Das Unterbaselbiet ist deutlich nach rechts gerückt

Das Unterbaselbiet wählte bei den eidgenössischen Wahlen deutlich weiter rechts als vor vier Jahren. Nur weil das politische Kräfteverhältnis im Oberbaselbiet stabil blieb, hatte dies keine Folgen auf die Sitzverteilung der Nationalratsdelegation.

Vor allem das Unterbaselbiet rückte weiter nach rechts – vorerst noch ohne Auswirkungen auf das politische Kräfteverhältnis

(Bild: Basile Bornand)

Das Unterbaselbiet wählte bei den eidgenössischen Wahlen deutlich weiter rechts als vor vier Jahren. Nur weil das politische Kräfteverhältnis im Oberbaselbiet stabil blieb, hatte dies keine Folgen auf die Sitzverteilung der Nationalratsdelegation.

Das Zwischenresultat, das die Baselbieter Landeskanzlei am Wahlsonntag kurz vor 14 Uhr veröffentlichte, bedeutete für die SP einen Schreckmoment: Nach 32 von 86 ausgezählten Gemeinden sah es so aus, als ob die SVP auf Kosten der SP einen Sitz im Nationalrat hinzugewinnen würde.

Das Schlussresultat vermochte die Gemüter der Genossinnen und Genossen aber wieder zu beruhigen. Bei der Sitzverteilung im Kanton Baselland mit zwei Sitzen für die SP und die SVP sowie je einem Sitz für die FDP, die Grünen und die CVP ist alles beim Alten geblieben. Dazu kam, dass SP-Ständerat Claude Janiak seine Wiederwahl im ersten Durchgang schaffte und die grüne Nationalrätin Maya Graf, die im Vorfeld als Wackelkandidatin gehandelt wurde, am meisten Stimmen erhielt.

Rechtsrutsch bei den Parteistimmen



Parteistimmen des gesamten Kantons Baselland: Die SVP baute ihre Spitzenposition aus, FDP und CVP machten an Boden gut.

Parteistimmen des gesamten Kantons Baselland: Die SVP baute ihre Spitzenposition aus, FDP und CVP machten an Boden gut. (Bild: BL)

Die Sitzverteilung deutet auf politische Stabilität hin. Das gilt indes nicht für die Parteistimmen. Hier vollzog das Baselbiet wie schon bei den Regierungsrats- und Landratswahlen im Februar dieses Jahres einen deutlichen Rechtsrutsch. Ging der Stimmenanteil der SP von 24 Prozent im Jahr 2011 auf 21,2 Prozent zurück, verzeichneten die bürgerlichen Parteien einen deutlichen Aufwärtstrend: Die SVP steigerte ihren Parteistimmenanteil von 27 auf 29,4 Prozent, die FDP von 11,2 auf 15,3 Prozent und die CVP von 7,8 auf 8,4 Prozent, während die Grünen ihren Stimmenanteil von rund 12,8 Prozent halten konnten.

Die Baselbieter SP kann sich also noch einmal im Proporzglück sonnen. «Entscheidend ist, dass wir wieder zwei Sitze geholt haben», sagte SP-Nationalrat Eric Nussbaumer im Interview mit der TagesWoche: «Am Schluss zählt in der Bundesversammlung nur der Sitz.»

Die Rechten im Unterbaselbiet auf dem Vormarsch

Auffällig am Wahlresultat ist, dass der Rechtsrutsch vor allem in den stadtnahen Unterbaselbieter Gemeinden stattfand, während die Kräfteverhältnisse im traditionell konservativen Oberbaselbiet mehr oder weniger stabil blieben – mit einer erstaunlichen Ausnahme: In den Bezirken Liestal, Sissach und Waldenburg gehören die Grünen zu den deutlichen Wahlgewinnern, während sie im Unterbaselbiet einen Prozentpunkt verloren haben.



Im Unterbaselbiet überholte die SVP die SP als stärkste Kraft, die FDP erstarkte, während die Grünen an Stimmen verloren.

Im Unterbaselbiet überholte die SVP die SP als stärkste Kraft, die FDP erstarkte, während die Grünen an Stimmen verloren. (Bild: BL)

Den Baselbieter Linken dürfte aber viel Kopfzerbrechen bereiten, dass die SP im Bezirk Arlesheim ihre ehemalige Position als stärkste politische Kraft an die SVP abtreten musste. Konnten die Sozialdemokraten 2011 noch 25,4 Prozent der Parteistimmen vereinigen, sind es aktuell nur noch 22,8 Prozent. Gleichzeitig konnte die SVP ihren Anteil von 23,8 auf 26,5 Prozent erhöhen. Starken Aufwind verspürt auch die FDP, die ihren Parteistimmenanteil von 11,7 auf 16,5 Prozent steigern konnte.

Die SP muss über die Bücher

Die Baselbieter SP-Co-Präsidentin Regula Meschberger gab sich am Wahlsonntag entsprechend nachdenklich: «Das ist ein Thema, das uns beschäftigen wird», sagte sie im Interview mit der TagesWoche. «Wir müssen über die Bücher gehen und herausfinden, warum wir im Unterbaselbiet Stimmen verloren haben.»

Das klingt ziemlich ratlos. Die Genossinnen und Genossen dürften Mühe haben zu erklären, warum die SP auch in urbanen Gemeinden, die unmittelbar an die linke Kernstadt Basel grenzen, ihre Spitzenposition an die SVP abtreten musste. Dies war konkret in Allschwil und Binningen der Fall.

Dass die SVP die SP in ihren traditionellen Hochburgen Münchenstein und Birsfelden nicht zu überholen vermochte, dürfte ein kleiner Trost sein. Denn im zweiten Speckgürtel-Ring – unter anderem mit Reinach, Bottmingen, Oberwil, Therwil und Muttenz – konnte die SVP umso stärker auftrumpfen. Als Ausnahme sticht hier die reiche Gemeinde Arlesheim hervor. Nicht nur, dass die SP da ihre Spitzenposition behaupten konnte, auch die Grünen dürfen sich anders als im übrigen Unterbaselbiet eindeutig zu den Wahlsiegern zählen.

Politgraben zwischen Kernstadt und Agglomeration

Dass sich der politische Links-Rechts-Graben von der Grenze zwischen dem urbanen und dem ländlichen Raum an die Grenze zwischen Kernstadt und Agglomeration verlagert hat, ist kein neues Phänomen. Daniel Kübler, Professor für Demokratieforschung und Public Governance an der Universität Zürich, hat im Rahmen eines Forschungsprojekts des Zentrums für Demokratie in Aarau untersucht, wie sich die Agglomerations-Entwicklung auf das Wahlverhalten der Schweizer Bevölkerung auswirkt. «Der grösste Unterschied besteht zwischen Kernstädten und den Gemeinden des Agglomerationsgürtels», schrieb er bereits 2011 in einem Aufsatz in der NZZ.

So ist die Skepsis gegenüber der Zuwanderung und anderen Kulturen in den Agglomerationsgemeinden um vieles grösser als in der Kernstadt, welche die nicht nur negativen Folgen unmittelbar zu spüren bekommt. Das zeigt sich nicht nur bei den Wahlen, sondern auch bei Abstimmungen. Ein deutliches Zeichen war die Abstimmung über die Minarettinitiative im Jahr 2009. Die rechtsbürgerliche Vorlage wurde mit einem Ja-Stimmenanteil von 55,48 Prozent im Unterbaselbiet relativ deutlich angenommen. Einzig die Gemeinde Arlesheim lehnte die Initiative damals ab.

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