Der Gewerkschafter Daniel Münger will für die SP in die Baselbieter Regierung. Anders als sein gescheiterter Weggefährte Eric Nussbaumer verfügt Münger über die nötige Cleverness. Selbst die Wirtschaftskammer hält grosse Stücke auf ihn.
Daniel Münger will es anders machen. Er gibt nicht zu, der wahrscheinliche Regierungsratskandidat der Baselbieter Sozialdemokraten, dass er aus den Fehlern des gescheiterten Eric Nussbaumer gelernt hat, aber es ist offensichtlich. Münger, ein enger Weggefährte des Nationalrats, ist der Anti-Nussbaumer.
Die SP Baselland hat am 28. August Regula Nebiker und Daniel Münger als Kandidaten für die Regierungsratswahlen 2015 nominiert. Mehr dazu. Dieses Porträt erschien vor der Nomination.
Mehr über Regula Nebiker im Interview mit der Stadträtin von Liestal (vom 5. Oktober 2012).
Jovial ist der Gewerkschafter im Gespräch selten; wird er zotig, wirkt das gezielt eingestreut. Seine Sprüche rezykliert er in Gesprächen mit Journalisten, etwa den, dass er sich auf keinen Fall zur Frau umbauen lassen werde, um parteiintern zu punkten. Münger lacht schallend, die Geschlechterdebatte wird in der Baselbieter SP intensiv geführt. Die Frauen in der Partei sind der Ansicht, jetzt seien sie an der Reihe, Bildungsdirektor Urs Wüthrich zu ersetzen. Münger liefert einen Spruch hinterher: «Ich habe eine Frau und drei Töchter – bei mir kommt der Artenschutzartikel zur Geltung.»
Münger witzelt über Genderdebatte
Damit ist das Gender-Thema abgehandelt. Bisschen lächerlich das Ganze, will der Münchensteiner damit sagen. Verschwinden wird die Debatte so einfach nicht, auch weil neben dem Aussenseiter Christoph Hänggi aus Therwil die Liestaler Stadträtin Regula Nebiker aufs SP-Ticket will. Nebiker entstammt einem alt-eingesessenen Baselbieter Politiker-Geschlecht, zudem dem oberen Kantonsteil, wo noch immer das politische Machtzentrum liegt.
Zum Zug kommt Münger nur, weil sein Freund Nussbaumer abgelehnt hat, einen dritten Anlauf in das Regierungsamt zu nehmen, und nun in den Ständerat drängt. Münger, die Nummer zwei. Man findet bei ihm weder die Ausstrahlung Nussbaumers, noch seine Hauruck-Rhetorik oder seine öffentlich inszenierte Angriffslust und moralische Überlegenheit. Münger ist kein Visionär, kein Vorreiter, kein selbsternannter Retter des Pleitekantons: «Wir sind doch keine Bananenrepublik, Supermänner passen nicht zur Schweiz und auch nicht zum Kanton Baselland.»
Was kann der Mann überhaupt?
Münger ist vieles nicht – was ist er denn? In der Partei und darüber hinaus hört man nur anerkennende Worte über ihn. Frühere Parteigranden sollen an seiner Seite stehen.
Christoph Buser, FDP-Strippenzieher und Chef der einflussreichen Wirtschaftskammer, sagt über Münger: «Grundsätzlich ist er ein politischer Gegenspieler. Mit Münger habe ich im Landrat aber einen Kollegen kennen gelernt, mit dem es möglich war, am Morgen zu einem politischen Thema knallhart bis zum ‹geht nicht mehr› gegenseitige Standpunkte zu vertreten und am Nachmittag im Rahmen der Sitzung einer paritätischen GAV-Kommission gemeinsame Vollzugsmassnahmen zu diskutieren und zu beschliessen. Auf beiden Seiten ohne jegliche Retourkutschenpolitik zu den gegensätzlichen, harten Diskussionen am Morgen.»
