Die Freude der Banker, die Wut der Politiker

Laut wird der Steuerdeal mit den USA im Bundeshaus beklagt, leise ist die Freude der BKB. Deren Präsident gibt ein Versprechen ab: Eine Busse könne aus den Reserven bezahlt werden.

USA-Steuerstreit, ASE-Betrugsskandal, Finma-Rüffel wegen illegalen Eigenhandels und Fehlversand von zahlreichen Kontoauszügen bei der Tochter Bank Coop: Die Geschäftsprüfungskommission des Grossen Rats kritisiert die Basler Kantonalbank.

(Bild: Lukas Gloor)

Laut wird der Steuerdeal mit den USA im Bundeshaus beklagt, leise ist die Freude der BKB. Deren Präsident gibt ein Versprechen ab: Eine Busse könne aus den Reserven bezahlt werden.

Eine Erpressung, eine Machtdemonstration, ein Marschbefehl aus den USA, eine Schande. Das Getöse nach dem am Mittwoch vorgestellten Steuerdeal mit den USA war gross. Der Journalist Constantin Seibt brachte es via Twitter treffend auf den Punkt:

Den Lauf an der Schläfe spürten vorab die Banker der Basler Kantonalbank (BKB). Gemeinsam mit 13 anderen Banken steht die BKB seit zwei Jahren im Visier der US-Steuerbehörden. Und gemeinsam mit diesen 13 anderen Banken (darunter Julius Bär und die Zürcher Kantonalbank) steht die BKB am Anfang des nun bekannt gewordenen Steuerdeals, der in grösster Eile durchs Parlament gepeitscht werden soll. Den US-Behörden sei die Geduld ausgegangen; sie hätten der Schweizer Regierung gedroht, mit dem vorhandenen Material im Sommer eine Bank nach der anderen «auszuknipsen», wie es der «Tages-Anzeiger» diese Woche ausdrückte.

Wäre das überhaupt möglich gewesen? Eine Bank wie die BKB «auszuknipsen»? «Das ist jetzt natürlich alles spekulativ», sagt BKB-Präsident Andreas C. Albrecht, «aber ich denke nicht, dass eine Klage der USA für uns existenzbedrohend gewesen wäre.»

Albrecht zufrieden mit der Lösung

Spekulativ bleibt die Drohung, weil bei einer Annahme des Gesetzes, das Albrecht für eine «pragmatische Lösung» hält, der Weg für eine gütliche Einigung zwischen der BKB und den USA frei ist. Über die Höhe einer allfälligen Busse kann Albrecht keine Angaben machen, aber er gibt zwei Versprechen ab. Erstens könne die Busse aus den Reserven bezahlt werden, «die Staatsgarantie werden wir dafür nicht in Anspruch nehmen müssen». Und zweitens werde die Höhe der Busse sicher nicht geheim bleiben. Die benötigten Rückstellungen werden in der BKB-Bilanz nachzulesen sein.

Übersehen wird man diese Rückstellungen kaum. Spekuliert wird über eine Busse für die BKB im dreistelligen Millionen-Bereich. Insgesamt versprechen sich die US-Behörden über sieben Milliarden Dollar, die nach dem Deal von Schweizer Banken nach Amerika fliessen sollen, wie die «New York Times» diese Woche berichtete.

Die übergangenen Politiker

Dafür muss allerdings zuerst das Parlament seine Zustimmung geben. Und die ist noch nicht gesichert. Im Gegenteil. Die Wut ist gross im Bundeshaus. «Wir haben erst jetzt nur zwei Seiten mit den drei Artikeln des Rahmenabkommens erhalten und dazu eine zehnseitige Botschaft», ärgert sich CVP-Präsident Christophe Darbellay (VS). «Vom MOU, dem Memorandum of Understanding, das zwischen dem Bundesrat und der US-Regierung auch noch ausgehandelt worden ist, haben wir Volksvertreter jedoch nichts gesehen. Und vom eigentlichen ‹Programm›, das die US-Steuerbehörden den Schweizer Banken aufzwingen wollen, erst recht nichts.»

SVP-Fraktionschef Adrian Amstutz stellt auch fest: «Wir wissen ja nichts!» Dass National- und Ständerat nun einem weitgehend geheimen Abkommen zustimmen sollen, das dem Bundesrat von den USA richtiggehend aberpresst worden sei, nennt der Nationalrat inakzeptabel. Insbesondere die «Hauruckübung» mit dem «Sonderverfahren», das der Bundesrat vom Parlament verlangt, «geht gar nicht», sagt Amstutz. Wenn es derart eile, solle der Bundesrat die Verantwortung übernehmen, entscheiden und nicht den erpresserischen Druck ans Parlament weiterleiten.

