Die Schliessung der Balkanroute hat Folgen fürs Schweizer Asylwesen. Wo sich die Schutzsuchenden vor Jahresfrist noch auf den Füssen herumstanden, gibt es heute wieder Platz. Das wirkt sich auch auf die Region Basel aus.
Im Empfangs- und Verfahrenszentrum (EVZ) beim Zoll Otterbach hat es viel Platz. Waren die Räume vor einem Jahr bis zum letzten Platz besetzt, bleiben derzeit zahlreiche Betten leer. 2016 haben massiv weniger Asylsuchende die Schweiz erreicht. Auch wenn das Jahr noch nicht vorbei ist, rechnet das Staatssekretariat für Migration (SEM) damit, dass die Gesamtzahl der in der Schweiz eingereichten Asylgesuche gegenüber dem Vorjahr um mehr als ein Drittel zurückgegangen ist (–36,2 Prozent). Bis Ende November wurden in der Schweiz insgesamt 25’441 Gesuche gestellt, ein Jahr zuvor waren es 34’653 Gesuche.
Das liegt nicht daran, dass insgesamt weniger Menschen flüchten. Der Grund ist die Schliessung der sogenannten Balkanroute (der Weg von Griechenland über Mazedonien, Serbien und Ungarn), über die bis im März 2016 noch sehr viele Menschen aus Afghanistan, dem Irak und Syrien nach Westeuropa und damit auch in die Schweiz gekommen sind. Der Rückgang betrifft denn auch vor allem die Flüchtlinge aus diesen Ländern.
Das wirkt sich auch auf die Zahl der Asylsuchenden aus, die in den beiden Basel unterkommen. Denn die Flüchtlinge werden den Kantonen gemäss einem vom Bund definierten Verteilschlüssel zugewiesen, nach Basel-Stadt kommen demzufolge 2,3 Prozent aller Asylsuchenden, im Baselbiet beträgt die Quote 3,7 Prozent.
Der Rückgang führt dazu, dass beispielsweise im Kanton Baselland heute die Asylquote deutlich unterschritten wird. Die Asylquote schreibt vor, dass Gemeinden in der Lage sein müssen, bis zu einem Prozent der Bevölkerung unterbringen zu können. «Die aktuelle Quote in den Gemeinden liegt bei 0,7 Prozent», sagt der kantonale Asylkoordinator Rolf Rossi. Derzeit befänden sich im Baselbiet rund 1900 Personen im Asylprozess. Der Kanton verfügt nicht über eigene Asylunterkünfte, muss die Flüchtlinge also auf die Gemeinden verteilen.
Dies bedeute jedoch nicht, dass derzeit eine Überkapazität herrsche, betont Rossi. «Der Bund teilt uns die Asylsuchenden sehr kurzfristig zu, das heisst, wir müssen flexibel auf die Zuweisungszahlen reagieren können.» Hierzu seien Raumreserven notwendig, «wir wollen ja keine Obdachlosen schaffen».
Der Trend mit den rückläufigen Flüchtlingszahlen zeichnet sich übrigens auch in der EU ab, dort fällt der Rückgang aber moderater aus als in der Schweiz. So haben etwa im dritten Quartal 2016 rund 15 Prozent weniger Personen im EU-Raum um Asyl ersucht als im selben Zeitraum des Vorjahres.