Die Heimatgemeinde von Don Camillo & Peppone ist von der Mafia unterwandert

Das Dorf Brescello ist berühmt für seine Filmhelden Don Camillo und Peppone. Nun macht die norditalienische Gemeinde Schlagzeilen mit berüchtigten Personen.

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(Bild: Wikipedia / CC / Friedrichstrasse)

Das Dorf Brescello ist berühmt für seine Filmhelden Don Camillo und Peppone. Nun macht die norditalienische Gemeinde Schlagzeilen mit berüchtigten Personen.

Auf dem schönen Dorfplatz von Brescello ist die Welt noch in Ordnung. Vor der weissen Kirche hebt Don Camillo die Hand zum Gruss, vor dem Rathaus schwenkt Peppone den Hut. Der schlitzohrige Pfarrer und der kommunistische Bürgermeister, deren Bronzestatuen den Ort in der Emilia-Romagna schmücken, haben Tausende Leser und Fernsehzuschauer beglückt. Giovannino Guareschi prägte mit seinen Erzählungen das Bild Italiens in der Nachkriegszeit. Damals kreiste das Leben um Kirche und Arbeit. Heute kommt man selbst in Brescello an der Mafia nicht vorbei.

Die italienische Regierung hat am Mittwoch den Gemeinderat von Brescello aufgelöst. Das nördlich der Stadt Parma gelegene Heimatdorf von Don Camillo und Peppone ist von der ‚Ndrangheta, der aus Kalabrien stammenden Mafia unterwandert. Erfahrungsgemäss sind die Zustände erschreckend, wenn die Exekutive zu so einer drastischen Massnahme greift. Seit 1991 war dies bei weit über 200 Kommunen in Italien notwendig, vor allem in den südlichen Regionen Kalabrien, Sizilien und Kompanien. In den letzten Jahren wurden auch Gemeinderäte in Ligurien, im Piemont und der Lombardei aufgelöst.

Selbst im scheinbar intakten italienischen Norden ist längst Misstrauen angebracht. Die Mafia mischt auch hier mit.

Jetzt hat es mit dem 5600-Einwohner-Dorf Brescello erstmals auch eine Kommune in der produktiven Emilia-Romagna getroffen. Damit ist nicht nur das italienische Dorf-Idyll aus dem Film überholt. Die Auflösung des Gemeinderats von Brescello und seine demnächst beginnende, 18 Monate dauernde Verwaltung durch drei Kommissare ist ein Weckruf: Selbst im scheinbar intakten italienischen Norden ist längst Misstrauen angebracht. Die Mafia hat auch da ihre Hände im Spiel, wo man sie nicht vermuten sollte.

Gleichwohl ist bekannt, dass die ‚Ndrangheta seit Jahrzehnten illegale Geschäfte in der Emilia-Romagna macht. In Brescello sind zahlreiche Mitglieder des Clans Grande Aracri ansässig, unter anderem der wegen Mafia-Zugehörigkeit verurteilte Boss Francesco Grande Aracri. Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft im Rahmen der Operation «Aemilia» und ein derzeit in Reggio Emilia laufender Mega-Prozess gegen 147 Angeklagte werfen ein Schlaglicht auf die Verhältnisse. Neu hingegen scheint die systematische Verquickung der Lokalpolitik, also der heutigen Peppones zu sein.

Wie sich herausstellte, vertrat der frühere, 19 Jahre lang amtierende kommunistische Bürgermeister Ermes Coffrini die Mafiosi als Anwalt bereits vor Gericht und wusste in Interviews nur Positives über die Bosse zu berichten. Obwohl Francesco Grande Aracri verurteilt ist und ihm Vermögen im Wert von drei Millionen Euro beschlagnahmt wurde, war bis zuletzt auch Marcello Coffrini, der Sohn des früheren Bürgermeisters voll des Lobes für den Boss.

Und was macht der neue Don? Er erteilt dem Sohn des Mafia-Mitgliedes die Erstkommunion.

Coffrini Junior bestimmte nicht nur zehn Jahre lang als Assessor für Urbanistik die Geschicke des Dorfes mit, sondern amtierte zuletzt selbst zwei Jahre lang als Bürgermeister. In Folge seiner öffentlichen Lobeshymne auf den Boss trat er schliesslich zurück. Auch wenn gegen die Coffrinis bislang nicht ermittelt wird, hat die Staatsanwaltschaft offenbar konkrete Hinweise darauf, dass die Gemeinde die Baufirmen der Bosse begünstigte.

Und Don Camillo? Der heutige Dorfpfarrer von Brescello heisst Don Evrando Gherardi und verliert kein schlechtes Wort über den kürzlich zurückgetretenen Bürgermeister. Er verstehe die Auflösung der Gemeindeverwaltung nicht. «In Brescello gibt es die Mafia, aber wir sind nicht alle Mafiosi», sagt der Pfarrer. Damit hat er gewiss recht. Allerdings scheinen die Grenzen zwischen Recht und Unrecht in Brescello fliessend. Vergangenen Sonntag erteilte Don Gherardi dem Sohn von Francesco Grande Aracri die Erstkommunion.

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