Zwei Wochen Zeit

Tatsächlich kann die zuständige Wirtschaftskommission des Ständerates (WAK-S) erst am nächsten Montag mit der Beratung der drei Gesetzesartikel beginnen. Dabei will sie auch gleich Hearings mit Vertretern der Banken, der Treuhänder und der Finanzmarktaufsicht durchführen. Und schon neun Tage später soll die kleine Kammer das «Rahmengesetz» verabschieden. Nur eine Woche später käme es in den Nationalrat. Und dann sollte es sofort und für ein Jahr gültig sein. Ein Referendum, wie es sonst bei Gesetzen und Staatsverträgen möglich ist, wird es nicht geben. «Das ist ein Himmelfahrtskommando, das unsere parlamentarischen Abläufe im Rechtsstaat aushebelt», sagt Amstutz. Seine Partei werde vehement dagegen antreten. Sein Verdacht: «Die USA wollen gar nicht, dass wir genügend Zeit für demokratische Debatten haben!»

Und vor allem nicht genügend Informationen: Das Rahmengesetz soll den US-Behörden das Recht einräumen, mit sogenannten «Programmen» Schweizer Banken zur Herausgabe von Daten und Namen zu zwingen, ohne dass der hierzulande geltende Datenschutz greifen kann. Was jedoch diese Programme genau beinhalten, soll auf Druck der USA geheim bleiben. Vorgesehen sind auch geheime Verordnungen des Bundesrates in dieser Sache.

Namhafte Schweizer Staatsrechtler kritisieren diese geballte Missachtung rechtsstaatlicher Grundätze scharf: Das Parlament müsse «unter Einbezug aller nötigen Informationen» entscheiden können, zitiert der «Bund» etwa den Basler Staatsrechtsprofessor Markus Schefer. Und sein Kollege Peter Hänni von der Uni Fribourg sagt: «Wenn der Bundesrat in einem Eilverfahren für einen Bundesbeschluss im Parlament Dringlichkeit vorgibt, muss er die Dringlichkeit nachweisen.» Da genüge es nicht, nur «die mutmassliche Drohung einer Anklageerhebung der USA gegen eine Schweizer Bank» anzuführen.

«Kraftmeier, Schaumschläger»

Diese Erpressung nennt Darbellay «US-Imperialismus pur». Amstutz spricht von «Wildwest-Methoden». Die Amerikaner führten sich auf wie eine Diktatur. Und sie seien steuer­politisch Falschspieler, weil sie im eigenen Land Offshore-Plätze und Steueroasen duldeten wie etwa Delaware. Vor dieser US-Administration habe er «alle Achtung verloren». Andere Parlamentarier, die sich aber nicht getrauen, zitiert zu werden, sprechen gar von «Terror» der USA, die sich sonst unentwegt als grosse Terrorbekämpfer aufspielten.

Die führende SP-Wirtschaftspolitikerin, Nationalrätin Susanne Leutenegger Oberholzer, nennt die Schnell-vorlage des Bundesrat «eine Erpressung». Ihre Partei werde dieses Ansinnen aus mehreren Gründen ablehnen: Seit dem UBS-Skandal 2008 und 2009, bei dem das Parlament auch teilweise geheime Verträge mit den USA absegnen musste, hätten «die Banken offenbar nichts gelernt». Geheimen Bestimmungen werde die SP niemals zustimmen. Dringlichkeit sei nicht gegeben und widerspreche allen Regeln des Parlaments. Und vor allem sei jetzt «fertig mit Feuerwehrübungen zugunsten der Banken». Es sei nicht Aufgabe des Staates, dubiose Geschäftemacher zu schützen.

Susanne Leutenegger Oberholzer warnt aber auch vor SVP- und CVP-Politikern: «Diesen verbalen Kraftmeiern und Schaumschlägern glaube ich nichts mehr», sagt sie. «Die CVP wird zuletzt zustimmen, und die SVP wird feige auf Stimmenthaltung machen!»

Wenig Verständnis

BKB-Präsident Albrecht kann die Empörung im Bundeshaus nicht ganz nachvollziehen. Die nun vorliegende Lösung erlaube es den Banken, selbstständig und unabhängig von der Politik eine Lösung mit den US-Behörden zu erarbeiten. «Das war es doch, was die Politik wollte, dass die Banken in die Verantwortung genommen werden. Das geschieht jetzt.»

Quellen

BKB-Präsident Andreas Albrecht im Interview mit dem Regionaljournal.

«20 Minuten» über die Rolle der BKB.

Die Kritik von Staatsrechtprofessor Markus Schefer im «Bund».

Wie wird eine Bank ausgeknipst? Text im «Tages-Anzeiger».

Dokumentation der Bundesrats-Medienkonferenz auf Newsnet.ch

Der Finanzblog «insideparadeplatz» über die Rolle der BKB.

Artikelgeschichte

Erschienen in der gedruckten TagesWoche vom 31.05.13

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