Die «Erfolge» von Markus Lehmann unter der Lupe

CVP-Nationalrat Markus Lehmann sagt, er habe die Hafenförderung durch den Nationalrat gebracht. Lehmann sagt auch, er habe den Bund auf die Gefahren des Velofahrens aufmerksam gemacht. Ein kleiner Faktencheck.

Unter der Lupe: die «Erfolge» des Basler CVP-Nationalrats Markus Lehmann.

(Bild: Hans-Jörg Walter)

CVP-Nationalrat Markus Lehmann sagt, er habe die Hafenförderung durch den Nationalrat gebracht. Lehmann sagt auch, er habe den Bund auf die Gefahren des Velofahrens aufmerksam gemacht. Ein kleiner Faktencheck.

Markus Lehmann bangt seit seinem «Verdrücker» bei der Abstimmung zum neuen Finanzausgleich um seine Wiederwahl. Vor vier Jahren schaffte er es nur dank Listenglück, in den Nationalrat einzuziehen. Da kommt dem Basler CVP-Politiker eine kleine Erfolgswelle gerade gelegen. «Einmal mehr war Markus Lehmann der Zeit voraus», jubelte sein Komitee vor ein paar Tagen und meinte eine Motion gegen «Velorowdys», die nun endlich vom Bund ernst genommen werde.

Den Vorstössen von Lehmann gemein ist, dass sie oft «exklusiv» in Sonntagszeitungen und anderen Blättern erscheinen. Mal engagiert sich der Versicherungsbroker gegen Velofahrer, mal gegen den Anabolika-Konsum von Jugendlichen, aber auch für die Region, namentlich für den Basler Hafen.

Gemein ist Lehmanns Aktivitäten auch, dass sich ein Blick von aussen darauf lohnt.

Markus Lehmann sagt…

…zu seiner Motion «Velorowdys härter bestrafen»: «Mit einer früheren Prävention hätten vielleicht einige Unfälle verhindert werden können – nun bin ich aber einfach nur froh, dass das Thema langsam Beachtung findet, denn auch hier gilt besser spät als nie.»

Sein Komitee fügt an, man nehme zur Kenntnis, dass sich die Beratungsstelle für Unfallverhütung (bfu) dem Thema annehme «und damit auf Vorstösse von CVP-Nationalrat Markus Lehmann zurückkommt». Lehmanns Komitee macht glauben, dass eine bfu-Tagung zum «Verkehrsdichtestress in Städten und Agglomerationen» eine direkte Konsequenz von Lehmanns Vorstössen sei.

Hat Lehmann die Unfallverhüter endlich wachgerüttelt? Das sagt die bfu: «Das Thema ‹Verkehrsdichtestress› des diesjährigen bfu-Forums war bei der bfu schon lange vor dem Vorstoss von NR Lehmann auf dem Radar.»

Aber Lehmanns Forderung, renitente Velofahrer härter anzupacken, wird doch sicherlich von der bfu begrüsst? Die bfu sagt dazu: «Die bfu hat keine diesbezügliche Forderung und stützt auch keine derartigen Bestrebungen.»

Markus Lehmann sagt…

…zur neu beschlossenen staatlichen Förderung des Hafenausbaus: «Das Beispiel der Schweizerischen Rheinhäfen zeigt, dass es mir auch gelingt, einen Kommissionsminderheitsantrag durchzubringen – dazu braucht es Kompetenz, Erfahrung im Ratsbetrieb und ein gutes Verhältnis über die Parteigrenzen hinweg.»

Am 11. September hat der Nationalrat der Hafenförderung gegen den Willen von Verkehrsdepartement, FDP und SVP mit 99 zu 82 Stimmen zugestimmt. Ein überraschender Entscheid, und zwar deshalb, weil die vorberatende Verkehrskommission die Unterstützung noch mit 19 zu 4 Stimmen hochkant verworfen hatte. Eine derartige Kehrtwende geschieht im Berner Ratsbetrieb äusserst selten.

Wie hat es Markus Lehmann also geschafft, die Stimmung zu drehen und diesen für Basel so wichtigen Erfolg ins Trockene zu bringen?