Buser lobt die Zusammenarbeit mit Münger im Kampf gegen Schwarzarbeit und Lohndumping, als die politischen Gegner gemeinsam ein Gesetz durchbrachten, das dem Kanton mehr Instrumente im Kampf gegen Dumpinglöhne gibt. Buser hat Münger zur Kandidatur gratuliert. Münger kommentiert das vorsichtig: «Man muss immer aufpassen, ob das nicht Gefälligkeitsvoten sind, ich kann das nicht abschätzen.»
Nähe zur Wirtschaftskammer
Seine Nähe zur Wirtschaftskammer wird parteiintern durchaus skeptisch betrachtet. Münger sagt, es handle sich um eine normale und beruflich bedingte Zusammenarbeit: «Du brauchst eine breite Mehrheit, um etwas durchzubringen, das habe ich bewiesen im Landrat. Flankierende Massnahmen, Schwarzarbeit, da habe ich einiges erreicht. Keiner bekommt in diesen Bereichen alleine etwas durch.»
Jetzt ist er auf Tournee durch die Schweiz und zeigt in anderen Kantonen, wie Fortschritte im Kampf gegen ausbeuterische Löhne zu erzielen sind. Sieben, acht Kantone wollen wissen, wie das bürgerliche und in andern Belangen zaudernde Baselbiet zum Vorkämpfer gegen Lohnmissbräuche wurde. Müngers Erfolgsrezept: «Nur poltern, wenn am Verhandlungstisch nichts mehr geht. Streik darf nur das letzte Mittel sein.» Und zweitens: Bürgerliche Partner einspannen.
Mit diesem Erfolg verabschiedete sich der gelernte Metallschlosser aus dem Landrat. Es wäre sowieso seine letzte Legislatur gewesen, er wäre unter die Amtszeitguillotine gefallen. Er habe einer jungen Kollegin Platz machen wollen, sagt Münger. Der Schritt war auch kalkuliert. Nach seinen beachtlichen Erfolgen im zerstrittenen Parlament stand Münger als Brückenbauer und als durchsetzungsfähig da. Er konnte fortan nur noch verlieren.
Kein politisches Programm
Nun ist er in einer guten Position, Wüthrichs Nachfolge antreten zu können. Ende August entscheiden die Delegierten der Partei, wer aufs Ticket kommt für die Wahlen im Februar 2015. Er rechne sich durchaus Chancen aus, sonst wäre er nicht angetreten. Und um diese nicht zu kompromittieren, hält er sich politisch zurück. Auf seiner Website finden sich keine Hinweis auf Ziele als Regierungsrat.
Für eine neue Wohnbaupolitik werde er sich einsetzen, lässt sich Münger immerhin entlocken. Der Kanton müsse den Gemeinden Vorgaben machen, wie sie sich weiterentwickeln. «Der Kanton muss definieren, wo wohnt man, wo arbeitet man, wo erholt man sich.» Ein derartiger Richtplan existiert längst, doch er liegt jungfräulich in der Schublade, weil niemand bereit ist, Kompetenzen abzutreten. Eben, meint Münger: «Es gibt gute Pläne, aber man muss sie umsetzen. Wir verwalten im Kanton viele Probleme. Landrat, Regierung, Gemeinden haben Angst, Entscheidungen zu treffen und vorwärts zu machen.»
Steuern sollen so bleiben
Ist er für die Fusion mit Basel-Stadt? «Ich bin dafür, dass alle Fakten auf den Tisch gelegt werden, bevor ein Entscheid getroffen wird.» Nussbaumer war als Fusionsturbo verschrien, Münger lässt sich alle Positionen offen. Muss das Baselbiet die Steuern erhöhen? Münger verneint: «Die vorhandenen Mittel reichen aus.» Man dürfe aber keine weiteren Steuergeschenke machen. Der Steuerwettbewerb mit den Gemeinden sei allerdings «unsäglich». Damit punktet er wiederum in den eigenen Reihen, ohne gleich die Bürgerlichen aufzuschrecken.
Münger weiss: «Im Kanton Baselland gewinnt als Linker nur, wer breit abgestützt ist.» Er weiss auch: Eric Nussbaumer scheiterte trotz vorzüglicher Ausgangslage, weil er zu wenig Cleverness besass.