Am 8. Februar wählt das Baselbiet eine neue Regierung und ein neues Parlament. Die Zeit ist reif dafür: Die Stimmung im Landkanton ist aufgeladen, es fehlt an Stabilität.
Das Baselbiet hat eine ungemütliche Legislatur hinter sich. Das Karussell der politischen Machthaber drehte in ungewohnt hohem Tempo: Innerhalb eines halben Jahres mussten 2013 zwei von fünf Regierungsräten ersetzt werden; Peter Zwick (CVP) verstarb im Amt, Adrian Ballmer (FDP) trat während der Legislatur zurück.
Jede Neubesetzung einer Regierungsstelle bringt den Politbetrieb ins Stocken. Natürlich bleiben die Kadermitarbeiter meist erhalten; dennoch muss sich der Neugewählte einarbeiten, die Geschäfte des Vorgängers übernehmen und die eigene politische Duftmarke setzen. Ganz abgesehen davon, dass die Regierung als Kollegium zueinander finden muss. Das alles destabilisiert.
Pegoraro hat noch nicht genug
Wenn am 8. Februar zur Wahl von Regierung und Parlament geschritten wird, treten drei von fünf Regierungsräten zu ihren ersten Gesamterneuerungswahlen überhaupt an:
- Isaac Reber (Grüne), Überraschungssieger der Wahlen 2011, der den bisherigen SVP-Regierungsrat Jörg Krähenbühl aus dem Amt drängte.
- Thomas Weber (SVP), der den im Amt verstorbenen CVP-Regierungsrat Peter Zwick ersetzte.
- Anton Lauber (CVP), der – ebenfalls vor zwei Jahren – für den zurückgetretenen FDP-Finanzdirektor Adrian Ballmer übernahm.
Bleibt noch Sabine Pegoraro von der FDP, die Amtsälteste, einzige Frau in der Regierung und Herrin über die Bau- und Umweltschutzdirektion, im Amt seit 2003. SP-Regierungsrat Urs Wüthrich tritt nach seinen zwölf Jahren im Amt nicht mehr an. Um die Nachfolge kandidieren:
- Regula Nebiker aus Liestal und Daniel Münger aus Münchenstein für die SP.
- Monica Gschwind aus Hölstein für die FDP.
- Die beiden Aussenseiter Tom Kreienbühl aus Thürnen (parteilos) und Matthias Imhof aus Laufen (BDP).
Schiefe Finanzlage und einige Affären
Die bisherige Legislatur-Bilanz der Baselbieter Regierung: durchzogen. Das Baselbiet sah zu, wie die von Adrian Ballmer einst ruhmhaft zitierten Top-Bewertungen der Rating-Agentur Standard&Poor’s herabgestuft wurden; die Kreditwürdigkeit des Kantons sank, Ballmers Lieblingswort «Triple-A-Rating» verschwand aus dem behördlichen Sprachgebrauch, und schliesslich gerieten die Kantonsfinanzen gar in Schieflage.
Während der Kanton immer noch tüchtig investierte, kam die Wirtschaft ins Stocken, wohlhabende Steuerzahler verliessen den Kanton, und dabei muss die Baselbieter Pensionskasse saniert werden. 2014 war ein Defizit von 110 Millionen Franken budgetiert.
Derweil hielten vor allem Affären und Skandälchen den Kanton in den Schlagzeilen. Sei es die unrühmliche Angelegenheit um Landratspräsidentin Daniela Gaugler, die nach wenigen Monaten im Amt zurücktreten musste. Sei es die nicht minder unrühmliche Angelegenheit um die Basler BastA!-Grossrätin Sibel Arslan, die Leiterin des Straf- und Massnahmenvollzugs werden sollte und nach einer Medienkampagne von Regierungsrat Isaac Reber fallengelassen wurde. Oder sei es die Honoraraffäre, bei der die Regierung höchstselbst verkündete, dass mehrere Amtsträger zu viele Gelder bezogen haben sollen.
Das Baselbiet muss sich entwickeln
Der aufgewirbelte Staub überdeckte die wirklichen Themen des Kantons: Der Kanton muss seine Finanzen ins Reine bringen. Der Kanton muss sich wirtschaftlich entwickeln und abseits der gerne zitierten KMU-Kultur einen Nährboden für die grossen Firmen schaffen. Der Kanton braucht eine Strategie, die ein Wachstum fördert und nicht verhindert.
Der Ball liegt dabei auch beim Landrat. Denn das Parlament wird am 8. Februar ebenfalls erneuert: 597 Kandidierende buhlen um 90 Mandate, von denen die SVP derzeit mit 24 die meisten hält. Zweitstärkste Kraft im Baselbiet ist die SP-Fraktion mit 21 Sitzen, gefolgt von der FDP mit 14 und den Grünen sowie der CVP/EVP-Fraktion mit je 12 Sitzen. Der Rest entfällt auf die BDP/GLP-Fraktion mit sieben Mandaten.
Lähmende Zersplitterung des Parlaments
Bis 2011 waren die Kräfte kompakter verteilt. SP (22 Sitze) und SVP (21 Sitze) bildeten die stärksten Fraktionen, die FDP lag mit 20 Sitzen fast gleichauf an dritter Stelle. Die vor vier Jahren eingetretene Zersplitterung zwischen den Parteien machte das Politisieren komplexer. Taktieren und ein aggressiver Ton lähmen seither das einstmals als effizient geltende Baselbieter Parlament; eine zunehmende Skandalisierung politischer Geschäfte – insbesondere über die Medien – blockiert den Motor der Gesetzgebung.
So geht es bei diesen Parlamentswahlen vor allem darum, die Kräfteverhältnisse zu klären. Es ist davon auszugehen, dass Randparteien wie die politisch bislang unscheinbare BDP und die Grünliberalen zugunsten der Grossen Einbussen erleiden werden: Von einem engagierten Wahlkampf, wie er 2011 stattfand, ist nichts zu sehen. Zudem schafften es die beiden Parteien weder auf kantonaler noch auf nationaler Ebene, namhafte Schwerpunkte zu setzen. Das dürfte Auswirkungen auf die Wahlen im Baselbiet haben.
Links-Grün unterläuft sich selbst
Wer profitiert? Als aggressivste Partei hat sich die SVP hervorgetan, die unter anderem die haushoch verworfene Kantonsfusion als eigenen Erfolg beanspruchte. Derweil unterläuft sich Links-Grün gerade selbst beim Thema Bildung. Während der grüne Landrat Jürg Wiedemann offen FDP-Kandidatin Monica Gschwind für die Regierung portiert, entfachte SP-Kandidatin Regula Nebiker mit ihrer Kritik an Bildungsdirektor Urs Wüthrich eine Kontroverse in der eigenen Partei. Um FDP und CVP schliesslich war es im Wahlkampf bislang ausnehmend ruhig; keine der beiden Parteien konnte sich im vergangenen Jahr mit einem Thema deutlich profilieren.
Was bleibt, ist die Tatsache, dass die Baselbieter Politkultur einen Punkt erreicht hat, an dem sich Baselland vom Zürcher «Tages-Anzeiger» als «Bananen-Kanton» bezeichnen lassen muss. Dabei wären die Baselbieter durchaus in der Lage, die Talfahrt aus eigener Kraft zu beenden: Indem die Regierung einen klaren Kurs vorgibt und sich ein starkes Parlament nicht mit Grabenkämpfen, sondern mit der Entwicklung des Baselbiets als Kanton des 21. Jahrhunderts auseinandersetzt. In fünf Wochen stellt das Stimmvolk dafür die Weichen.