Der 1. Weltkrieg und seine Spuren im Musée jurassien

Das Musée jurassien d’art et d’histore zeigt Erinnerungsstücke aus dem Ersten Weltkrieg. Dabei öffnen sich auch Fenster zur Gegenwart.

Eine Gasmaske erinnert an den Horror des Gaskriegs. (Bild: @ MJAH/Pierre Montavon)

Das Musée jurassien d’art et d’histore zeigt Erinnerungsstücke aus dem Ersten Weltkrieg. Dabei öffnen sich auch Fenster zur Gegenwart.

Die Schweiz war nicht direkt in die Schlachten des Ersten Weltkriegs involviert. Dennoch beschäftigte das Kriegsgeschehen auch in unserem Land viele Menschen. Manche versuchten von geeigneten Punkten an der Schweizer Grenze aus sich ein Bild von den Kämpfen im Elsass und im französischen Jura zu machen. Andere wiederum begannen schon kurz nach Ausbruch der Feindseligkeiten, «Dokumente» unterschiedlichster Art zu sammeln, die dereinst an die Geschehnisse erinnern sollten.

Einer dieser Sammler war Arthur Daucourt (1848–1926), ein jurassischer Landpfarrer, der sich 1905 in Delémont niederliess, wo er als Historiker und Stadtarchivar wirkte und im gleichen Jahr das Musée jurassien d’art et d’histore gründete. Ihm verdankt das Museum auch eine Sammlung unterschiedlichster Dokumente und Gegenstände aus den Jahren 1914–1918 sowie ein Kriegstagebuch.

Nahes Grollen der Kanonen

Im Jura, nahe der deutschen und französischen Grenze, war der Erste Weltkrieg kein fernes Geschehen. Am 25. Januar 1917 beispielsweise notierte Daucourt: «Kanonenfeuer. Es ist schrecklich heute Abend! Was für ein Lärm.»

Neben solchen Einträgen und Schilderungen des Kriegsgeschehens finden sich in dem acht Bände umfassenden Tagebuch auch viele Karten und Fotos, die ein eindrückliches Bild jener Tage vermitteln.



Blick in das Tagebuch von Arthur Daucourt, in dem er das Kriegsgeschehen dokumentierte.

Blick in das Tagebuch von Arthur Daucourt, in dem er das Kriegsgeschehen dokumentierte. (Bild: @ MJAH/Pierre Montavon)

Neben dem Kriegstagebuch legte Daucourt eine beachtliche Sammlung von Erinnerungsstücken unterschiedlichster Art an. Diese sollten auch dann noch an das Geschehen erinnern, wenn die Zeitzeugen des Weltkriegs einmal nicht mehr lebten.

Versöhnlicher Blick zurück

Vor diesem Hintergrund ist es einleuchtend, dass das Musée jurassien d’art et d’histore Arthur Daucourts Sammlung als Ausgangspunkt für seine Ausstellung «14 – 18 aus heutiger Sicht» genommen hat.

Zusätzlich zur Ausstellung «14 – 18 aus heutiger Sicht», die bis zu 2. August 2015 dauert, ist im Musée jurassien d’art et d’histore vom 23. Januar bis zum 3. Mai 2015 die Ausstellung «Krieg spielen! Krieg spielen? – eine Auseinandersetzung mit Kriegsspielen und Kriegsspielsachen» zu sehen.

Von den ausgewählten Objekten gehen diverse Erinnerungsspuren aus. Eine davon führt beispielsweise ins französische Dorf Joncherey, das zwei Kilometer nördlich vom Grenzort Delle liegt. In Joncherey kam es am 2. August 1914, am Vorabend der Kriegserklärung Deutschlands an Frankreich, zu einem Schusswechsel zwischen einer deutschen Patrouille und einem französischen Posten, bei dem ein Leutnant und ein Caporal tödlich getroffen wurden. In Daucourts Sammlung gibt es ein Stück Holz des Baumes, der bei der Schiesserei zerfetzt wurde. Die Ausstellung erinnert an diesen Vorfall, weiss aber auch von einer versöhnlichen Zeremonie zu berichten, die hundert Jahre später im Zeichen der deutsch-französischen Freundschaft in Joncherey stattfand.

Vielfältige Veränderungen

Der Erste Weltkrieg brachte in verschiedensten Bereichen einschneidende Veränderungen. Mehrere davon werden auch in Delémont thematisiert. Zwei Gasmasken etwa erinnern an den Horror des Gaskriegs, in dessen Verlauf nicht nur zahlreiche Todesopfer zu beklagen waren, sondern auch über 1,2 Millionen Menschen erblindeten oder lungenkrank wurden. Heute werden chemische Waffen leider wieder in einzelnen Konflikten eingesetzt. Im Zweiten Weltkrieg verzichteten die kriegsführenden Länder anscheinend darauf.

Zigaretten für den Schützengraben: Im Weltkrieg stieg der Tabakkonsum massiv.

Zigaretten für den Schützengraben: Im Weltkrieg stieg der Tabakkonsum massiv. (Bild: © MJAH)

Andere in der Ausstellung angesprochene Veränderungen wirkten sich auch in den Alltagsgewohnheiten aus. So stieg in den Kriegsjahren der Tabakkonsum enorm an. Deutschland, das 1914 zirka 2 Tonnen Tabak einführte, importierte vier Jahre später fast 55 Tonnen und 1919 gar 240 Tonnen. Ein ähnliches Bild zeigt sich für Frankreich. 1914 führte es weniger als 2 Tonnen Tabak ein, 1918 waren es fast 150 Tonnen.

Die kriegführenden Länder bezogen Raucherwaren und Tabak in der Schweiz, welche die Zigarettenproduktion beträchtlich steigern konnte. Dabei kam auch die Firma Burrus in Boncourt zum Zug.

Die Ernährungsgewohnheiten änderten sich ebenfalls. So gewöhnten sich beispielsweise die eingezogenen Schweizer Wehrmänner während des Dienstes an den morgendlichen Kakao.

Die Ausstellung «14 – 18 aus heutiger Sicht» ist eine spannende Spurensuche. Sie will nicht «la Grande Guerre» inszenieren, sondern uns dazu anregen, diversen mit ihm verbundenen Geschichten und Veränderungen nachzugehen. Hilfreich dabei ist das hervorragende Begleitheft zur Ausstellung, das auch auf Deutsch erhältlich ist.
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Musée jurassien d’art et d’histore
, 52, rue du 23-Juin, Delémont.

Öffnungszeiten: Di–Fr 14–17 Uhr, Sa–So 11–18 Uhr.
Eintritt: 6 Franken (AHV: 4 Franken), mit dem Oberrheinischen oder dem Schweizer Museumspass gratis.

Am Sonntag, 25. Januar, von 14 bis 15 Uhr, findet in der Ausstellung Exposition 14 – 18 aus heutiger Sicht eine öffentliche Führung statt.

Weitere Führungen auf Französisch: Les petites visites du dimanche (Beginnen jeweils um 15 Uhr, Dauer etwa 45 Minuten)
– Exposition 14 – 18 / regards actuels: 8. Februar, 8. März, 19. April
– Jouer à la guerre! Jouer à la guerre?: 25. Januar, 22. Februar, 29. März

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