Der neue Herr über die Bundesfinanzen

Serge Gaillard (57), ehemals SGB-Gewerkschafter und derzeit noch Direktor des Bundesamtes für Arbeit, wird ab 1. Oktober Chef der Finanzverwaltung im Departement von Eveline Widmer-Schlumpf. Wer ist Serge Gaillard? Ein Porträt.

Bundespräsidentin Eveline Widmer-Schlumpf lobt Serge Gaillard, den neuen Direktor der Eidgenössischen Finanzverwaltung, in höchsten Tönen. (Bild: PETER KLAUNZER)

Serge Gaillard (57), ehemals SGB-Gewerkschafter und derzeit noch Direktor des Bundesamtes für Arbeit, wird ab 1. Oktober Chef der Finanzverwaltung im Departement von Eveline Widmer-Schlumpf. Wer ist Serge Gaillard? Ein Porträt.

Bundespräsidentin Eveline Widmer-Schlumpf, ehemals SVP und jetzt BDP, rühmte den ehemaligen Gewerkschafter zu ihrer Rechten vor den Medien in höchsten Tönen: «Er deckt das Profil in optimaler Form ab», sagte sie. «Er ist eine starke Persönlichkeit mit fundiertem Wissen, strategischem Denken und hoher Sozialkompetenz.» Und: Sie brauche eben Leute, die ihr auch kompetent entgegentreten könnten.

Der derart Geadelte heisst Serge Gaillard. Er ist 57 Jahre alt, wohnt in Zürich, ist geschieden und hat zwei erwachsene Töchter. Ab Oktober  dieses Jahres übernimmt er nun – mit «optimalem Profil» – das wichtige Direktorium der Eidgenössischen Finanzverwaltung in Widmer-Schlumpfs Departement, dem EFD.

Der Chefökonom lernt auch von Marx

Gaillard kennt den Bund schon gut: Seit Anfang 2007 leitet der SP-Mann die Direktion für Arbeit im Volkswirtschaftsdepartement (EVD). CVP-Bundesrätin Doris Leuthard hatte Gaillard dorthin geholt. Und das hatte ihr von rechter Seite heftige Kritik eingebracht: Da wechsle der «Chefapparatschik» der Gewerkschaften und «linke Interventionist» nun «von der Kampffront ins hohe Staatsamt», frotzelte etwa die «Weltwoche». Das Zürcher Rechtsblatt fragte besorgt: «Haben die Wirtschaftsfunktionäre sich definitiv mit den Linken arrangiert?»

In jungen Jahren hatte sich Gaillard als Wirtschaftsstudent in Zürich tatsächlich mit der politischen Ökonomie von Marx, Lenin und Trotzki auseinandergesetzt. «Auch davon kann man einiges Lernen», antwortete der frisch erkorene höchste Finanzverwalter im Land an der Seite der Bundespräsidentin nun auf Nachfragen kalt lächelnd. Nach seinem Studium hatte der Makroökonom und Finanzfachmann mit Doktortitel dann bei der Konjunkturforschungsstelle (KOF) gearbeitet. Und bis Ende 2006 profilierte er sich in Bern beim Gewerkschaftsbund (SGB) vierzehn Jahren lang als oberster Chefökonom der Werktätigen im Land.

Architekt der Flankierenden

Als Direktor für Arbeit beim Bund, zeigte der grossgewachsene, schlanke Wirtschaftsfachmann dann sehr schnell, dass die Rechte auf Vorrat gemotzt hatte: Gaillard führte das Amt mit viel Umsicht und Kompetenz. Und auch die Funktionäre der Arbeitgeberverbände schätzten den Amtsdirektor bald als fundierten Gesprächspartner.

Gaillard, der sich als Velofahrer und Bergänger fit hält, sah zudem schnell, dass die bilateralen Verträge mit der EU und insbesondere der freie Personenverkehr bei den produktiv Arbeitenden eine schweren Stand haben würden. Er half darum entscheidend mit, die flankierenden Massnahmen zum Schutz der Einheimischen vor unfairer Konkurrenz auszuarbeiten. Der Erfolg des Bundesrates an der Urne gegen die SVP ist in dieser Sache mitunter Gaillards Verdienst.

Der Euro – ein «abenteuerliches Projekt»

In seinem neuen Amt wird Serge Gaillard nun «die ökologische Steuerreform, eine neues Führungsmodell und auch eine Schuldenbremse für die Sozialversicherungen vorantreiben müssen», wie Widmer-Schlumpf bei der Präsentation ihres neusten Chefbeamten diesen sogleich mahnte. Auf eine solche Schuldenbremse sei er schon als Arbeitsdirektor erfolgreich getreten, betonte Gaillard – bei der Arbeitslosenversicherung nämlich.

Und die Frage, ob er nun als künftiger, eidgenössischer Finanzverwalter froh sei, dass sein Land nicht dem maroden Euro-Raum angehöre, parierte Gaillard prompt mit kühlem lächeln: Es zeige sich immer deutlicher, dass die einzelnen Staaten in der Finanzpolitik «eigenen Spielraum» bräuchten, erklärte der Ökonom. Darum habe er vor Jahren schon gewarnt, der Euro sei «ein abenteuerliches Projekt».

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