Der Rheintunnel nimmt Formen an, ab 2035 könnte der Verkehr unter dem Rhein fliessen

Das Astra macht sich an seine Hausaufgaben: Die Bauarbeiten für den 1,7 Milliarden teuren Rheintunnel sollen 2029 beginnen. Noch offen ist die Frage der Anbindung an Deutschland.

Anwohner können aufatmen, müssen sich aber noch während mehreren Jahren gedulden: Voraussichtlich wird die Osttangente zwischen 2019 und 2025 saniert. Vier Jahre später soll dann der Spatenstich zum Rheintunnel folgen.

(Bild: Michel Schultheiss)

Das Astra macht sich an seine Hausaufgaben: Die Bauarbeiten für den 1,7 Milliarden teuren Rheintunnel sollen 2029 beginnen. Noch offen ist die Frage der Anbindung an Deutschland. Ab 2019 soll zudem die Osttangente saniert und mit mehr Lärmschutz versehen werden.

Die A2 stösst in Basel zunehmend an ihre Kapazitätsgrenzen. «Bis ins Jahr 2030 wird sich hier ein gravierender Verkehrsengpass entwickeln», sagt Regierungsrat Hans-Peter Wessels, Vorsteher Bau- und Verkehrsdepartement. Abhilfe soll ein Riesenprojekt schaffen: ein Strassentunnel unter dem Rhein. 

Doch noch liegt das Projekt in weiter Ferne: Bis der Rheintunnel steht, wird es noch rund zwei Jahrzehnte dauern. Währenddessen soll die bestehende Osttangente saniert und mit Verbesserungen beim Lärmschutz versehen werden. Dies soll die Quartiere Wettstein, Breite und Gellert, aus denen sich in letzter Zeit immer wieder Widerstand gegen die Lärmsituation formiert hat, entlasten.

20 Millionen für die Planung – ein erster und wichtiger Schritt

Ein wichtiger Schritt zum Rheintunnel ist allerdings jetzt gemacht: Das Bundesamt für Strassen (Astra) hat die Planungen für den Rheintunnel und zur Entlastung der Osttangente aufgenommen und dazu acht Ingenieursmandate in der Höhe von rund 20 Millionen Franken vergeben. Wessels sieht das schon mal als gutes Signal: «Es ist im Interesse des Kantons, dass das Astra dies möglichst bald in die Hand nimmt.»

Von Birsfelden aus wird der Tunnel oberhalb der Schwarzwaldbrücke unter dem Rhein hindurchführen und in Kleinhüningen enden. Die Basisvariante des Astra sieht einen Anschluss nach Frankreich via Anbindung an die Nordtangente vor. Dabei soll je eine Spur pro Fahrtrichtung durch den Tunnel führen.

Wie sich der Kanton die Rheintunnel-Anbindung vorstellt: Nebst der Basisvariante des Bundes (rot) soll es eine Verbindung nach Deutschland (grün) geben. Eine von Norden nach Süden wird hingegen abgelehnt. Dafür sollen weitere Anbindungen in Kleinhüningen (gelb) ermöglicht werden.

Wie sich der Kanton die Rheintunnel-Anbindung vorstellt: Nebst der Basisvariante des Bundes (rot) soll es eine Verbindung nach Deutschland (grün) geben, eine von Norden nach Süden wird hingegen abgelehnt. Dafür sollen weitere Anbindungen in Kleinhüningen (gelb) ermöglicht werden. (Bild: Bau- und Verkehrsdepartement Basel-Stadt)

Rheintunnel-Eröffnung frühestens 2035

Über die Osttangente rollen im Durchschnitt täglich 120’000 Fahrzeuge. Die Basisvariante des Tunnels würde rund 40’000 von ihnen schlucken. Fällt der Entscheid für die einspurige Führung, sieht der Zeitplan des Mammutprojektes gemäss Richard Kocherhans (Chef der Astra-Infrastrukturfiliale Zofingen), wie folgt aus:

  • Voraussichtlich im September 2018 soll das Projekt in die Vernehmlassung kommen.
  • Ab 2022 wird der Bundesrat darüber entscheiden.
  • Mit den Bauarbeiten könnte dann im Jahr 2029 losgelegt werden – sofern Einsprachen dies nicht verzögern.
  • Frühestens 2035 könnte der Rheintunnel dann eröffnet werden.

Um jedoch 60’000 Fahrzeuge unterirdisch umzuleiten, sind zusätzliche Autobahnanschlüsse im Norden Basels nötig. Das Astra hat daher auch einen Anschluss in Richtung der deutschen Autobahn A5 im Visier. Somit wäre der Rheintunnel pro Fahrtrichtung zweispurig.

