Die Basler SP hat eine Präsidentin

Die Delegiertenversammlung der SP Basel-Stadt hat zum ersten Mal in ihrer Geschichte eine Frau an die Spitze gewählt: Brigitte Hollinger setzte sich bei der Wahl gegen den bisherigen Vize Pascal Pfister mit 102 zu 78 Stimmen durch.

(Bild: Amir Mustedanagic)

Die Delegiertenversammlung der SP Basel-Stadt hat zum ersten Mal in ihrer Geschichte eine Frau an die Spitze gewählt: Brigitte Hollinger setzte sich bei der Wahl gegen den bisherigen Vize Pascal Pfister mit 102 zu 78 Stimmen durch.

Die Spannung im Saal des Restaurants Union am Dienstagabend war förmlich greifbar. Nervöses Getuschel da, angespanntes Lächeln dort. Brigitte Hollinger als erste Frau oder doch der bisherige Vize und so erfolgreiche Kampagnenleiter Pascal Pfister? Wer die SP Basel-Stadt nach dem Rücktritt von Martin Lüchinger präsidieren wird, wagte kaum jemand der Anwesenden zu prophezeien.

Hollinger schien angesichts der «historischen Gelegenheit», eine Frau an die Spitze der Partei zu wählen (davon sprachen mehrere ihrer Unterstützerinnen und Unterstützer) von Anfang an im Vorteil. Der bisherige Vize und Konkurrent um das Präsidium, Pascal Pfister, aber erntete mit seiner Bewerbungsrede viel Applaus und dürfte wohl nicht wenige ins Grübeln gebracht haben.

Das Momentum sprach nach der erfolgreichen Grossrats-Wahl im vergangenen Herbst ebenfalls für Pfister, der als Kampagnenleiter massgeblich am Erfolg der SP Basel-Stadt beteiligt war. Entsprechend lobten die Fürsprecher des 36-Jährigen seine strategischen Fähigkeiten. Angetan dürften die Delegierten aber vor allem von seinen Ankündigungen fürs Präsidium gewesen sein: Pfister wollte den Schwung des Erfolges mitnehmen und bei den Nationalratswahlen 2015 den dritten Basler SP-Sitz zurückholen.

Kurz vor 22 Uhr kam aber der grosse Moment von Brigitte Hollinger: Die Delegiertenversammlung entschied sich mit 102 zu 78 Stimmen für die 49-Jährige. Ein historischer Moment für die SP Basel-Stadt: Zum ersten Mal in der 123-jährigen Geschichte der Partei steht eine Frau an deren Spitze.

Brigitte Hollinger sass von 2005 bis 2010 für die SP im Grossen Rat und hatte zahlreiche andere Funktionen in der Partei inne. Während ihrer Zeit im Parlament bearbeitete sie verschiedene Themen, einige ihrer Vorstösse sorgten für kontroverse Diskussionen, etwa 2005, als sie ein Verbot von sexistischer Werbung im öffentlichen Raum forderte.
Die 49-Jährige wuchs in Birsfelden auf und stammt aus einer Arbeiterfamilie, wie sie selbst sagt. Der Vater war Briefträger, die Mutter Hausfrau. Sie selbst machte eine KV-Lehre, arbeitete bei der Swissair, begann Medizin zu studieren, brach das Studium aber nach drei Jahren ab. Danach arbeitete sie unter anderem bei der Unia und im Gassenzimmer. Zurzeit ist sie beim Gewerbeverband tätig. In drei Monaten schliesst sie ihre Ausbildung zur Sozialarbeiterin an der FHNW ab.

Gewerbeverband und SP-Präsidium? Geht nicht

Hollinger wurde in den Voten ihrer Fürsprecher an der Delegiertenversammlung für ihre Fähigkeit, auf Menschen zuzugehen, gelobt, ebenso wie für ihre sachbezogene Art. Sie könne nicht nur vermitteln, sondern sei auch gut vernetzt. «Wir müssen sie nicht wählen, weil wir eine Präsidentin wollen, sondern weil sie sehr fähig ist», hiess es in den Voten. Hollinger selbst sagte, sie wolle jene Werte in Basel fördern, die auch die SP ausmachten: Gerechtigkeit, Solidarität, Toleranz und Respekt.

Für Hollinger beginnt die neue Rolle zunächst aber mit einem Abschied. Wie sie zu Beginn ihrer Bewerbungsrede ankündigte, wird sie ihre Stelle als Kursleiterin beim Gewerbeverband kündigen. «Ich habe Ballett gemacht, aber den Spagat kann ich nicht mehr», sagte sie in Anspielung auf die bereits vor ihrer Wahl geäusserte Kritik von Gewerblern in der «Basler Zeitung», als Präsidentin der SP könne sie nicht beim Gewerbeverband angestellt sein.

Dafür werden ihr in der SP in Zukunft Michela Seggiani (bisher bereits Vize) und Mustafa Atici zur Seite stehen.

Pascal Pfister scheidet aus dem Präsidium aus. Er bedankte sich bei Hollinger für den fairen Wahlkampf und versprach, sich weiterhin mit «aller Kraft für sie und für die Partei» einzusetzen.

Für seine bisherigen Taten wurde der abtrende Präsident Martin Lüchinger gelobt. Regierungsrätin Eva Herzog strich in ihrer Dankesrede sein «stoisches Durchhaltevermögen» hervor, dankte ihm für sein Engament («immer online – gedanklich, nicht im Sinne der neue Kommunikationsmittel») und dafür, dass er die nicht einfache Rolle als Brückenbauer und Vermittler mit seiner unaufgeregten Art gemeistert habe. «Dein Erfolgsrezept war, dass du nie Partei ergriffen, nicht intrigiert hast, sondern immer offen und transparent warst.»

Lüchinger selbst war selbst überrascht, wie sehr ihm die Aufgabe gefallen hat: «Vor vier Jahren hätte ich nicht gedacht, dass diese Aufgabe mir einmal so viel Spass bereiten und Lust machen werde.»

Zum Abschied gab es ein Präsent passend zum verdienten Ruhestand als Präsident: einen Picknick-Korb.

Nächster Artikel