Der neue italienische Ministerpräsident Paolo Gentiloni vor schwieriger Übergangsphase

Der bisherige italienische Aussenminister Paolo Gentiloni ist zum neuen Ministerpräsidenten des Landes ernannt worden. Staatspräsident Sergio Mattarella beauftragte den 62 Jahre alten Sozialdemokraten am Sonntag mit der Bildung einer neuen Regierung.

Italiens neuer Regierungschef Gentiloni will eine Regierung mit derselben Mehrheit aufbauen, die bisher das Kabinett seines Vorgängers Matteo Renzi unterstützt hat.

(Bild: SDA/Francesco Ammendola)

Der bisherige italienische Aussenminister Paolo Gentiloni ist zum neuen Ministerpräsidenten des Landes ernannt worden. Staatspräsident Sergio Mattarella beauftragte den 62 Jahre alten Sozialdemokraten am Sonntag mit der Bildung einer neuen Regierung.

Paolo Gentilonis Wohnung liegt nur ein paar Hundert Meter vom Amtssitz des Staatspräsidenten auf dem Quirinalshügel in Rom entfernt. Als der italienische Aussenminister am Sonntagmittag von Sergio Mattarella den Auftrag zur Bildung einer neuen Regierung bekam, liess sich der 62-Jährige den kurzen Weg dennoch mit der Limousine chauffieren. Das Regieren in Italien, so könnte man schlussfolgern, wird in den kommenden Monaten gewiss auch kein Spaziergang.

Gentiloni, der das Mandat unter Vorbehalt annahm, soll den zurückgetretenen Premier Matteo Renzi ersetzen und als neuer Ministerpräsident bereits am Donnerstag zum EU-Gipfel in Brüssel reisen. Bis Mittwoch könnte sein Kabinett vereidigt sein und vielleicht sogar die Vertrauensabstimmungen im Abgeordnetenhaus und im Senat überstanden haben.

Weil die anderen Parteien den Vorschlag einer grossen Koalition nicht angenommen hätten, werde sich seine Regierung «im Bereich der bisherigen Mehrheit bewegen», sagte Gentiloni in einer kurzen Stellungnahme am Sonntag. Neben dem Partito Democratico (PD), dem auch der Aussenminister angehört, zählen mehrere konservative Kleinparteien zur Koalition, die mit der Zeit aus dem politischen Lager von Ex-Premier Silvio Berlusconi ausgeschieden sind.

Grosser Katalog schwieriger Aufgaben

Staatspräsident Mattarella hatte nach dem Ende der Sondierungsgespräche mit allen im Parlament vertretenen Parteien am Samstagabend zu Eile gemahnt. Italien habe konkrete Verpflichtungen auf nationaler, europäischer und internationaler Ebene. In erster Linie muss die Regierung Gentiloni eine Mehrheit im Parlament für die Änderung der Wahlgesetze finden. In Folge der beim Referendum vor einer Woche gescheiterten Verfassungsreform gelten zwei verschiedene Wahlgesetze für Abgeordnetenhaus und Senat, die das Land unregierbar machen könnten.

Neben dem EU-Gipfel nächste Woche in Brüssel stehen im März die Feiern zum 60-jährigen Bestehen der Römischen Verträge an, im Mai der G-7-Gipfel im sizilianischen Taormina, ausserdem rotiert Italien in den UNO-Sicherheitsrat. Bereits in den kommenden Tagen muss sich Gentiloni der Krisenbank Monte dei Paschi widmen. Um der Insolvenz zu entgehen, versucht sich die Grossbank bis Jahresende noch an einer Kapitalerhöhung von fünf Milliarden Euro. Sollte der Plan scheitern, müsste Gentiloni zusammen mit Wirtschafts- und Finanzminister Piercarlo Padoan die teilweise Verstaatlichung der Bank einleiten.

Nach dem Rücktritt Renzis galt Padoan selbst als Favorit für die Nachfolge. Angesichts der schwierigen Haushaltslage und der möglicherweise notwendigen Rettung der Grossbank aus Siena wurde ein Verbleib Padoans im Wirtschafts- und Finanzministerium als notwendig erachtet. Gentilonis internationales Profil sowie vor allem die Strategie von Matteo Renzi, dem Chef der grössten im Parlament vertretenen Partei PD, sollen den Ausschlag für die Nominierung des Aussenministers gegeben haben.

Vertreter des konservativen Flügels

Gentiloni, der einem altkatholischen Adelsgeschlecht entstammt, ist Vertreter des konservativen Flügels des PD und war einer der eifrigsten Förderer Renzis. Anders als Renzi gilt Gentiloni als zurückhaltend, diplomatisch und loyal und steht Beobachtern zufolge auch wegen dieser Eigenschaften den Machtinteressen Renzis nicht im Weg. Der Noch-Ministerpräsident will Indiskretionen zufolge erneut als Spitzenkandidat des PD bei Neuwahlen antreten. Diese könnten nach der Verabschiedung der neuen Wahlgesetze schon im Frühsommer 2017 stattfinden.

Renzi schilderte in einem rührseligen Eintrag auf seiner Facebook-Seite am frühen Sonntagmorgen seine vorübergehende Rückkehr in das Privatleben. «Ich bin wieder ein einfacher Bürger», hiess es dort. Der Abschied aus dem Amt sei ihm nicht leicht gefallen, gab der 41-Jährige zu. Er zog ausserdem eine positive Bilanz seiner Regierungszeit seit Februar 2014 und lobte sich für seine Kohärenz. «In einem Land, in dem Rücktritte angekündigt werden, habe ich ihn wahrgemacht», schrieb Renzi und liess durchblicken, dass er noch nicht abgeschlossen hat mit der Politik. «Wir werden es wieder probieren und neu anfangen», kündigte der Noch-Ministerpräsident an. Es klang so, als müssten die Italiener bald wieder mit ihm rechnen.

Mehrere Oppositionsparteien kritisierten die Nominierung Gentilonis. Italien habe mit ihm bereits den vierten Ministerpräsidenten in Folge, der nicht von den Wählern, sondern vom Staatspräsidenten bestimmt worden sei. Der Chef der fremdenfeindlichen Lega Nord, Matteo Salvini, nannte den designierten Premierminister «rostlose Kopie Renzis». Auch die 5-Sterne-Bewegung, die nach einer jüngsten Umfrage mit rund 31 Prozent an der Spitze steht, kritisierte seine Ernennung.

 

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