Der Gewerbeverband kämpft mit alten Zahlen gegen die neue Raumplanung

Fehlstart für die Kampagne des Gewerbeverbands gegen die Revision des Raumplanungsgesetzes: Das Komitee argumentierte an seiner Medienkonferenz mit manipulierten Zahlen. Sagte ein Mitarbeiter des Bundesamts für Raumentwicklung. Da wurde es kurz ungemütlich im Medienzentrum des Bundeshauses.

Jean-François Rime, der Präsident des Schweizerischen Gewerbeverbandes, war nicht sehr erfreut ob der Intervention des Mitarbeiters des Bundesamts für Raumentwicklung. (Bild: Keystone)

Fehlstart für die Kampagne des Gewerbeverbands gegen die Revision des Raumplanungsgesetzes: Das Komitee argumentierte an seiner Medienkonferenz mit manipulierten Zahlen. Sagte ein Mitarbeiter des Bundesamts für Raumentwicklung. Da wurde es kurz ungemütlich im Medienzentrum des Bundeshauses.

Geschlagene dreiviertel Stunden lang mühten sich die sechs Vertreter auf dem Podium durch ihre mehr oder minder identischen Redetexte. Brandmarkten das «Diktat aus Bern», die «Horror-Mieten», die linken Vorstellungen eines richtigen Lebens, die latente Autofeindlichkeit, die «staatlichen Enteignungen», die Utopie des verdichteten Bauens, die «Regulierungsflut», das Ende des Föderalismus as we know it und natürlich die unvermeidlichen Steuererhöhungen, die ein Ja zum revidierten Raumplanungsgesetz (RPG) am 3. März zur Folge hätten.

Jean-François Rime gab sich besonders fest Mühe. Der Sägereibesitzer aus Bulle, SVP-Nationalrat und Präsident des Schweizerischen Gewerbeverbands kämpfte sich auf Deutsch durch sein Referat (man wird so halt besser gehört im Medienzentrum des Bundeshaus) und beantwortete auch die ersten Fragen der Journalisten tapfer auf Deutsch. 

Kleine Explosion

Bis ganz zum Ende der Präsentation. Da hatte Rime genug. Explosionsartig und ziemlich erbost liess er einen Schwall Französisch auf jenen Mann niedergehen, der aus der eher trockenen Veranstaltung zum Auftakt der Abstimmungskampagne der RPG-Gegner einen lebhaften Schlagabtausch gemacht hatte: «Sie liefern uns keine Zahlen! Das ist doch keine Kommunikation», rief Rime. Der Angesprochene, Daniel Wachter, Leiter der Sektion nachhaltige Entwicklung im Bundesamt für Raumentwicklung (ARE), wiederholte darauf sein Statement ein zweites Mal: «Sie operieren mit falschen Zahlen, die nicht vom ARE stammen. Und ich bitte Sie, die Karte mit diesen Zahlen nicht zu verwenden.»

Einen Teufel werde er tun (sagte Rime sinngemäss) und gab das Wort wieder den Journalisten zurück. «Das ist hier kein Ort für politische Debatten!»

Eine lustige Schweizer-Karte

Aber da war der Mist schon geführt, das Thema gesetzt. Die Mitglieder des Komitees operierten in ihren Einführungsvorträgen ziemlich offenherzig mit Zahlen. 3 Milliarden Franken würde das neue Gesetz die Einwohner des Kantons Wallis kosten, 37 Milliarden würden die Entschädigungen insgesamt betragen (sagte Hans Ulrich Bigler, Direktor des Gewerbeverbands), insgesamt müssten 18’800 Hektaren Bauland ausgezont werden. All diese Zahlen kulminierten in einer lustigen Schweizerkarte, die für jeden Kanton separat ausweist, wieviele Hektaren Bauland nach einem Ja zur Revision ausgezont werden müssen.

Manipuliert. Das Bundesamt für Raumentwicklung distanziert sich von dieser Karte, die das Komitee verbreitet.

Manipuliert. Das Bundesamt für Raumentwicklung distanziert sich von dieser Karte, die das Komitee verbreitet.

 

Am Montag hatte Bundesrätin Doris Leuthard beim Start der Ja-Kampagne jedoch betont, dass man heute noch nicht genau sagen könne, wieviele Hektaren Bauland nach der Abstimmung ausgezont werden müsse. Zuerst brauche es eine Bedarfsabklärung in allen Kantonen. Als ein Journalist an der Medienorientierung das Komitee auf diesen Widerspruch hinwies, schlug die Stunde von Daniel Wachter: «Diese Zahlen sind nicht von uns. Ich bitte Sie, sie nicht mehr zu verwenden.»

Alt und manipuliert

Die Zahlen auf der Karte (die übrigens der Gewerbeverband Wallis gebastelt hat) stammen aus der Fahrländer-Studie aus dem Jahr 2008, die vom ARE in Auftrag gegeben wurde. Seither wurde aber erstens massiv gebaut und zweitens gingen die Prognosen für die Bevölkerungsentwicklung noch einmal nach oben. Heisst: Die Fläche der unbebauten Bauzonen ist deutlich kleiner geworden, Rückzonungen würden nicht im vom Komitee befürchteten Mass stattfinden. «Zusätzlich wurden die Daten nach oben manipuliert», sagte Wachter nach der Medienkonferenz und verwies auf die aktuellste Studie in diesem Zusammenhang – der Bauzonen-Statistik 2012 des Bundesamts für Raumentwicklung.

Einen Rechtsstreit will Wachter nicht vom Zaun brechen; auch nicht, wenn das Komitee die Karte weiter verwendet. «Es geht uns darum, in der Öffentlichkeit gehört zu werden.» Das zumindest hat der Mitarbeiter des Bundesamts für Raumentwicklung an diesem Donnerstag geschafft.

Quellen

Bauzonen-Statistik 2012 des Bundesamts für Raumentwicklung.

Die Fahrländer-Studie zu den Schweizer Bauzonen aus dem Jahr 2008.

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