Will er überhaupt gewählt werden? Oder lieber doch nicht? Der Thürner Tom Kreienbühl kandidiert für den Baselbieter Regierungsrat, seinen Wahlkampf führt er über Facebook – und sein Budget beträgt 600 Franken.
Wenn eine einstige Hauswirtschaftslehrerin Regierungsrätin werden kann, dann auch ein ehemaliger Buschpilot. Das sagte sich Tom Kreienbühl und kandidierte für das Amt als Baselbieter Regierungsrat. Wirkliche Chancen, tatsächlich gewählt zu werden, räumt er sich nicht ein. Doch seine Kandidatur ist alles andere als ein Gag.
«Ich will Dinge thematisieren und aufrütteln», sagt der freischaffende Linienpilot. Der Streit um die Deponie Wischberg in Hemmiken sei so ein Thema. Und «die überrissenen Löhne der Regierungsräte», die er per Initiative deckeln will. Wie nämlich könne ein Regierungsrat die Probleme der Bevölkerung verstehen, wenn er derart viel verdiene?
Ihn selbst hat die so genannte Honoraraffäre vor rund einem Jahr wachgerüttelt. Aus dem Cockpit heraus hatte er damals seine Kandidatur verkündet. Tom Kreienbühl, der Flieger, der zum Überflieger wird? Er macht seinen Weg zum Ziel, betreibt Wahlkampf um des Wahlkampfes willen. «Guerilla-Wahlkampf» nennt er das.
Von den Medien weitgehend totgeschwiegen
Von den Medien wird er kaum wahrgenommen, nur die «Basler Zeitung» hat ihn als grosse Zeitung bereits begrüsst. Seine Wahlchancen seien praktisch inexistent, schrieben die, die ihn trotzdem erwähnten. Heute kokettiert er mit dem Begriff und macht sich einen Spass daraus, nicht zu Podien wie kürzlich jenes von der «Basellandschaftlichen Zeitung» geladen zu werden. Nur: Was tun, wenn er doch gewählt würde?
Sein einziger Trumpf ist der des unvoreingenommenen Quereinsteigers
Kreienbühls politische Erfahrung fusst nüchtern betrachtet auf Interesse am Geschehen und ein paar Folgen «Arena». Er war nie im Landrat, nie im Gemeinderat, nie im Schul- oder Kirchenrat. Er ist, wie Konkurrent Matthias Imhof (BDP) von sich behauptet, «politisch unversaut».
Und genau das ist Kreienbühls einziger Trumpf. Denn je akuter die Politik-Verdrossenheit der Bevölkerung, desto grösser die Wahlchancen eines unvoreingenommenen Quereinsteigers. Trotzdem: Kreienbühl wäre ein Greenhorn, einzig mit der Führungserfahrung aus der Aviatik, wo er nicht Hundertschaften von Beamten dirigiert, sondern vier-, fünfköpfige Teams, wo aber sein Handeln über Leben und Tod entscheiden kann.
Immerhin am Wochenende fliegen
«Ich bin als Pilot sicher geeigneter denn als Regierungsrat, aber ich würde die Wahl pflichtbewusst annehmen, das wäre ich meinen Wählern schuldig. Wer A sagt, der muss auch B sagen», sagt er und zieht ein sorgenvolles Gesicht: «Nur das Fliegen, das würde mir fehlen.» Darum hat er mit seinem Arbeitgeber bereits ausgehandelt, gelegentlich an Wochenenden ins Cockpit steigen zu dürfen, sollte er tatsächlich Regierungsrat werden. Fliegen ist für Tom Kreienbühl nämlich Entspannung.
Ist er nun der Geheimtipp oder doch nur hoffnungslose Aussenseiter? Kürzlich sass er in einer Beiz in Gelterkinden, trank einen Kaffee und lauschte dem Stammtischgebrüll, aus dem heraus er seinen Namen vernahm, und: «Also ich setze den Kreienbühl auf meine Liste.» Politisch lässt er sich kaum zuordnen, links, rechts: «Ich wähle und stimme nicht nach einem Parteibüchlein, sondern danach, was ich als richtig empfinde.» Sagt er.
Politisch ist Thomas Kreienbühl nicht einzuordnen
Tom Kreienbühl hat viel von der Welt gesehen. Er lebte auf Malta und Island, war Buschpilot in Algerien, zum Piloten liess er sich in Kanada ausbilden. Gerade hat er sich in Ontario ein Stück Land gekauft. Mit einem Partner will er ein Feriendorf errichten, «Zukunftsmusik», sagt er und erzählt von der Leidenschaft zu Reisen, die Liebe zum Abenteuer, als das er auch den Wahlkampf beschreibt. Kreienbühl, kumpelhafter Typ und 42, lebt mit seiner Freundin in Thürnen.
Finanzen, Infrastruktur, Bildung
Doch der Umzugstermin steht bereits – am 9. Februar, einen Tag nach der Wahl, soll es ins Bernbiet gehen, um näher bei der Arbeit zu sein. Das jedenfalls ist das Vorhaben. Im Fall seiner Wahl existiert allerdings ein Notfallplan: Er bliebe dann einfach hier, um sich der maroden Kantonsfinanzen («Baselland ist dran, sich totzusparen.»), der Verbesserung der Infrastruktur («Dafür schliesse ich Steuererhöhungen nicht aus.») und der Bildung («Die Ausgaben für Bildung dürfen nicht angefasst werden.») anzunehmen.
Seinen Wahlkampf führt er im Internet, acht verschiedene Webseiten hat er aufgeschaltet. Er postet Videos auf Youtube, eins bei einem Podium, ein weiteres, in dem er die Verteilung von 62 Milliarden Franken ans Schweizer Volk in Form von fälschungssicheren Gutscheinen empfiehlt, um die Wirtschaft anzukurbeln. Sein Hauptkanal ist Facebook, daneben hat er Flyer gedruckt – für 600 Franken.
Das und die drei Monate Auszeit, die er sich für den Wahlkampf nimmt, sind seine einzigen monetären Investitionen. Von Plakaten herab empfiehlt er sich der Bevölkerung ebenfalls nicht, denn «lächeln und Phrasen dreschen kann jeder.»
Thomas Kreienbühl am Podium der «Basellandschaftlichen Zeitung»:
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