Die Basler Staatsanwaltschaft legt neue Zahlen zur Entwicklung der Kriminalität im Kanton vor, die SVP verlangt umgehend mehr Polizei und grössere Gefängnisse, während die SP auf ein Expertengremium und ein Panic-App hofft. Und was tut der zuständige Regierungsrat Baschi Dürr (FDP)? Er schweigt.
Sie kommen nüchtern daher, die vielen Zahlen in der Kriminalstatistik des Kantons Basel-Stadt.
Doch der Eindruck täuscht. Es sind Zahlen, die für sehr viel Leid stehen, für Raub, Prügel, Mord und Totschlag.
Es sind Zahlen auch, die alle ein kleines bisschen verrückt machen. Die Rechten und Linken, die mit dem Zahlenmaterial ihre Behauptungen und Ideologien belegen wollen. Und den Sicherheitsdirektor und den Ersten Staatsanwalt, die in der Vergangenheit beide das Recht auf die Vorstellung der Statistik und damit die Deutungshoheit für sich reklamierten.
Wenigstens diese Auseinandersetzung scheint geklärt: Im Gegensatz zu seinem Vorgänger Hanspeter Gass überlässt der neue Sicherheitsdirektor Baschi Dürr die Präsentation dem Ersten Staatsanwalt Alberto Fabbri. Was der und seine Mitarbeiter am Dienstagmorgen zu verkünden hatten, wird allerdings kaum dazu führen, dass die politische Auseinandersetzung um die Auslegung der Zahlen und die nötigen Konsequenzen bald beendet wird. Denn die Statistik ist auch in diesem Jahr so freundlich, jedem das zu bieten, was er sehen und hören will.
Mehr Einbrüche, weniger Gewalt
Die Befürworter einer möglichst harten Linie, vor allem gegen so genannte Kriminaltouristen, werden sich auf folgende Angaben einschiessen:
- Die Zahl der Einbrüche hat in den vergangenen Jahren «dramatisch zugenommen», wie Beat Voser, Leitender Staatsanwalt und Chef der Kriminalpolizei, sagte – von 1125 im Jahr 2008 und 1248 im Jahr 2011 auf 2048 im Jahr 2012 (siehe Grafik unten).
- Prozentual stark zugenommen hat in den vergangenen vier Jahren die Zahl der Raubüberfälle und Entreissdiebstähle (von 115 auf 238).
- Ebenfalls einen markanten Anstieg gab es bei den Taschendiebstählen, von rund 1100 in den Jahren 2008 und 2011 auf 1471 (2012).
Das sind drei unterschiedliche Deliktformen, die häufig von Ausländern begangen werden, die nur dafür in die Schweiz kommen und danach gleich wieder verschwinden, wie Voser sagte: «Viele Delinquenten stammen aus dem Osten und zum Teil aus Ländern und Regionen, die wir früher bestenfalls vom Geografieunterricht her kannten.»
Dann gibt es aber auch die anderen Entwicklungen, an die sich jene Leute halten können, die sich gerne offen geben – zum Beispiel:
- Die Zahl der Körperverletzungen hat 2012 im Vergleich zum Vorjahr deutlich abgenommen (die schweren um 30 Prozent, die einfachen um 7 Prozent). Ähnliches gilt für Tätlichkeiten und Raufhandel, zwei weitere Delikte, für die in der politischen Debatte ebenfalls häufig die Ausländer verantwortlich gemacht werden (siehe Grafik unten).
- Ebenso rückläufig war die Zahl der Sexualdelikte (von 311 im Jahr 2011 auf 275 im Jahr 2012)
- Die Gesamtzahl der Delikte (oder genauer: der Anzeigen) ist nicht zum ersten Mal so hoch in Basel (rund 30 500). Ähnliche Zahlen gab es auch schon vor neun Jahren. An allem Übel können somit weder Europa noch die seit 2008 offeneren Grenzen schuld sein.
Was also ist zu tun?
Klare Vorstellungen hat zumindest die Basler SVP: Sie fordert mehr Polizisten, mehr Staatsanwälte und grössere Gefängnisse «zur Wiederherstellung der öffentlichen Sicherheit».
Deutlich schwerer tut sich die SP, der es nach eigenem Bekunden nicht nur um die steigenden Einbruchszahlen geht, sondern auch um das «subjektive Sicherheitsgefühl», das sich verschlechtert habe. Als Gegenmassnahme fordert die SP unter anderem zusätzliche uniformierte Fusspatrouillen, eine Panic-App, mit der die Polizei unverzüglich alarmiert werden kann und die Schaffung einer «interdisziplinären und interdepartementalen Kommission für Sicherheit und Prävention».
Dürr schweigt
Die Umsetzung läge an Baschi Dürr, dem neuen Sicherheitsdirektor. Umso interessanter wäre es nun vom ihm zu wissen, was er vorhat. Leider will er das aber niemandem verraten. Seine Vorstellung werde er erst nach Ablauf der ersten hundert Tage im Amt bekannt geben, wie er seinen Sprecher auf eine entsprechende Anfrage der TagesWoche ausrichten lässt.
Das bedeutet, dass Dürr – trotz seines geschliffenen Mundwerks – bis im Mai schweigen will. Und die Basler Politiker noch einige mögliche und unmögliche Forderungen aufstellen können, ohne dass ihnen von Seiten der verantwortlichen Regierung auch nur einmal widersprochen würde.