Das Leben an der Grenze ist absurd

In Basel rümpft man gerne die Nase. Der Baselbieter gilt als eher schwierig, etwas sehr konservativ und oft als nicht so professionell. Im Baselbiet hingegen nimmt man das Nasenrümpfen als Beleg für die Arroganz und Besserwisserei der Städter und verweist stolz auf die 1833 erkämpfte Selbstständigkeit.

Christian Degen (45) übernimmt ab 1. Januar 2016 die Geschäftsleitung und Chefredaktion der TagesWoche.

(Bild: Nils Fisch)

In Basel rümpft man gerne die Nase. Der Baselbieter gilt als eher schwierig, etwas sehr konservativ und oft als nicht so professionell. Im Baselbiet hingegen nimmt man das Nasenrümpfen als Beleg für die Arroganz und Besserwisserei der Städter und verweist stolz auf die 1833 erkämpfte Selbstständigkeit.

Unzählige Vereinbarungen wurden seither abgeschlossen und regeln die Zusammenarbeit der beiden ach so unabhängigen Kantone – wie viele es genau sind, ist nirgends festgehalten. Aber eines wissen die Baselbieter sicher: Sie bezahlen immer mehr an die Zentrumsleistungen der Stadt. Und das können und wollen sie sich nicht mehr leisten. Und für die Basler beweist das einmal mehr, dass die Landschäftler Profiteure sind.

Die Beziehung zwischen den beiden halben Kantonen ist also intensiv und kompliziert zugleich. Es ist wie bei einer Ehe, die in die Brüche ging, beide aber nicht ohne den anderen leben können. Der Wille zur Zusammenarbeit ist zwar da, doch am Schluss schaut jeder auf sich selbst.

Diese Egozentrik ist absurd, zeigt doch schon die Bezeichnung «Halbkanton», dass die Trennung nichts Neues, Eigenständiges geschaffen, sondern Zusammengehöriges zerschnitten hat. Das wird umso klarer, je näher man an dieser Trennlinie lebt:

Blicke ich durch mein Wohnzimmerfenster, lese ich auf einem Schild in schwarzen Lettern auf weissem Grund «BASEL» und begreife erst, dass ich gar kein Basler bin, obwohl ich genau das meinen Kollegen aus Zürich oder Bern immer erzähle.

Und meine Tochter wird nicht selbstständig in den Kindergarten 20 Meter entfernt gehen können, sondern muss über eine stark befahrene Strasse zu einem Baselbieter Standort begleitet werden. Ich kann für mein Auto keine Parkkarte für die blaue Zone in Basel lösen, die Basler dürfen jedoch die Gratisparkplätze in meiner Strasse regelmässig besetzen. Meine Krankenkassenprämie ist dafür deutlich günstiger als die meiner Bekannten gleich um die Ecke.

Weder der Basler noch der Baselbieter profitiert also immer und allein. Das Gras scheint auf der anderen Seite der Grenze zwar immer etwas grüner als daheim – es ist es selten wirklich.

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