Am liebsten hätten Finanzdirektorin Eva Herzog (SP) und die Mehrheit des Parlaments diesen Mittwochmorgen wohl einfach übersprungen. Ein Hinterzimmerdeal hatte die Debatte zur kantonalen Umsetzung der Steuervorlage 17 komplett überflüssig gemacht. Klar war, dass die Steuern für Firmen und Privatpersonen sinken sollten. Klar war auch, dass die Vorlage durchkommen würde. Was sich am Mittwoch den Anwesenden bot, war deswegen nur noch fürs Protokoll.
Nun ist es alles andere als aussergewöhnlich, dass sich die Parteien bereits vor einer Debatte austauschen und aufeinander abstimmen. Dass sie sich aber wie in diesem Fall schon im Vorhinein über die Details eines Geschäfts einigen und darüber hinaus ihre Zustimmung per Unterschrift garantieren, das ist einzigartig.
Keine Debatte mehr möglich
Die Vertreter des Grünen Bündnisses, die als Einzige eine inhaltliche Debatte über das Geschäft lancieren wollten, erschienen in diesem Setting den anderen bloss als mühsame Querulanten. In der Folge sahen sie einen Änderungsantrag nach dem anderen von einer grossen Mehrheit abgeschmettert, zum Teil ohne inhaltliche Begründung.
Alle anderen von SVP bis SP nickten das Geschäft gemäss vorgängiger Vereinbarung ab, ohne wirklich auf den Inhalt einzugehen.
Dabei geht es um sehr viel: Der Steuersatz für Unternehmen soll von 22 auf 13 Prozent gesenkt werden. Steuerausfälle von geschätzt 130 Millionen Franken sind die Konsequenz. Dann die Senkung der Kapitalsteuer, die mit 70 Millionen Franken zu Buche schlägt. Und auch die Steuern für natürliche Personen sollen fallen. Das sind nochmals rund 70 Millionen Franken weniger Steuereinnahmen für den Kanton.
Dazu kommen weitere Punkte wie Erhöhung der Prämienverbilligungen und Kinderzulagen sowie die Einführung von Steuervergünstigungen für Unternehmen wie der Patentbox. Alle Details zur Reform finden Sie hier:
In der Grossratsdebatte war von all dem wenig zu hören. Die Senkung der Kapitalsteuer zum Beispiel wurde mit keinem Wort erwähnt. Am Ende wurde die Megareform mit 77 Ja- zu 8 Nein-Stimmen angenommen. Alle grossen Parteien rühmten im Anschluss den «Basler Kompromiss».
Fehlende Begründungen
Völlig offen blieben einige Fragen. Zum Beispiel, wie denn die SP von ihrer Kernforderung abkam, dass es keine Steuersatzsenkung geben sollte? Oder warum liess eigentlich die SVP eine ihrer Forderungen nach noch mehr Steuersenkungen fallen?
Kurz: Zuhörer und Bevölkerung mussten darauf verzichten, von ihren Parlamentarierinnen und Parlamentariern Begründungen zu hören, wie sie ihre Entscheide getroffen haben.
Finanzdirektorin Herzog, die durch ihren Kompromiss einen ruhigen Vormittag verlebte, dankte den Parteien, «die mitgemacht haben und bereit waren, über ihren Schatten zu springen».
Die BastA!, der Herzog nicht dankte, könnte den Basler Kompromiss noch verhindern. Sie hat das Referendum dagegen angekündigt. So wird voraussichtlich die Stimmbevölkerung das letzte Wort dazu haben.
Korrigendum: In der ursprünglichen Version des Artikels wurde Eva Herzog mit der Aussage zitiert, die gute Zusammenarbeit mit den Parteien sei ein Zeichen, dass man solche Kompromisse in Zukunft vermehrt im engen Kreis finden sollte. Dies hat sich als Missverständnis herausgestellt. Gesagt hat Herzog, dass bei Bundesreformen Kompromisse vermehrt in der enger begrenzten Vorlage gesucht werden sollten.