Harte Vorwürfe und Rücktrittsforderungen gegenüber der gesamten Regierung: In der Baselbieter Politik ist die Aufregung gross. Doch was bringt das Gejammer? Nichts. Es braucht neue Ideen. Die TagesWoche macht sich auf die Suche nach Menschen, die solche Visionen haben.
Plötzlich stand sie im Raum, diese freundlich formulierte Frage, die eigentlich ziemlich böse war.
«Stellt die Regierung mit ihrer Sparvorlage auch die Vertrauensfrage?»
Die fünf Baselbieter Regierungsräte schauten einen kurzen Moment etwas irritiert auf den aufsässigen Radiojournalisten, der das wissen wollte. Dann ergriff Regierungspräsident Peter Zwick (CVP) das Wort. Er redete und redete, sprach über vieles, nur nicht über die böse V-Frage.
Es war eine seltsame Situation, die da an der Medienorientierung der Baselbieter Regierung zu den Sparvorlagen plötzlich entstanden war. Eine Situation, die Bildungsdirektor Urs Wüthrich (SP) schliesslich mit einem Spruch zu retten versuchte. «Auch bei einem Nein werden wir sicher nicht gleich alle zurücktreten», sagte er und lächelte.
Bis vor Kurzem liessen sich im Baselbiet unangenehme Diskussionen mit einem solchen Spruch vielleicht noch beenden. Heute gibt man sich aber nicht mehr zufrieden damit. Am allerwenigsten die Jungsozialisten. Wenige Tage nach der Medienkonferenz in Liestal forderten sie in einem Communiqué die gesamte Regierung zum sofortigen Rücktritt auf, weil ihre «Politik des Steuersenkens für Reiche und Unternehmen den Kanton an den Abgrund» geführt hätte.
Nun war sie wieder da, diese böse Vertrauensfrage, und diesmal wurde sie keineswegs mehr freundlich vorgebracht, sondern ebenso brachial wie illusionär. Typisch Juso eben. Guerillataktik, immer wieder für Aufregung gut, aber kaum je mit nachhaltiger Wirkung. Diesmal hielt die Aufregung allerdings noch ein paar Tage an. Auf Nachfrage der Medien äusserte SP-Präsident Martin Rüegg öffentlich sehr viel Verständnis für den Unmut der Jungsozialisten; Grünenpräsidentin Florence Brenzikofer ging sogar noch weiter und schloss sich der Rücktrittsforderung an, die sie ausdrücklich auch auf den eigenen Regierungsrat Isaac Reber bezieht, wie sie gegenüber Radio DRS sagte. Danach meldeten sich auch noch die Mitteparteien mit massiver Kritik an der Regierung und Teilen ihres Sparpaketes.
Die Verzweiflung ist gross
Die Vorwürfe und Forderungen zeigen, vor allem eines: wie gross der Unmut über diese Baselbieter Politik heute ist. Diese Politik, die den Kanton in eine scheinbar aussichtslose Situation geführt hat. Egal, wie die Abstimmung über die Sparvorlagen am 17. Juni ausgeht, egal, welche Wechsel es in der Regierung in den nächsten Monaten noch geben könnte: die Finanzen werden diesem Kanton noch lange zu schaffen machen. Denn nach dem aktuellen Sparpaket steht bereits die nächste, noch grössere Übung an: die Sanierung der Pensionskasse, bei der es nicht mehr nur um Millionen gehen wird, sondern um Milliarden.
Auch bei der TagesWoche wird in den Leserkommentaren darum immer wieder die Forderung nach tiefgreifenden Reformen laut, nach neuen Ideen und «Visionen», die dem maroden Kanton endlich wieder eine echte Perspektive eröffnen könnten.
Ein interessanter Ansatz, eine wesentlich angenehmere Vorstellung auch als die Aussicht auf die endlose Fortsetzung der bisherigen Pflästerlipolitik.
Ja, warum eigentlich konzentriert man sich nicht endlich einmal auf die Rettung dieses Kantons anstatt sich immer nur Gedanken darüber zu machen, wie der Niedergang noch möglichst lange hinausgezögert werden könnte?
An dieser aufkommenden Debatte möchte sich die TagesWoche beteiligen, indem sie sich auf die Suche nach den Menschen mit den neuen Ideen macht. Das Resultat dieser Begegnungen können Sie hier bei uns in den nächsten Tagen lesen. Wir freuen uns schon jetzt auf Ihre Kommentare und weiteren Beiträge.