Lange war es still um die Vereinigung Berntreuer Laufentaler, nun melden sich die Totgeglaubten zurück: Sie bekämpfen die Änderung der Kantonsverfassung – notfalls vor Gericht.
Das Baselbiet muss sparen. Um das «Entlastungspaket 12/15» von insgesamt 180 Millionen Franken umzusetzen, will die Regierung unter anderem die Amtsnotariate aufheben und die Bezirksschreibereien zentralisieren. Über die entsprechende Verfassungsänderung stimmt das Baselbiet am 17. Juni ab. Ein «Ja» würde faktisch schon fast der Aufhebung der Bezirke gleich kommen und das weckt darum Totgeglaubte: die Vereinigung Berntreuer Laufentaler (VBL).
Präsident Guido Karrer und seine 120 Gefolgsleute sehen die Freiheiten des Laufentals bedroht und machen gegen die Abstimmung mobil. Sie rufen dazu auf, ein dreifaches «Nein» einzulegen, wie sie in einer Mitteilung schreiben. Und nicht nur das: Sie sind überzeugt, dass die Verfassungsänderung betreffend die Organisation der Gerichte und Verzicht auf das Amtsnotiariat für den Amtsbezirk Laufen «keine Gültigkeit haben kann und haben wird».
Notfalls bis vors Gericht
Die VBL begründet die Schlussfolgerung mit dem Laufentalvertrag von 1994. «Der Anschlussvertrag hält unter Paragraf 3 unmissverständlich fest, dass eine Bezirksschreiberei und ein Amtsnotariat sowie ein Gericht zu bestehen hat – dauernd», sagt Karrer. Der Präsident der VBL will vor Gericht ziehen, sollte die Verfassungsänderung angenommen werden. Zurzeit werden die Möglichkeiten mit einem Juristen abgeklärt, vielleicht legt die Vereinigung bereits vor der Abstimmung eine Beschwerde ein. «Wir wollen nicht zu spät sein», sagt Karrer, «und beim Kanton Baselland weiss man nie.»
Stephan Mathis kann über die Argumentation der VBL nur den Kopf schütteln. Der Generalsekretär der Baselbieter Sicherheitsdirektion war massgeblich an der Ausarbeitung des Laufentalvertrages beteiligt, geht es nach ihm, galt der Vertrag während der Übergangszeit und endete nach zehn Jahren. «Das war 2003», so Mathis. Seither seien die Laufentaler Gemeinden allen anderen gleichgestellt, es gebe keinen Anspruch auf eine Verwaltungshoheit mehr. «Wenn es nicht so wäre», sagt Mathis, «hätte 2011 auch das Statthalteramt nicht aufgehoben werden können, weil der Vertrag es verhindert hätte.»
Berntreue haben Trumpf im Ärmel
Einen Trumpf im Ärmel haben die Berntreuen allerdings noch. Die Vereinigung weist darauf hin, dass es in der Ausgabe 3 der Abstimmungsbroschüre «Die Kantone Bern und Basel- Landschaft beantworten Fragen im Zusammenhang mit der Kantonszugehörigkeit des Laufentals» vom 9. Oktober 1989 folgendes auf die Frage Nr. 77 betreffend Wahlkreis hiess:
Paragraf 3 Absatz 1 des Laufentalvertrages vom 10. Februar 1983 garantiert ausdrücklich und unmissverständlich, dass der bisherige bernische Amtsbezirk Laufen im Kanton Basel- Landschaft unter anderem auch einen Wahlkreis bildet. Diese Vertragsbestimmung ist in den Allgemeinen Bestimmungen des Vertrages enthalten und gilt deshalb nicht bloss für die Uebergangszeit, sondern dauernd.
Entscheidend ist für die VBL vor allem das letzte Wort: dauernd. Sie interpretiert die Antwort nämlich zu ihren Gunsten. Die Antwort des Kantons Basel- Landschaft beziehe sich auf den gesamten Paragraf 3 Absatz 1 des Laufental-Vertrages, schreibt die Vereinigung nun. «Somit gilt auch der Verwaltungs- und Gerichtsbezirk für den Bezirk Laufen als dauernd gewährleistet.»
Kanton war nicht präzis genug
Für die Sicherheitsdirektion könnte die Antwort noch unangenehm werden. Sie war nämlich nicht ganz präzis, wie Mathis sagt: «Die Auskunft in der Abstimmungsbroschüre von 1989 meinte, dass die Bezirksschreiberei und das Bezirksgericht während einer bestimmten Zeit auch nach Ablauf der Übergangsfrist fortbestehen.» Wie lange das konkret ist, legte der Kanton damals allerdings nicht fest. Mathis sagt, es sei «mindestens doppelt solange wie die Übergangszeit» gemeint gewesen. Aber auch das ist nur Ansichtssache und keine juristische Faktenlage.
Sowohl die Argumente der VBL als auch des Kantons basieren letztlich also auf einer Interpretation. Negative Folgen oder Gerichtsverhandlungen fürchtet Mathis für die Abstimmung vom 17. Juni dennoch nicht. Die Aussage in der Abstimmungsbröschüre sei keine juristische Würdigung gewesen. «Wenn diese Antwort so interpretiert würde, kann der Gesetzgeber nichts mehr ändern – und das ist nicht in seinem Sinn», sagt Mathis.
Die Berntreuen wird das kaum interessieren. Sie sind auferstanden von den Totgeglaubten. Die Frage bleibt nur, ob sie noch so hartnäckig sind wie vor der Pause.