Bundesrat Didier Burkhalter (FDP), derzeit Aussenminister und Bundespräsident in Personalunion, hat das diplomatische Corps zum Neujahrsempfang geladen. Der Nationalratssaal war zum Bersten voll.
«Ich habe den Nationalratssaal noch nie so still und ruhig erlebt», scherzte Bundespräsident Didier Burkhalter als er für einmal wieder an jenes Rednerpult trat, wo sonst die Schweizer Volksvertreter ihre Standpunkte darlegen. Und sicher auch nie so voll: Fast 300 Personen drängten nach 16 Uhr ins Halbrund, das eigentlich nur 250 Leuten Platz bietet.
Rechts aussen, wo sich sonst die SVP-Fraktion breit macht, sassen Afrikaner, Asiaten und unverkennbare Inselbewohnerinnen aus dem Pazifik kunterbunt durcheinander. Links bei der SP das selbe Bild: Multikulti überall. Die ganze Welt im Bundeshaus. Aus den Vorräumen mussten zusätzliche Stühle hereingebracht werden.
«Die Schweiz ist ein Wunder»
Das sei «sehr schön und imposant», hatte zuvor der Botschafter des Vatikans in Bern, der päpstliche Nuntius, als Doyen der in Bern akkreditierten Diplomaten stellvertretend für alle anderen gesagt. Mit seinem rosaroten «Melkerkäppi» und der schwarzroten Robe brachte der Gottesmann etwas Farbe in den Saal. Sonst lassen sich die meisten der weit über 100 Staaten in Bern durch ältere Herren in dunklen Anzügen und dezenten Krawatten vertreten. Auch Frauen sind weiterhin eine Seltenheit – dafür meist kunterbunt bis exotisch. Ein paar Herren im klassischen Ölscheich-Outfit trugen auch zur Vielfalt der Versammlung bei.
Die «diplomatische Familie» vertrete «das Volk der Erde» in Bern, sagte der Nuntius. Burkhalter und die ebenfalls anwesenden Präsidenten des National- und des Ständerates seien hier für das Volk der Schweiz. Diesem entbiete er «die besten Wünsche und Dank für das neue Jahr». Er lobte die Schweiz: Sie sei ein Wunder mit ihrer Demokratie und ihrer humanitären Tradition. Und sie sei wichtig als diskrete Akteurin in der weltweiten Friedensstiftung. Wohingegen in der immer mehr globalisierten Welt Finanz-Kapitalismus, Terrorismus, Fanatismus und Fundamentalismus die Menschen weiterhin bedrohten. Hoffnung und Optimismus gebe es dennoch – Hoffnung auf Wohlstand, Friede und Glück.
Kein Security-Check für Diplomaten
Der Mann aus Rom sprach konsequent Französisch, und biederte sich dem neuen Trend zum Englischen nicht an. Das tat danach hingegen Burkhalter. Die englischen Passagen seiner Rede waren allerdings klar weniger gut verständlich als sein schönes Neuenburger Französisch. Inhaltlich blieb der Bundespräsident 2014 weit vager als der Nuntius. «Freiheit, Sicherheit, Solidarität und Jugend» beschwor Burkhalter. Er hatte eigentlich nebst den Botschaftern auch noch je die jüngsten Mitglieder des Botschaftspersonals ins Bundeshaus einladen wollen. Das ging aus Sicherheitsgründen dann nicht. Wie schon bei seiner Neujahrsansprache, so stand nun aber auch diesmal eine Gruppe Jugendlicher aus seinem Departement dekorativ hinter ihm im Nationalratssaal.
Zahlreiche Schaulustige hatten derweil ab 15 Uhr Nachmittags auf dem Bundesplatz draussen die Ankunft der Diplomaten mitverfolgt. Diese marschierten über den roten Teppich von ihren Limousinen direkt ins Bundeshaus hinein und die Treppe hoch ins Bundesratszimmer, wo Bundespräsident Burkhalter jedem und jeder zum Gruss und mit besten Wünschen die Hand reichte. Der sonst konsequent durchgesetzte Security-Check mitsamt Airport-Scanner wurde den Gästen aus aller Herren Länder erspart.
Deutsche Vormachtstellung im Fuhrpark
Was die Fahrbereitschaft der erlauchten Diplomatenschar anbelangt, fiel die krasse Vorherrschaft Deutschlands auf: Mehr als die Hälfte der Ambassadoren liessen sich im Mercedes-Benz vors Bundeshaus chauffieren – oder doch im nicht minder germanisch bis bajuwarischen BMW. Nur einzelne Vertreter ärmerer Länder fuhren im simplen Volvo vor oder im profanen Peugeot.
Der Italiener kam natürlich im Alfa Romeo, der US-Gesandte im Cadillac. Und der britische Botschafter dürfte wohl jener Mann gewesen sein, der vor dem Bundeshaus einem Range Rover entstieg – dem klassischen Gefährt der Gentry und der Royals. Aristokratischer hielten es nur noch die stets ebenfalls geladenen Berner Regierungen aus Stadt und Kanton: Sie liessen sich – wie weiland Berns gnädige Herren – in antiken, offenen Landauern vors Bundeshaus kutschieren. Absolut ökologisch, mit je zwei schnaubenden Pferdestärken vorgspannt.