Eine Ära geht zu Ende: Ab sofort werden im Bruderholzspital keine Babys mehr das Licht der Welt erblicken. Die Frauenklinik ist seit Montag geschlossen. In die Bresche springt das Bethesda Spital, das bereits mehr Geburtsanmeldungen verzeichnet.
Die Babyschreie sind verstummt. Nur noch wenige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter halten die Stellung, Patientinnen sucht man hier vergebens. Es herrscht Totenstille in den Gängen der Geburtshilfe im vierten Stock des Bruderholzspitals. Überall warten Umzugskisten darauf, abtransportiert zu werden.
Vielleicht das letzte Mal geht die Hebamme Katharina Locher* den Flur entlang. «Ich bin sehr traurig», sagt sie. Rund 500 Babys sind in den letzten zehn Jahren mit ihrer Unterstützung im Bruderholzspital zur Welt gekommen. Nun ist alles vorbei. Die Frauenklinik ist seit Montag, 7 Uhr, offiziell Geschichte. Von nun an ist sie im Bethesda Spital integriert. Das 1973 eröffnete «Bruderholz» des Kantonsspital Baselland (KSBL) wird in eine Tagesklinik für ambulante Behandlungen umgewandelt.
Für die rund 94 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Frauenklinik beginnt – wo auch immer – ein neuer beruflicher Abschnitt. Für Locher aber nicht im Bethesda. Dort verdiene man bis zu 1000 Franken weniger im Monat und man müsse mit grossen Verlusten bei der Pensionskasse rechnen, sagt die Hebamme. «Das Bethesda Spital widerspricht aber auch wegen der hohen Kaiserschnittrate meinen Überzeugungen.» Locher hat sich für ein anderes Spital entschieden – welches, will sie noch nicht verraten.
Kündigungen werden zu Gerichtsfällen
Überhaupt scheint das Bethesda Spital für die Hebammen ein unattraktiver Arbeitgeber zu sein: Von den 20 Hebammen auf dem Bruderholz hätte Chefarzt David Hänggi zehn ins Bethesda mitnehmen können – nur eine Hebamme hat das Angebot angenommen. Anders sieht es bei den Ärzten aus: Sie wechseln gemäss der «Basellandschaftlichen Zeitung» alle ins Bethesda.
Rund 50 Pflegefachpersonen haben zudem einem Angebot des KSBL zugestimmt, in teilweise neuer Funktion im Unternehmen zu bleiben. Etwa 20 wechseln in andere Spitäler – etliche haben schon vor Monaten von sich aus gekündigt.
Trotzdem wird die Schliessung der Frauenklinik das Kantonsgericht beschäftigen: Drei Hebammen haben Klage gegen das KSBL eingereicht, weil dieses sie im Schnelldurchlauf zu Pflegefachfrauen umschulen wollte.
Bis zuletzt wollten Frauen im «Hölzli» gebären
«Die letzten Wochen waren sehr emotional für uns. Bis zuletzt wollten die Frauen bei uns gebären – gerade weil wir zumachen. Das war sehr rührend», sagt Locher. Gross sei auch die Betroffenheit von Mitarbeitenden aus anderen Bereichen des Bruderholzspitals gewesen. «Es herrscht allgemeine Trauerstimmung.»
Wie eine andere Hebamme auf dem Flur erzählt, sei der Wechsel ins Bethesda Spital schlecht organisiert gewesen. «Wir wussten bis zum Schluss nicht, was wir mit Patientinnen machen müssen, die am 31. Januar mit Wehen bei uns eintreffen – ob sie noch bei uns gebären dürfen oder bereits ins Bethesda runter müssen.» Dass die Frauenklinik schliesst, trifft die Hebamme: «Ich habe gerne hier gearbeitet. Schade finde ich die Schliessung auch für die Frauen, die von jetzt an einen Standort weniger für die Geburt zur Auswahl haben.»
Mehr Geburtsanmeldungen beim Bethesda und Unispital
Das Bethesda Spital werde die Geburten des Bruderholzspitals auffangen können, sagt Kommunikationsleiterin Alexandra Salvisberg: «Die Geburtsklinik ist vorbereitet – das garantieren wir Ihnen.» Das Chefarztsystem und der 24-Stunden-Notfalldienst für Gynäkologie und Geburtshilfe stehen seit Montag bereit. Das Privatspital verzeichnet bereits eine grössere Nachfrage bei den Geburten: «Die Geburtsklinik des Bethesda Spitals ist derzeit sehr gut ausgelastet. Die Anmeldungen nahmen in den letzten Monaten stetig zu», sagt Salvisberg.
Ähnlich klingt es beim Universitätsspital Basel: Gemäss Mediensprecherin Sabina Heuss gibt es zum jetzigen Zeitpunkt «definitiv mehr Anmeldungen» als im Vorjahr. «Diese Tendenz ist seit ein paar Monaten feststellbar», sagt sie. Ob diese Zunahme auf die Schliessung der Frauenklinik des Bruderholzspitals zurückzuführen sei, lasse sich jedoch nicht sagen.
Zumal das Gebären im Unispital ohnehin immer beliebter wird: So sind vergangenes Jahr mit insgesamt 2519 Geburten so viele Kinder hier zur Welt gekommen wie seit 1972 nicht mehr. Künftig könnten es sogar noch mehr werden. Denn das Unispital erhöht die Zahl seiner Geburtssäle dieses Jahr um drei auf insgesamt acht.
* Name der Redaktion bekannt