Der Basler SP-Kollege im Nationalrat Beat Jans meint: «Wir haben das nicht dank Lehmann geschafft, sondern trotz ihm.»

Der Baselbieter SP-Ständerat Claude Janiak hatte bewerkstelligt, die kleine Kammer von der Hafenförderung zu überzeugen, nun sollte Lehmann dasselbe in der Verkehrskommission des Nationalrats machen. Dort nimmt er als einziger Basler Einsitz. In der Kommission stimmten aber nur die eigenen CVP-Leute dafür, die Sozialdemokraten und Grünen, die dem Gesetz später zum Durchbruch verhalfen, waren dagegen. 

«Wenn du vor der Kommissionssitzung merkst, dass du keine Mehrheit hast, bittest du deine Kollegen aus anderen Parteien, bei ihren Fraktionen zu lobbyieren», erklärt Jans. Ein bürgerlicher Ratskollege bestätigt dieses Vorgehen und Lehmanns Passivität: Er soll nichts dergleichen getan haben, in der Kommission stürzte er dann brutal ab.

Nach dem katastrophalen Ergebnis setzten Jans und Silvia Schenker für die SP und die Baselbieter Grüne Maya Graf alle Hebel in Bewegung, ihre Fraktionen von der Notwendigkeit der Hafenförderung zu überzeugen. «Das war gar nicht so kompliziert», sagt Jans, man habe nur erklären müssen, weshalb der Hafen so bedeutend ist, auch für den ökologischen Warentransport.

Markus Lehmann fordert…

in einer Motion eine Ausnahme im Arbeitsgesetz für Schnupperlehrlinge, damit diese auch in Betrieben mit gefährlichen Tätigkeiten schnuppern dürften, was die Jugendschutzverordnung angeblich untersagt: «Für Schnupperlehrlinge wird jedoch kein Lehrvertrag abgeschlossen, das heisst, dass sie z.B. nicht auf einer Baustelle oder in einer Schreinerei schnuppern dürfen.»

Eine sinnvolle Forderung – oder doch nicht? So sieht der Bundesrat das Problem: Schnupperlehrlinge dürften zwar nicht an der Kreissäge hantieren oder mit dem Bagger fahren, «alle nicht gefährlichen Arbeiten dürfen sie jedoch ausführen».

Lehmann war da offenbar falsch informiert, meint der Bundesrat: «Ein generelles Verbot für Schnupperlehren – wie in der Begründung ausgeführt – kann somit aus den Bestimmungen nicht hergeleitet werden.»

Markus Lehmann glaubt…

…dass «das Thema Anabolika bei den Jugendlichen sehr bekannt ist, und auch der Konsum von Anabolika steigt». Lehmanns Recherchen ergaben, «dass in der Schweiz immer mehr Hobbysportler anabole Steroide und andere leistungsfördernde Substanzen aus illegalen Quellen zu sich nehmen». 

Er verlangt in einem Postulat vom Juni 2015 vom Bundesrat Aufklärung und Vorschläge für eine ausgebautere Prävention. Denn: «Zwischen 2007 und 2008 hat sich die Anzahl der beschlagnahmten Muskelaufbaupräparate fast verdoppelt.» 

Explodierender Steroid-Missbrauch? Der Bundesrat ist nicht ganz so aufgeregt: «Die vorliegenden Daten widersprechen der Aussage im Postulat Lehmann, wonach sich die Anzahl der beschlagnahmten Muskelaufbaupräparate fast verdoppelt habe.» Der Anstieg zwischen 2013 und 2014 betrage nur 8 Prozent.

Markus Lehmann fragt…

…ob «rechtliche Möglichkeiten bestehendass man dem E-Bike ‹grosse› Veloschilder abgibt, welche auch für Radarkontrollen (in Zonen mit Tempo 20 oder 30) genügen».

Der Bundesrat stellt richtig: «Schnelle E-Bikes mit einer Tretunterstützung zwischen 26 und 45 Stundenkilometern sind den Motorfahrrädern gleichgestellt und tragen auch ein Motorfahrrad-Kontrollschild. Dieses kann von Geschwindigkeitsmessanlagen erfasst werden.»

Gibts also schon lange. Für einmal, so scheint es, war da die Zeit Markus Lehmann einen Schritt voraus.

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