Kanton will keinen Anschluss von Norden nach Süden

Wie Roger Reinauer, Leiter Tiefbauamt, erklärt, werden die Kosten für die Basisvariante grob auf 1,4 Milliarden Franken geschätzt, die der Bund voraussichtlich übernimmt. Hinzu kämen weitere 300 Millionen für die Verbindung in den Norden, an denen sich der Kanton beteiligen soll. Dabei gibt es noch Unklarheiten zur Ausgestaltung: Der Kanton möchte einen Anschluss in den Norden, doch keinen in die umgekehrte Richtung.

Laut Reinauer wäre dies ein Eingriff ins neue Erlenmatt-Quartier. Zudem zahle sich der hohe Kostenaufwand dafür nicht aus. «Nur der Anschluss Süd–Nord lohnt sich», findet auch Baudirektor Wessels. Stattdessen schlägt der Kanton eine Verästelung in Richtung Rheinhafen vor sowie einen Anschluss bei der Freiburgerstrasse, der den Lokalstrassen-Verkehr aufnehmen soll.

Lärm-Verursacher soll auf Vordermann gebracht werden

Die lärmgeplagten Quartiere müssen allerdings nicht so lange auf Besserung warten: Die Instandsetzung der Osttangente ist das zweite Vorhaben des Astra. Von 2019 bis voraussichtlich 2025 wird das Astra die Osttangente sanieren, darunter mehrere Brücken, zum Beispiel bei der Schwarzwaldallee, und auch den Belag im Gellert-Abschnitt.

«Bis zur Eröffnung des Rheintunnels muss die Osttangente vollumfänglich betriebsbereit sein», sagt Richard Kocherhans. Knifflig wird dabei sein, die Bauarbeiten beim jetzigen Verkehrsaufkommen und ohne zusätzliche Fahrbahnen durchzuführen.

Voraussichtlich wird auch in der Nacht gebaut werden müssen. Die Kosten der Massnahmen werden auf insgesamt 111 Millionen Franken geschätzt. Wie Kocherhans festhält, werden diese nicht für den jetzigen Lärm, sondern für die geschätzten Werte von 2040 – notabene ohne Berücksichtigung des Rheintunnels – berechnet.

Deckel über der Autobahn ist durchgefallen

Dabei will der Kanton für die Massnahmen, die über den für Nationalstrassen vorgeschriebenen Lärmschutz hinausgehen, die Kosten übernehmen. Hans-Peter Wessels rechnet damit, dass nächstes Jahr im Grossen Rat und im Regierungsrat über entsprechende Kredite für den Lärmschutz debattiert wird.

Das Tiefbauamt hat bereits flankierende Massnahmen zur Entlastung der Quartiere untersucht. Zwei Vorschläge wurden vom Regierungsrat abgelehnt: So gab es etwa die Idee einer Einhausung der Autobahn in der Breite.

Wie Roger Reinauer sagt, wäre dies lärmtechnisch sinnvoll, hätte aber andere Haken: «Je höher die Mauer, desto stärker die Trennwirkung», sagt Reinauer. Es wäre aus seiner Sicht eine aufgestockte Barrikade durchs Quartier gewesen, für die sich Ausgaben von 43 Millionen Franken nicht gelohnt hätten.

Ebenfalls nicht überzeugen konnte eine Überdeckung der Autobahn im Gellert. Nach Ansicht des Regierungsrats würde die Kosten-Nutzen-Rechnung bei einem solchen 560-Millionen-Projekt auch hier nicht aufgehen: Zwar hätten Grünanlagen geschaffen werden können, doch aufgrund des dünnen Deckels kaum Gebäude.

Das lange Warten auf eine Lösung

Hans-Peter Wessels ist zufrieden, dass die «Strukturverbesserung Osttangente» (Stot) vor mehreren Jahren gebodigt wurde. Das Projekt zur Fahrstreifenerweiterungen, das sowohl bei Anwohnern wie auch quer durch alle Parteien hindurch auf Widerstand stiess, ist mit den ersten Schritten in Richtung Rheintunnel kein Thema mehr.

Es habe aber viel Zeit gekostet, dass das Stot mehrere Jahre auf dem Tisch lag. So ist nun bis zum Rheintunnel Geduld gefragt. Die Bauzeit für das 1,7-Milliarden-Projekt dürfte acht Jahre betragen. Die wirklich grossen «Zeitfresser», Wessel sagt, sind hingegen die politischen Diskussionen und rechtlichen Abklärungen im Vorfeld.

Nächster Artikel