.
Die Gegner des Verbots wollten die Bestimmung aus dem Gesetz streichen, vor allem wegen Vollzugsschwierigkeiten. Die Kommissionsmehrheit argumentierte mit dem Schutzbedürfnis der Kunden und Angestellten. Ein gesetzliches Verbot habe präventive Wirkung, zudem würde mit der Abschaffung ein falsches Zeichen gesetzt.
Andere Kantone greifen durch
Heute könnte man sich fragen, ob die fehlende Ahndung von Verstössen nicht auch ein falsches Zeichen ist. Zumal es die Schwierigkeiten in der Durchsetzung in anderen Kantonen so nicht gibt. Bei einer Reihe von Schliessungen von Kontaktbars etwa im Kanton Bern (in Lengnau und in Biel) wurden Verstösse gegen das Animierverbot als einer der Gründe für die Massnahme angeführt.