Das Sorgentelefon ist trotz Internet gefragt

Seit 37 Jahren gibt es nun schon das Sorgentelefon für Kinder. Seit den Anfängen hat sich technologisch einiges geändert – doch angerufen wird noch immer rege.

Beim Sorgentelefon finden Kinder und Jugendliche Hilfe und Beratung.

Seit 37 Jahren gibt es nun schon das Sorgentelefon für Kinder. Seit den Anfängen hat sich technologisch einiges geändert – doch angerufen wird noch immer rege.

Im letzten Jahr klingelte es 4300 Mal beim Sorgentelefon für Kinder. Entgegengenommen werden die Anrufe von der Familie des 2005 verstorbenen Heinz Peyer und weiteren Beraterinnen und Beratern. Heinz Peyer gründete 1978 den telefonischen Lebens- und Krisenberatungsdienst für Kinder und Jugendliche. Er gilt als Sorgentelefonpionier. Damals konnten die Kinder ihre Anliegen telefonisch oder brieflich mitteilen.

Heute hat die private Institution ihren Sitz in Burgdorf im Kanton Bern. Die Themen, die die Kinder beschäftigen, hätten sich über die zwei Generationen seit der Gründung nicht auffallend geändert, sagt Marianne Peyer, die Frau des verstorbenen Gründers. Hauptsächlich würden Fragen zu den Themen Familie, Schule und Freundschaft gestellt. Doch auch Liebe und Sexualität würden Jugendliche beschäftigen.

Es mag verwundern, dass der Telefondienst in Zeiten des Internets rege genutzt wird. Doch Peyer sagt, dass viele Kinder eine direkte Ansprechperson suchen. Manche rufen auch nur an, um eine Unterhaltung zu führen. Dabei handle es sich meist um jüngere Kinder, bei denen niemand zuhause sei. Sie suchten Gesellschaft.

Aus Spass wird ernst

Sogenannte «Jux-Anrufe» erkenne sie natürlich, sagt Peyer. Aber sie gehe trotzdem auf diese ein: «Hinter Scherzanrufen können sich ernst gemeinte Fragen verbergen.» Auch verbale Ausbrüche tue sie nicht einfach ab: «Bei wüsten Beschimpfungen warte ich immer erst ab, vielleicht muss das Kind oder der Jugendliche zuerst Dampf ablassen.» Im Verhältnis zur Gesamtzahl der Anrufe schätzt Peyer die klar als solche erkennbaren Spässe auf fünf Prozent. 

«Ab und zu werden uns auch Sachfragen gestellt», erzählt Peyer. So fragen Kinder etwa, ob die News, die sie gelesen haben, auch tatsächlich stimmen. «Kinder sind häufig überfordert mit der Informationsflut und wissen nicht, was sie glauben können. Sie wollen wissen, was nun wahr ist.»

Auch Peyer und ihr Team wissen nicht auf alles eine Antwort. Dann verweisen sie auf Google oder andere Informationsquellen. «Oft wollen sie uns einfach mit einer Frage testen, um zu sehen, wie die Stimmung so ist. Dann beginnen sie sich zu öffnen», fügt sie hinzu.

Im Jahresbericht wird auch erwähnt, dass heute Kinder öfters über Stress klagen. Mit der Schule, Hobbys und der stetigen Präsenz in sozialen Medien stehen sie stetig unter Druck, heisst es. Es wird ihnen geraten, den Gebrauch des Smartphones zu reduzieren. Ein Problem, das es früher so nicht gab.

Auch Kontaktaufnahme durch SMS und E-Mail möglich

Das telefonische Angebot wird am häufigsten genutzt, E-Mail und SMS dienen als Ergänzung. «In Mails werden oft komplexe Probleme formuliert. Ein anderer Faktor ist natürlich, dass Kinder sich nicht trauen, anzurufen.» Ende der neunziger Jahre kam der E-Mail-Dienst hinzu und ersetzte die Briefe. Ein Vorteil des Mailverkehrs sei natürlich auch, dass er kostenfrei sei. Der SMS-Dienst werde für kurze Fragen genutzt.

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