Weniger ist mehr: Der Gewerbeverband Basel-Stadt möchte lieber, dass Geringverdiener arbeiten und Sozialhilfe kassieren, anstatt ganz am Tropf zu hängen. Bei einer Annahme der Mindestlohninitiative würden viele ihren Job ganz verlieren, statt mehr Geld zu erhalten.
Nach der 1:12-Initiative ist es der Mindestlohn, von dem der Gewerbeverband einen Wegfall von Arbeitsplätzen erwartet. Um die Annahme der Initiative zu verhindern, lud der Gewerbeverband Basel-Stadt am Dienstagmorgen zur Medienorientierung in die Safranzunft.
Laut Nationalrat Daniel Stolz wären vor allem viele kleinere Unternehmen auf dem Land nicht in der Lage, den Mindestlohn zu bezahlen. «Dort ist das Preisniveau tiefer, weshalb auch das Lohnniveau unter jenem in der Stadt liegt», sagte er. Der Mindestlohn würde für Landbetriebe einen grösseren Lohnsprung bedeuten, was ihnen stärker zur Last fällt als den städtischen. Das Land würde wirtschaftlich geschwächt, und über die Umverteilung auch die Stadtkantone.
Für David Weber von der Medienstelle des Gewerbeverbands BS wäre der Mindestlohn in Städten ohnehin zu niedrig: «In Zürich reichen unter Umständen auch 4000 Franken nicht zum Leben.»
Weniger Anreiz auf Berufsausbildung
Der Mindestlohn richtet sich vor allem an jene, die trotz Vollzeitarbeit ohne Sozialhilfe finanziell nicht durch den Monat kämen. Laut Malergeschäftsführer Christo Spaltenstein helfe diesen der Mindestlohn nicht. «Im Gegenteil», sagte er, «durch den Mindestlohn ist es weniger attraktiv, eine Berufsausbildung zu machen.» Wenn alle, gelernt oder ungelernt, einen Mindestlohn verdienten, fehle der kurzfristige Anreiz für Junge, eine Lehre zu machen.
«Besser, man arbeitet und erhält Sozialleistung, als dass man gar keine Stelle hat und vollständig von der Sozialhilfe abhängig ist.»
Das Argument von Unia-Gewerkschafterin Corinne-Schärer, wonach, wer voll arbeitet, von seinem Lohn auch leben können soll, lässt Gewerbeverbands-Sprecher David Weber nicht gelten: «Besser, man arbeitet und erhält Sozialleistung, als dass man gar keine Stelle hat und vollständig von der Sozialhilfe abhängig ist.» Tiefe Löhne seien mehrheitlich bei Berufseinsteigern verbreitet.
Kein Einsteigerproblem
Dem widerspricht allerdings der Schweizerische Gewerkschaftsbund (SGB): «Die grosse Mehrheit, drei Viertel, der Erwerbstätigen mit Löhnen unter 22 Franken pro Stunde, sind älter als 25 Jahre. Unter Tieflöhnen leiden damit in erster Linie erfahrene Berufsleute.»
Für Rolf Köhli, Inhaber der Coiffeur-Geschäfte «HairSign», könnten viele Betriebe keine Mindestlöhne auszahlen. «Diese Unternehmen wären dazu gezwungen, an Randzeiten zu schliessen oder Personal zu entlassen.» Betriebsausgaben wie die Ladenmiete blieben gleich, während die Betriebe weniger Ertrag einfahren würden. Um dies zu kompensieren, müssten die Betriebe den höheren Lohn ihrer Angestellten auf die Konsumenten abwälzen. Anwohner grenznaher Gebiete würden dann einfach ins nahe Ausland abwandern, um dort zu konsumieren.
Ähnliche Konsequenzen würde das Gewerbe ziehen, warnt Daniel Stolz, FDP-Nationalrat. «Ein Abwandern in den Osten Europas ist für viele Betriebe durchaus eine Option», sagte er. Eine Option, die für Betriebe im Gastgewerbe und Coiffeursalons weniger in Frage kommen dürfte.