Vor 165 Jahren trat die erste Bundesverfassung der Schweiz in Kraft. Zum ersten Mal überhaupt ist darum eine Reproduktion der Original-Verfassung im Bundeshaus zu sehen.
Keine Lampions, keine Raketen, keine Höhenfeuer. Der 12. September wird nie ein 1. August werden. Obwohl das erste Datum ein historisches ist – und das zweite eine Erfindung aus dem 19. Jahrhundert. Am 12. September 1848 trat die erste Verfassung der Schweiz in Kraft; der Tag vor 165 Jahren markiert den Anfang der modernen Schweiz.
Seit einem Jahr wird dieser wahre Geburtstag der Schweiz auch im Bundeshaus gefeiert. Nicht überschwänglich, sondern eher republikanisch zurückhaltend. Die beiden Ratspräsidenten hielten vor Beginn ihrer Sitzung eine Rede und zusätzlich ist seit heute eine Reproduktion der ersten, handgeschriebenen Verfassung im Nationalratssaal zu sehen. «Ich weiss nicht, wie es Ihnen ergeht», sagte Nationalratspräsidentin Maya Graf (Grüne/BL) in ihrer Ansprache, «aber ich habe diese erste Verfassung unseres Bundesstaates noch nie in seiner ganzen Form gesehen. Ich bin beeindruckt.»
Schmerzhafter Prozess
Graf erinnerte in ihrer Rede an den schmerzhaften Entstehungsprozess des rund hundert Seiten starken Buchs. Erst nach einem religiös geprägten Bürgerkrieg war der Weg frei für den modernen Staat Schweiz. Die siegreiche Mehrheit nahm bei der Entstehung der Verfassung Rücksicht auf die Kriegsverlierer und machte vor allem in religiösen Fragen und Fragen der kantonalen Souveränität grosse Zugeständnisse. Dass die kleinen Kantone bis heute so viel Macht haben, ist eine direkte Folge der ersten Bundesverfassung.
«Das Ringen um persönliche Freiheit und Mitbestimmung, der respektvolle Umgang einer siegreichen Mehrheit mit einer unterlegenen Minderheit von damals sind beispielhaft bis heute. Und aktuell wie nie», sagte Graf und erinnerte an die jungen Demokratien in Nordafrika und Südosteuropa, denen der verfassungsgebende Prozess noch bevorsteht.
Noch nicht sehr gleich
Die erste Version der Verfassung ist allerdings nicht in allen Punkten ein Vorbild: Die Volksrechte der direkten Demokratie wurden erst später festgeschrieben und ausserdem war die erste Verfassung der Schweiz noch nicht so so solidarisch, wie es in der Rückschau manchmal den Anschein macht: Erst mit der Revision von 1866 wurde zum Beispiel auch den Juden in der Schweiz die Niederlassungsfreiheit und die Bürgerrechte gewährt.
Mit Siegel und Kordel – Zier der ersten Bundesverfassung.