Vielversprechend startete Hans-Peter Wessels in seine erste Amtszeit. Nun wirkt er etwas müde.
Es ist noch nicht lange her, da war Hans-Peter Wessels voller Tatendrang, voller Euphorie. Glanzvoll startete der Sozialdemokrat im Februar 2009 in seine erste Legislatur als Basler Regierungsrat. Man konnte es spüren, das Feuer in ihm, wenn er von seinem neuen Job als Bau- und Verkehrsdirektor sprach. Hin und weg war er. Dieser Mann wollte Bäume ausreissen, Basel verändern. Und ein bisschen ist ihm das am Anfang auch gelungen.
Unmittelbar nach seinem Amtsantritt schaffte «Hampe», wie ihn viele nennen, die Bewilligungspflicht für Velohäuser in Vorgärten ab (überhaupt machte er den Velofahrern das Leben einfacher – für sie gelten Einbahnstrassen nicht mehr), kämpfte beim Bund gegen die oberirdische Erweiterung der Osttangente und liess den neu gegründeten Verein Fümoar wohlwollend qualmen. Politisch wehte im Bau- und Verkehrsdepartement ein neuer Wind: Plötzlich war dort nach der Ära Barbara Schneider (SP) alles möglich.
Mit seiner unkomplizierten Art und seinem schallenden, mittlerweile legendären Lachen machte er sich schnell bei vielen beliebt – selbst bei den Bürgerlichen. Man hörte nichts Negatives über ihn. Alles war perfekt.
Klares Profil fehlt
Es waren zwei brillante Jahre für Wessels. Vor einem Jahr aber begann die perfekte Fassade zu bröckeln. Etwa, als er den Schrebergärtnern im Hinblick auf die Familiengarten-Abstimmung so weit entgegenkam, dass er selbst in seiner eigenen Partei für heftiges Kopfschütteln sorgte. Etwa, als er im Streit um die Solarpanels am Lonza-Hochhaus im April 2011 die eigene Stadtbildkomission, die das Gesuch abgelehnt und damit den Zorn der halben Stadt auf sich gezogen hatte, öffentlich von Schanghai aus kritisierte (ohne die Fakten zu kennen). Etwa, als er im Mai 2011 – ein Jahr nach Inkrafttreten des Rauchverbots in Basel – plötzlich doch beschloss, er müsse beim Verein Fümoar hart duchgreifen. Mit der Begründung, es würden sich schliesslich zunehmend mehr Leute bei ihm beschweren.
Solche Vorfälle machen Hans-Peter Wessels unberechenbar. Dem Ostschweizer fehlt ein klares Profil. Es kommt nicht selten vor, dass er nicht weiss, was er will. Über Nacht kann sich bei ihm alles ändern. Entscheide, die er zuvor mit viel Überzeugung vertreten hatte, können dann über Bord geworfen werden. Aus dem Nichts kann der SP-Regierungsrat das Andere, das Gegenteil wollen, und zwar genauso überzeugt davon.
Der Basler Regierungsrat Hans-Peter Wessels scheut Konflikte. Selbst in der SP bezeichnet man ihn mittlerweile als «Populisten». (Bild: Hans-Jörg Walter)
Vorsichtiger geworden
Der gelernte Biochemiker schwimmt gerne mit dem Strom, er scheut Konflikte, will die totale Harmonie. Um jeden Preis möchte er von allen geliebt werden. Selbst in seiner Partei wird der ehemalige Wirtschaftsförderer und Vater zweier Kinder mittlerweile als «Populist» bezeichnet. Ein Wort, das ihm «keine Mühe» macht. Schön formuliert und mit dem üblichen breiten Grinsen hört sich das bei ihm so an: «Ich bin nicht dazu geneigt, auf Konfrontationskurs zu gehen. Ich suche lieber den Kompromiss. Man muss schliesslich Lösungen finden, die ingesamt einen positiven Effekt haben.»
Etwas angeschlagen wirkt der 49-Jährige inzwischen, etwas lustlos, unsicher. Zu schaffen machte ihm offenbar die «Zungenaffäre» (seine aus dem Zusammenhang gerissene herausgestreckte Zunge in einem Telebasel-Beitrag, die die «Basler Zeitung» dazu veranlasste, einen Artikel mit dem Titel «Ein grosser Junge spielt Regierungsrat» zu publizieren).
Dieser Vorfall habe Schaden bei ihm hinterlassen, sagen hohe Mitarbeiter aus seinem Departement hinter vorgehaltener Hand. Seither ist es etwas ruhiger um ihn geworden. Er achtet mehr auf sein Aufreten, ist vorsichtiger geworden und hat sich ein bisschen zurückgezogen. Darauf angesprochen, gerät er ins Stocken. «Ich handle nicht bewusst so. Ich habe nicht den Eindruck, dass ich zu wenig in den Medien bin, vielleicht hat man sich einfach an mich gewöhnt», sagt er.
Um seine Wiederwahl im Oktober 2012 muss er nicht fürchten. Doch er hatte schon bessere Zeiten, der «Hampe». Etwas Glanz hat er verloren. Vor allem aber lodert sein Feuer bedeutend sachter.
Artikelgeschichte
Erschienen in der gedruckten TagesWoche vom 04.05.12