Das bedeutet der Brexit für die Schweiz und für die Region Basel

Der Brexit hat laut den Volkswirtschafts-Forschern von Bakbasel grosse Auswirkungen auf die Schweiz – in der Tendenz sind sie klar negativ. Das gilt auch für Basel.

Der Brexit trifft alle – auch Basel.

 

(Bild: Hansjörg Walter)

Der Brexit hat laut den Volkswirtschafts-Forschern von Bakbasel grosse Auswirkungen auf die Schweiz – in der Tendenz sind sie klar negativ. Das gilt auch für Basel.

Der Brexit ist Realität.

Man hat ihn nicht recht kommen sehen wollen, bis zuletzt nicht. Obwohl die Umfragen längst darauf hingedeutet haben, dass es auf der Insel ein Yes zum Goodbye geben könnte. Allen Warnungen von Seiten nationaler und internationaler Wirtschafts- und anderer Experten zum Trotz. Der vom «Leave»-Lager mehrheitlich mit Emotionen statt Argumenten geführte Abstimmungskampf war erfolgreich.

Now what? Was nun – das ist die Frage, die jetzt gestellt wird. Auf der Insel, auf dem Kontinent, auf der ganzen Welt.

Abermillionen verfolgten die Auszählung der Stimmen live im Fernsehen. Eine kurze Frage, ein X neben dem Yes oder neben dem No auf einem kleinen Zettel, entschied über das jahrzehntelange Bekenntnis zu einem vereinten Europa, über komplexe Verträge, über Millionen von Träumen und Möglichkeiten junger Briten in ganz Europa sowie all den Menschen, die in Grossbritannien wohnen, leben und arbeiten – der Schock, die Fassungslosigkeit, die Trauer, die Wut der (mehrheitlich jungen) Brexit-Gegner ist unüberseh- und unüberhörbar.

Währenddessen starrt die Welt auf die Knicke in den Währungs- und Aktienkursen. Das Ausmass der Einbrüche ist von historischer Dimension, halbe Volkswirtschaften und ganze Pensionskassenersparnisse verschwanden innert Minuten.

What now? Brexit-Befürworter bleiben eine Antwort schuldig. Sie liefern Floskeln, keine Pläne. Die hatte es nie gegeben. Es gab – oft haltlose – Behauptungen einer Bewegung, an deren Spitze kein einzelner Kopf steht. Es gibt nur die Handlung, den Brexit, den die Hälfte des Landes bejubelt, die andere Hälfte als kopflose Katastrophe erfährt.

Und noch dazu steht dieses Land mit dem angekündigten Rücktritt seines Premiers David Cameron nun effektiv ohne Kopf da. Als «Lame Duck» wird der glücklose Brexit-Gegner, auf dessen Mist das Referendum überhaupt wachsen konnte, kaum mehr viel zu sagen haben.

Fünf negative Auswirkungen auf die Schweiz

Das sind Probleme, mit denen sich die Briten in den nächsten zwei Jahren herumschlagen dürfen – und die Welt, ob sie will oder nicht, gleich mit. Die Schweiz ist vom Entscheid genauso betroffen. What now? – das lässt sich kaum beantworten, wo davon auszugehen ist, dass die meisten Engländer nicht genau wissen, was sie mit einem Ja zum Brexit genau angerichtet haben. Weil man das im Detail noch nicht genau vorhersagen kann.

Was hingegen möglich ist: ein Identifizieren der Bereiche, die die Schweiz und die Region Basel betreffen, und ein Szenario möglicher Konsequenzen. Das hat die volkswirtschaftliche Forschungs- und Consulting-Agentur Bakbasel, die Erkenntnisse aus wirtschaftlichen Analysen für Politik, Wirtschaft und Gesellschaft aufbereitet, gemacht.

Für die Schweiz sind es laut Bakbasel die fünf folgenden Wirkungsfelder:

  • Die Unsicherheit über den zukünftigen Status Grossbritanniens drückt auf Investitionen und Handel
    Die Unsicherheiten während der Übergangszeit werden zu einer Dämpfung der Nachfrage bei involvierten Handelspartnern führen – das wird sich in der Schweiz bemerkbar machen
  • Sind die Reaktionen der Finanzmärkte bereits eingepreist? Die Zukunft des Finanzplatzes London ist unklar
    Globale Ausbreitung der Unsicherheit mit Auswirkungen auf die Schweizer Realwirtschaft ist möglich. Auf der positiven Seite: Sollte der Finanzplatz London an Ansehen verlieren und die Banken als Folge davon Teile ihres Finanzgeschäfts auf den Kontinent auslagern, könnte es der Schweiz gelingen, davon zu profitieren, obwohl Euro-Länder im Vorteil sein dürften.
  • Der Franken als «sicherer Hafen» steht unter Aufwertungsdruck
    Das alte Problem – aber verschärft: grosse Gefahr für die Schweizer Wirtschaft durch Aufwertungsdruck auf den Schweizer Franken, der «über Monate oder Jahre anhalten kann».
  • Der Verhandlungsspielraum mit der EU in Bezug auf die Umsetzung der Masseneinwanderungsinitiative ist reduziert
    Eine einvernehmliche Lösung mit der EU wird in der Frist, die sich die Schweiz gesetzt hat, nun kaum zustande kommen.
  • Ein langfristig geschwächtes Europa ist schlecht für die Schweiz
    Rund 50 Prozent der Schweizer Exporte gehen in den Euroraum. Doch die Schweiz ist auch gesellschaftlich, wirtschaftlich und politisch an die EU gebunden. Löst der Brexit eine Kettenreaktion aus, die die EU aushöhlt und schwächt, hat das Auswirkungen auf die Schweiz. Ein schwaches Europa ist längerfristig auch schlecht für die Schweiz.

Basel: Ein kleines bisschen besser dran

Auf die Frage, welcher der Faktoren die Schweiz am meisten betreffe, sagt Alexis Bill-Körber, Leiter Macro Research von Bakbasel: «In einem Wort: Unsicherheit». Dieser Zustand könnte nun lange andauern – etwa bei der Aufwertung des Frankens, oder bei der Umsetzung der Masseneinwanderungsinitiative. Beides ist ein Problem. Bill-Körber: «Gegenüber der EU hat sich die Verhandlungsposition über eine Einschränkung der Personenfreizügigkeit bei gleichzeitiger Beibehaltung der bilateralen Verträge mit dem UK-Referendum verschlechtert. Das sind Unsicherheitsfaktoren, die sich negativ auf die Wirtschaft auswirken.»
 
Für Basel sind laut Alexis Bill-Körber in erster Linie die bilateralen Verträge essentiell: «Die Signale aus der Pharmabranche sind diesbezüglich eindeutig. Auch der starke Franken ist eine Belastung. Er drückt insbesondere auf die Pharma Margen und Preise, und das spürt man. Im Vergleich zu anderen Schweizer Regionen ist Basel aber gut positioniert.»

Die Schweiz sei gefordert – Massnahmen wären möglich. Bill-Körber: «Die Schweiz hat es nach wie vor in der eigenen Hand aus dieser Zwickmühle herauszukommen, wenn die Personenfreizügigkeit in ihrer bisherigen Form beibehalten wird. Hierdurch böten sich gerade nach dem UK-Referendum neue Chancen, als hoch attraktiver Wirtschaftsstandort mit freiem EU-Marktzugang wahrgenommen zu werden.»
 

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