Die Sicherheitskommission (SiK) des Nationalrats diskutiert jetzt über Waffenmissbrauch. Die Debatte dreht sich aber fast nur um Armee- und Neuwaffen, die nur einen geringen Teil aller Kleinwaffen im Land ausmachen.
Nur wenige Tage nach der Bluttat von Daillon diskutiert die Sicherheitspolitische Kommission des Nationalrats (SiK-N) seit Anfang Woche vier Motionen zur Problematik der Feuerwaffen in Schweizer Haushalten. Einer der Vorstösse betrifft etwa die «Verbesserung des Informationsaustausches zwischen den Behörden der Kantonen und des Bundes». Ein anderer will den Gerichten bessere Möglichkeiten geben zur Verhängung von «Waffenverboten» gegen Gewalttäter als «strafrechtliche Massnahme».
Verheddert im Dateien-Gestrüpp
Als Grundlage dient den Volksvertretern bei ihren Beratungen der neuste «Bericht des Bundesrates» über die «Bekämpfung von Waffenmissbrauch» Das 19 Seiten starke Papier zeigt indes, dass vor allem Details und Nebenaspekte diskutiert werden. Wohl hat auch schon der Ständerat den Bundesrat beauftragt, «rechtliche Grundlagen zu schaffen» und «Massnahmen zu treffen», damit «militärische und zivile Strafverfolgungs- und Polizeiorgane den Einzug von zivilen und Armeewaffen anordnen könne, wenn ernstzunehmende Anzeichen und Hinweise auf eine Selbst- oder Drittgefährdung» bestehen. Doch verheddern sich Bundesrat und Parlament zusehends im Gewirr aus Datenbanken bei «kantonalen Waffenbüros» und Dateien auf der Waffenplattform «Armada» bei der «Zentralstelle Waffen» des Bundesamtes für Polizei im Departement Sommaruga.
Schwierige Harmonisierung
Auf Armada gibt es da etwa die «DEBBWA», die «Datenbank über den Einzug und die Verweigerung von Bewilligungen und die Beschlagnahme von Waffen». Aber auch eine «DAWA», was nicht etwa ein feines Dessert ist, sondern eine «Datei über die Abgabe und den Entzug von Waffen der Armee».
Im Rahmen eines «Grossprojektes Harmonisierung der Polizeiinformatik (HPI)» versuchen die Kantone seit Jahren alle diese Datenbanken zu vernetzen. Doch erst 2014 soll gemäss dem Bericht des Bundesrates «die Waffenplattform so ausgebaut werden», dass «Bund und Kantone die gesamte Administration rund um Waffen damit abwickeln können».
Beschränkt auf Armee- und Neuwaffen
Der Bundesrat verspricht sogar: «Zudem soll die Möglichkeit geschaffen werden, Online-Anfragen in allen kantonalen Waffenregistern zu machen.» Und die Bundes-Waffenplattform Armada soll an dieses kantonale «Informationsaustauschsystem» angebunden werden. Doch auch dann wird das Hauptproblem ungelöst bleiben, dass all die vernetzten Datenbanken kaum viel mehr als zehn Prozent der insgesamt weit über 2 Millionen Kleinwaffen im Land erfassen: Solide registriert sind beim Bund nur die knapp 200’000 Armeewaffen der Milizwehrmänner. Kantonal in Dateien aufgeführt werden auch lediglich neu erworbene Schusswaffen und Waffenhalter aufgrund der ausgestellten Waffenerwerbsscheine. Insgesamt sind das nicht mal 400’000 Feuerwaffen.
Schon der Begriff «Waffenerwerbsschein» zeigt das Problem auf. Registriert wird vorab der «Erwerb» eines Revolvers oder eines Gewehres. Ein «Waffenschein», analog zum «Fahrzeugausweis», wie ihn jedes Töffli im Land braucht, ist nirgends geplant. Damit bleiben fast 2 Millionen ältere und private Hand- und Faustfeuerwaffen im Land unerfasst im Dunklen. Und wenn der Bundesrat nun die zuständigen Behörden «in die Lage versetzen» will, notfalls «sofort die erforderlichen Massnahmen zu ergreifen und eine Waffe aus dem Besitz einer Person zu beschlagnahmen», verschweigt er den Haken dabei: Die Behörden wissen in den allermeisten Fällen gar nicht, wo die Waffen sind, und wer sie besitzt. Doch dieses zentrale Problem steht noch nicht einmal auf der Traktandenliste der SiK des Nationalrats.